Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ELA

(getauft am 05.06.2014)

 

Am 03. Juni kam es über dem Labradorsee zu einem kleinräumigen, aber markanten Kaltluftvorstoß nach Süden in 5,5 km Höhe. In den folgenden Stunden führten dynamische Prozesse innerhalb der Atmosphäre zur Entstehung eines eigenständigen Tiefs, welches mit einer südwestlichen Höhenströmung in Richtung Azoren gesteuert wurde. Die Zyklone wurde schließlich am 05.06. um 00 UTC, also um 02 MESZ, mit Zentrum ca. 1400 km nördlich der Azoren und ca. 1200 km westlich der Britischen Inseln analysiert, wobei der Kerndruck etwas unter 1000 hPa betrug. Die Zyklone sollte Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa nehmen und wurde deshalb an diesem Tag auf den Namen ELA getauft.

In den folgenden Stunden zog die Zyklone über den Ostatlantik weiter südostwärts und befand sich am frühen Morgen des 06. Juni mit einem Kerndruck von 995 hPa etwa 1000 km westlich der Biskaya. In einem Bogen um den Kern herum reichte eine kurze Okklusion, also eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, nach Osten. Von dieser ging eine Warmfront in Richtung Biskaya aus, die Kaltfront hingegen erstreckte sich in südwestliche Richtung bogenförmig über den Atlantik. Gleichzeitig hatte auf der Vorderseite des Tiefs ELA kräftige Warmluftzufuhr in Richtung Spanien und Frankreich eingesetzt. Die Kaltfront erreichte erst im Tagesverlauf von Westen die Iberische Halbinsel. Mit dem Kaltfrontdurchgang wurden in Portugal, aber auch Nordwestspanien verbreitet 8 bis 10 l/m2, örtlich bis zu 16 l/m2 in einem Zeitraum von 12 Stunden gemessen.

Bis zum nächsten Tag hatten die Ausläufer von Tief ELA als Okklusion Irland und den äußersten Westen der Bretagne erreicht. Über der Biskaya wechselte die Front ihrem Charakter in den einer Kaltfront, die sich südwärts über die Biskaya und die Iberische Halbinsel hinweg in Richtung Atlantik bis etwa südlich der Insel Madeira erstreckte. Der Tiefdruckkern hingegen befand sich nahezu unverändert mit knapp unter 990 hPa einige hundert Kilometer südwestlich der Britischen Inseln. Während die Kaltfront in den folgenden Stunden jedoch kaum weiter nach Westen vordrang, überquerte die Okklusionsfront am 07. Juni mit schauerartigem, teils gewittrigem Regen die Britischen Inseln. Dabei wurden im Mittel Regenmengen von 8 bis 12 l/m2 in 12 Stunden gemessen, stellenweise, so wie auf der Isle of Man waren es mit 18 l/m2 fast doppelt so viel. In der feuchtwarmen Subtropikluft, mit Temperaturen von z.B. 33,6°C in Murcia, oder 33,7°C in Clermont-Ferrand, hatte sich über Frankreich und Spanien eine Konvergenzlinie herausgebildet. An dieser entwickelten sich einzelne kräftige Gewitterschauer, ohne dass dabei jedoch größere Niederschlagsmengen registriert wurden.

In den Frühstunden des 08. Juni war das Zentrum von Tief ELA bei nahezu unverändertem Druck westlich der Britischen Inseln ca. 900 km westlich von Irland zu finden. Die Okklusion erstreckte sich in einem weiten Bogen ostwärts über den Atlantik und Schottland hinweg bis zur westlichen Nordsee. Von dort aus reichte die Kaltfront in südwestliche Richtungen über den Ärmelkanal, Westfrankreich, Spanien und Portugal bis südlich der Azoren, wo sie in ein anderes Frontensystem überging. Unverändert gelangte auf der Tiefvorderseite feucht-heiße Subtropikluft über Frankreich hinweg nordostwärts. Gerade in Deutschland und Frankreich wurde teils deutlich die 30-Grad-Marke überschritten, in Karlsruhe-Rheinstetten zum Beispiel bis 35,2°C, in Strasburg sogar 35,5°C und in Carpentras in der Provence 36,6°C. Gleichzeitig näherte sich von Westen her die Kaltfront von Tief ELA den Benelux-Staaten und dem Nordwesten Deutschlands. Im Übergangsbereich zu feuchterer und kühlerer Luft entwickelte sich ein umfangreicher Gewitterkomplex, der von Belgien her über Niedersachsen und Hamburg hinweg nach Mecklenburg-Vorpommern zog und in der Nacht zum 09. Juni die ostvorpommersche Küste erreichte. In diesem Zusammenhang konnten punktuell recht beachtliche Regenmengen registriert werden, wie z.B. auf der Greifswalder Oie mit 32 l/m2, in Boizenburg mit 23,0 l/m2 oder am Flughafen Münster-Osnabrück mit 21,1 l/m2.

