Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
EGBERT
(getauft
am 30.08.2019)
Am 29.08.2019 befand sich ein unbenanntes Tiefdruckgebiet mit
einem ausgedehnten Frontensystem zentral über dem Nordatlantischen Ozean.
Innerhalb der nach Westen ausgerichteten Kaltfront bildete sich am Abend des
29.08. eine schwache Wellenstörung. Diese Wellenstörung verstärkte sich schnell
und entwickelte sich bereits im Laufe des Abends zu einer Tiefdruckzone, welche
innerhalb der starken Westwinddrift lag, welche auf der 500-hPa-Karte ersichtlich
ist. Die Berliner Wetterkarte prognostizierte eine weitere Verlagerung Richtung
Mitteleuropa, weshalb das Tief auf der Analysekarte vom 30.08. um 02 Uhr MESZ
auf den Namen EGBERT getauft wurde.
Am 30.08. befand sich das Tief EGBERT über dem Atlantischen Ozean,
etwa 2000 km südwestlich von Irland mit einem Kerndruck von unter 1015 hPa.
Dieser Druck ist vergleichsweise hoch für ein Tiefdruckgebiet, weil der
durchschnittliche Bodendruck bei 1013 hPa liegt. Die schwache Ausprägung ist
ebenfalls anhand der nicht umschlossenen Isobaren erkennbar. Es war eine
Warmfront nach Nordosten ausgebildet, welche in eine Kaltfront überging. Die
Kaltfront war nach Südwesten ausgerichtet und endete vor der nordamerikanischen
Küste. Warm- und Kaltfronten bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei
unterschiedlich temperierten Luftmassen. Am späten Abend erreicht die Warmfront
Schottland und die Kaltfront die irische Küste und sorgten dort für
signifikantes Wetter. Bereits im Tagesverlauf hatten Ausläufer der Warmfront advektiven
und langanhaltenden Regen verursacht. In Nordirland wurden vielerorts
24-stündlich bis zu 50 l/m² wie beispielsweise in Castlederg
mit 47,6 l/m² oder Magilligan mit 43 l/m² gemessen.
Zudem frischte beim Frontendurchgang der Wind auf und erreicht in Böen
Orkanstärke. Auf dem exponiertem Cairn Gorm auf 1237 Metern wehte der Wind mit bis zu 131 km/h.
Auf anderen Erhebungen wie dem Great Dun Fell erreichte der Wind ebenfalls 109
km/h.
Am nächsten Tag war die Zyklone EGBERT über Nordirland verortet
mit einem Kerndruck von unter 1005 hPa. Die Fronten überquerten am Vormittag
das Vereinigte Königreich, weshalb es besonders im nördlichen Schottland starken
Regen mit bis zu 47 l/m² am Stausee Loch Glascarnoch
und 31,8 l/m² in Tulloch Bridge gab. Aber auch an den
umliegenden Stationen wurden meist zweistellige Niederschlagssummen
registriert. Zudem wehte der Wind weiterhin stürmisch mit bis zu 106 km/h auf
dem Cairn Gorm, was
Windstärke 11 entspricht. Außerdem setzte am Nachmittag Regen in dem westlichen
Teil Mitteleuropas ein, welcher örtlich schauerartig verstärkt ausfiel. In
Westdeutschland meldeten daher zahlreiche Stationen Niederschlag mit bis zu 16 l/m²
in Steinfurt und 15 l/m² in Alfhausen.
Am Sonntag, dem 01.09., lag der Wirbel EGBERT auf der Vorderseite
eines Trogs, weshalb sich das Tief deutlich verstärkte und der Kerndruck somit
auf unter 990 hPa fiel. Des Weiteren wurde die Westwinddrift unterbrochen und
die Zyklone EGBERT verlagerte sich Richtung Norden bis westlich von Bergen mit
einem Druck von unter 990 hPa. Gleichzeitig ereignete sich zu diesem Zeitpunkt
parallel ein Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets EGBERT, der in der
Meteorologie unter dem Begriff der Okklusion fällt. Dabei handelt es sich um
einen Vorgang, bei dem sich eine Mischfront bildet, welche durch den
Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider
Typen in sich vereint. Die Okklusion war nur wenig ausgeprägt mit einer Länge
von 200 km. An diesem Tag waren die Alpen im Blickpunkt, weil es dort zu Starkniederschlagsereignissen
kam. In Norditalien bildete sich ein kleinräumiges Hochdruckgebiet, von welchem
eine südliche Störung ausging. Diese traf auf die Nordwestwinde der Kaltfront
von Tief EGBERT, wodurch es zu einer Konvergenz über dem Alpenraum kam, welche
durch die orographisch bedingten Hebungsprozesse nochmals verstärkt wurden. Die
Niederschlagsintensitäten erreichten bis zu 35 l/m²/h wie im kärntischen Arriach auf 900 Metern. Die Gesamtniederschlagssumme belief
sich 24-stündlich in den deutschen Alpen vielerorts auf über 50 l/m². Diese
wurden auf der Zugspitze mit 53,9 l/m² und am Schloss Linderhof
in Ettal mit 52,7 l/m² sogar überschritten. Der höchste gemessene Wert war am
Mattsee in Österreich mit 92 l/m² verortet, gefolgt von der Stadt Salzburg mit
69 l/m². Des Weiteren ist das Messnetz besonders in den Hochalpen nur
ungenügend ausgebaut, weshalb die Höchstwerte in der Regel nicht erfasst
werden. Die Schneefallgrenze lag am Tag bei über 3.500 Metern, weshalb der
Niederschlag meist in Form von Regen fiel.
Am nächsten Tag hatte sich Tief EGBERT bis 200 km östlich von Jan
Mayen fortbewegt mit einem Kerndruck von unter 990 hPa und mittlerweile
umschlossenen Isobaren. Zusätzlich hatte sich die Okklusionsfront ausgedehnt
auf eine Länge von circa 400 Kilometern. Die Warmfront lag über der Barentssee.
Die Kaltfront hingegen ging über Lappland in die Warmfront einer unbenannten
Zyklone mit Kern östlich von Trondheim über. Im Kaltsektor kam es zu mehreren
stärkeren Schauern wie in der polnische Stadt Bielsko-Biała mit 52,7 l/m² Niederschlag oder der slowakischen Stadt Stropkov mit 45,5 l/m².
An den darauffolgenden Tagen verhielt sich die Zyklone EGBERT
nahezu stationär nördlich von Norwegen. Außerdem hatte sich der Wirbel zu einem
vollokkludierten Tief entwickelt, wodurch keine Front mehr ausgeprägt war.
Anschließend schwächte sich die Tiefdruckzone EGBERT so stark ab, sodass sie
sich am 05.09. auflöste und nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte des
Folgetages vorkam.