Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  EHRENGARD

(getauft am 17.12.2004)

 

 

Mitte Dezember 2004 wurde das Wetter in Europa durch ein starkes Azorenhoch und zwei schwache Höhentröge über Nordamerika und Nordeuropa gesteuert. Durch die kräftige westliche Höhenströmung über dem Ozean wurden die Tiefdruckgebiete sehr schnell über den Atlantik geführt und durch ein Hochdruckgebiet über Osteuropa auf eine Zugbahn nördlich von Skandinavien gedrängt.

So entstand am 17.12. an dem Höhentrog über Nordamerika nahe der Küste Neufundlands das Tiefdruckgebiet EHRENGARD. Zunächst nur als Wellenausbuchtung an der Polarfront erkennbar [das ist Luftmassengrenze zwischen kalter Luft aus polaren Regionen und warmer Luft aus den Tropen], verstärkte sich EHRENGARD in den nächsten Tagen zu einem Sturmwirbel und folgte den Tiefs CELLY und DAGMAR über den Atlantik. Am 18.12. befand sich das Zentrum von EHRENGARD südlich von Grönland auf dem Atlantik und verstärkte sich auf etwa 990 hPa Kerndruck. Dabei setzte schon früh der Okklusionsprozess ein, bei dem sich die kalte Luft unter die Warmluft schiebt und Hebungsvorgänge einsetzen, die dann ihrerseits die Okklusion bilden. Die Luftmassengrenzen selbst werden in der Meteorologie als Fronten bezeichnet und trennen Luftmassen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Durch die starke Koppelung mit dem Jetstream, einem Starkwindband in einer Höhe von ca. 10 bis 12 km, verstärkte sich EHRENGARD am folgenden Tag weiter und zog mit ihrem Zentrum bis vor die Küste Frankreichs, wobei sich am Okklusionspunkt ein kleines Teiltief bildete.

Die mitgeführte sehr milde und feuchte Meeresluft aus subtropischen Regionen führte aufgrund von Hebungsprozessen zur Bildung eines ausgedehnten Niederschlagsgebietes. Es erfasste am Morgen des 19.12. Süddeutschland, wobei auch in den Niederungen meist Schnee fiel. Doch entstand nur stellenweise eine Schneedecke. So zum Beispiel in Freudenstadt im Schwarzwald, wo sich die Schneedecke innerhalb von 6 Stunden bis zum Mittag um weitere 13 cm auf insgesamt 47 cm erhöhte. Über Schottland bildete sich am selben Tag noch ein kleines Zwischenhoch namens CLAUS, dass EHRENGARD auf eine Zugbahn in südlichere Regionen drängte und sich der Schwerpunkt des Tiefs über zentrale Mittelmeergebiete verlagerte.

Am 20.12. nahmen die Druckgegensätze über Italien und im Mittelmeerraum deutlich ab, da sich der Kerndruck von EHRENGARD auf 1005 hPa erhöhte. So zog EHRENGARD weiter östlich über das Mittelmeer und lag bald darauf mit ihrem Zentrum über Griechenland. Dabei wurde sie an allen Seiten von anderen Druckgebilden bedrängt: Im Norden von Hoch CLAUS über Mitteleuropa, im Westen näherten sich Ausläufer eines großen Azorenhochs und über dem Anatolischen Hochland befand sich ein weiteres Hochdruckgebiet. Auf der Wetterkarte erkannte man EHRENGARD auch nur noch als sehr schwaches Tiefdruckgebiet, das in diesen Tagen wenig wetteraktiv war.

In den nächsten Tagen zog EHRENGARD östlich über den Bosporus und später weiter über das Schwarze Meer. Damit verschwand sie wieder von der Berliner Wetterkarte, nun sorgten in Mitteleuropa die nächsten Tiefdruckgebiete GERTA und HEIDRUN für winterliches Wetter.

 


Geschrieben am 21.03.2005 von Robert Scholz

Wetterkarte: 19.12.2004

Pate: Wolfgang Scharf