Am 09. Juni blieb die eingeflossene Subtropikluft für weite Teile Mitteleuropas wetterbestimmend. Der Wirbel ELA befand sich weiterhin vor den Britischen Inseln. Vom Kern ging bogenförmig eine Okklusion aus, die sich bei Schottland in eine kurze nach Südosten reichende Warm- und eine nach Süden über die Bretagne bis nach Nordspanien verlaufende Kaltfront aufspaltete. Weiter östlich davon verlief eine weitere Luftmassengrenze über Europa hinweg, in etwa einer Linie Stockholm - Rostock – Köln – Bordeaux. Während in Hamburg als Tagesmaximum nur noch 24°C gemessen wurden, waren es am Oberrhein bis zu 37°C. Im Übergangsbereich bildeten sich im Tagesverlauf erneut Schauer und Gewitter, die von Westen her kommend über Nordrhein-Westfalen und Niedersachen hinweg nordostwärts zogen. Eine besonders schwere Gewitterfront erfasste dabei in den Abendstunden Nordrhein-Westfalen. So wurden in Düsseldorf z.B. Gewitterböen von bis zu 144 km/h beobachtet. Gleichzeitig fielen recht beachtliche Niederschlagsmengen, so wie in Essen-Bredeney mit 34,4 l/m2, oder in Aachen mit 29,7 l/m2. Das Gewittercluster zog in der Nacht zum 10. Juni über Norddeutschland hinweg nach Nordosten ab, brachte im weiteren Verlauf allerdings nur noch Niederschlagsmengen zwischen 10 bis 15 l/m2 mit sich.

Bis zum 10. Juni spaltete sich das Tief ELA in zwei Kerne auf. Das Tiefzentrum ELA I, welches sich auf etwas unter 1010 hPa aufgefüllt hatte, befand sich nach wie vor einige 100 km westlich der Irischen Küste zu finden. Südlich vom Kern reichte eine Okklusion nach Norden bis Island. Der mit dem Tief korrespondierende Höhentrog befand sich über dem nahen Ostatlantik. An der östlichen Flanke dieses Höhentroges hatte sich ein kleines Randtief gebildet, welches den Namen ELA II erhielt. Um 00 UTC lag es mit knapp unter 1015 hPa mit Zentrum über den Britischen Inseln, in etwa über der Region Manchester-Leeds. Vom Zentrum des Randtiefs ging in östliche Richtungen eine Warmfront aus und in südliche Richtungen ertreckte sich eine Kaltfront über Paris, Barcelona bis nach Gibraltar. Während sich in den folgenden Stunden der alte Tiefdruckkern über dem Atlantik weitgehend auflöste, zog der Kern ELA II unter leichter Verstärkung nordwärts in Richtung Schottland. Damit verlagerte sich die Kaltfront weiter ostwärts, wobei die Niederschlagsmengen mit meist unter 1 l/m2 eher gering blieben.

Weite Teile Mitteleuropas blieben unverändert im Einflussbereich schwül-warmer Subtropikluft, die in Süddeutschland erneut für Maxima bis 36°C sorgte. In dieser Luftmasse entwickelten sich in den Nachmittag- und Abendstunden erneut teils kräftige lokale Gewitter, diesmal vor allem über der Mitte Deutschlands. Diese waren wieder von Starkregen und Sturmböen begleitet. So fielen während eines Gewitterschauers in Reinhardshausen-Vaake, nahe Göttingen 58 l/m2.

In der Nacht zum 11. Juni entwickelten sich entlang der Kaltfront von Tief ELA erneut unwetterartige Schauer und Gewitter, die von Westen her Deutschland erreichten. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Zentrum von Tief ELA mit einem Druck von wtwa 1008 hPa über den Färöer-Inseln analysiert. Die Ausläufer erstreckten sich vom Kern aus zunächst als Okklusion über das Nordmeer hinweg in Richtung Südskandinavien, um von dort aus als Kalfront über den Westen Deutschlands bis nach Mittelfrankreich zu reichen. Die Warmfront hingegen befand sich über dem Nordosten Deutschlands. Während es im Tagesverlauf entlang der Okklusion zu zeitweilig leichten Niederschlägen kam, zog die Kaltfront mit schauerartigen und gewittrigen Regenfällen nordostwärts über Deutschland hinweg. Die kräftigsten Niederschläge fielen dabei bis zum Abend in einem Streifen von Vorpommern über die Altmark und vom südlichen Niedersachsen bis nach Hessen. Hier lagen die 12-stündigen Niederschlagsmengen beispielsweise bei 25 l/m2 in Gießen, 35 l/m2 in Alfeld, 39 l/m2 in Kyritz und bis zu 55 l/m2 in Greifswald.

In den folgenden Stunden schwenkte der Höhenkaltlufttrog in Richtung Skandinavien. Dorthin verlagerte sich auch das Tief am Boden. So waren hier in den Frühstunden des 12. Juni zwei kleinräumige Zentren mit etwas unter 1015 hPa auszumachen. Eines befand sich vor der Mittelnorwegischen Küste, etwa 500 km westlich von Trondheim, ein Weiteres hatte sich über Lappland gebildet. Gleichzeitig war die Okklusion weiter nach Osten vorgedrungen und erstreckte sich von Lappland aus südwärts über die mittlere Ostsee bis nach Polen und von dort aus als verwellte Kaltfront weiter westwärts bis nach Süddeutschland und Südfrankreich. In der Folge ergaben sich am 12. Juni zwei Niederschlagsschwerpunkte: Zum Einen im Bereich der höhenkältesten Luft über Skandinavien. Hier sorgten schauerartig verstärkte Niederschläge bis zum Abend für lokal hohe 12-stündige Regenmengen. Spitzenreiter war die Station Ylvieska in Nordwestfinnland mit 29 l/m2. In Talinn fielen im gleichen Zeitraum 17 l/m2. Zum Anderen entwickelten sich über dem südlichen Mitteleuropa, dort wo die feucht-labile Subtropikluft noch nicht vollständig ausgeräumt war, erneut einzelne, kräftige Gewitterschauer. Nachmittags lag der Schwerpunkt über der Schwäbischen Alb und dem Schwarzwald mit beispielsweise 40 l/m² zwischen 06 und 18 UTC auf dem Feldberg. In den Abend- und Nachstunden verlagerte sich das Wettergeschehen mehr und mehr in Richtung Alpenraum. Vor allem über der inneren Schweiz kam es zu schweren Hagelgewittern, die innerhalb kürzester Zeit bis zu 40 l/m2 beispielsweise in Zürich-Kloten brachten.

Bis zum 13.06. um 00 UTC hatten sich sowohl Boden-, als auch Höhentief in den Bereich des Finnischen Meerbusens verlagert, wobei sich das Tief ELA im Kern auf knapp unter 1005 hPa erneut etwas vertiefen konnte. Die Okklusionsfront hatte das Baltikum und östliche Mitteleuropa überquert und reichte nach Süden bis zur Ukraine. Von dort erstreckte sich die Kaltfront nach Westen über die Ukraine, Rumänien, die Alpen bis nach Zentralfrankreich. Die Warmfront reichte weiter nach Süden bis nach Bulgarien. Stärkere Niederschläge fielen jedoch nicht entlang der Front, sondern südlich des Kerns über dem Baltikum und Weißrussland. Unterstützt durch höhenkalte Luft kam es dort zu gewittrigen Schauern, die zwischen 06 und 18 UTC verbreitet zweistellige Niederschlagssummen mit sich brachten, wie zum Beispiel in Laukuva in Lettland mit 19 l/m2, in den weißrussischen Städten Belyj mit 18 l/m2 und in Werchnjadswinsk mit 14 l/m2. Hier setzten sich die Niederschlagsaktivitäten in der Nacht zum 14.06. weiter fort, wobei der Schwerpunkt mit bis zu 21 l/m2 im Südosten Weißrusslands in der Region Maysr lag.

In den Frühstunden des 14.06. wurde die Zyklone ELA nahe der Stadt Welikije Luki analysiert, wobei der Kerndruck rund 1000 hPa betrug. Die Niederschlagsaktivitäten entlang der Ausläufer, die bereits bis zum Moskauer Raum, der Donniederung und zum Asowschen Meer vorgedrungen waren, hatten sich weiter abgeschwächt. Allerdings gelangte rückseitig des Tiefs maritime Polarluft in Richtung Osteuropa. Dies führte vor allem über Weißrussland und dem Baltikum zu weiteren Schauern und Gewittern. Die registrierten 12-stündigen Regenmengen blieben aber meist unter 10 l/m2.

Am 15. Juni um 00 UTC konnte das Tief ELA letztmalig mit Zentrum südöstlich des Moskauer Raums und etwas unter 1000 hPa analysiert werden, bevor es im weiteren Tagesverlauf in die Zirkulation eines kräftigen Wirbels über dem Uralgebirge aufgenommen wurde.

 


Geschrieben am 31.07.2014 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 09.06. oder 11.06.

Pate: Daniela Metzger (www.fotokasten.de)