Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ELFRIEDE
(getauft
am 10.01.2012)
Etwa
1000 km südöstlich der kanadischen Insel Neufundland entwickelte sich Anfang
Januar 2012 ein neues Tiefdruckgebiet. Da abzusehen war, dass dieses für das europäische
Wettergeschehen prägend sein würde, wurde es am 10.01. in der Prognose für den
Folgetag auf den Namen ELFRIEDE getauft.
Das
Zentrum lag am nächsten Tag über dem zentralen Nordatlantik mit einem Kerndruck
von etwa 1005 hPa. Die Warmfront reichte ostwärts über die Nordküste Irlands
bis hin zur schottischen Hauptstadt Edinburgh, während die Kaltfront geradlinig
in südwestlicher Richtung über den Atlantik verlief. In der Westströmung in ca.
5,5 km Höhe zog der Wirbel nordostwärts und lag mit seinem Zentrum über der
Südküste Norwegens bei Bergen. Der Kerndruck der Zyklone war drastisch um ca.
10 hPa in 3 Stunden bis auf einen Wert von etwa 994 hPa gesunken und hatte sich
dadurch zu einem Sturmwirbel entwickelt. Die Warmfront verlief über den Süden Norwegens
und Dänemark bis nach Hamburg. Die Kaltfront reichte nach Westen bis auf halber
Strecke zwischen Norwegen und Schottland über das Seegebiet Viking.
Bis
zum Mittag erfasste die Kaltfront das deutsche Küstengebiet wodurch nahe der
Nordseeküste oftmals Niederschlag registriert wurde, wie etwa in Bremerhaven,
wo ungefähr 1 l/m² an Regen und Sprühregen fielen. Des Weiteren kam es an der
Nordsee zu schweren Sturmböen, am Leuchtturm in Kiel sogar zu orkanartigen
Böen. Im weiteren Tagesverlauf kam es bei Durchzug der Kaltfront auch im
norddeutschen Tiefland zu Windgeschwindigkeiten der Stärke 8 und 9.
Am
13.01. lag das Tief ELFRIEDE mit dem Zentrum über Helsinki, während sich der
Kerndruck weiter bis auf unter 975 hPa vertieft hatte. Das Tief hatte begonnen
zu okkludieren, d.h. die schneller ziehende Kaltfront holte die Warmfront ein
und es bildete sich eine Mischfront, die sogenannte Okklusion. Diese
Okklusionsfront reichte vom Kern bis einige Kilometer südlich vom russischen
St. Petersburg. Vom dortigen Okklusionspunkt aus reichte eine Warmfront in
einem südöstlichen Bogen bis zur russischen Stadt Brjansk und eine Kaltfront in
einem südwestlichen Bogen über die litauische Hauptstadt Vilnius, München und
Paris, über den Ärmelkanal bis Cornwall.
In
der Nacht auf den 13.01. hatte die Kaltfront weite Teile Mitteleuropas
überquert und örtlich auch zu ergiebigen Niederschlägen geführt. So fielen im
Harz innerhalb von 24 Stunden insgesamt 16 l/m², zum Teil auch als Schauer. Im
Berliner Raum sowie in weiten Teilen südlich des Mains fielen nur geringe
Mengen Niederschlag.
Am
14.01. lag das Tiefdruckgebiet mit dem Kern über St. Petersburg. Der Kerndruck
hatte sich auf ungefähr 987 hPa erhöht. Des Weiteren war das Tief an diesem Tag
nahezu vollständig okkludiert. Die Okklusionsfront reichte nun in einem hohen
Bogen von St. Petersburg aus bis etwa 50 km südlich des Weißen Meeres und von
dort aus dann wieder in südlicher Richtung über das russische Jaroslawl bis zur
Stadt Sewastopol im Süden der ukrainischen Halbinsel Krim. Dort schloss sich
nun eine Kaltfront an, die wellenartig über das Schwarze Meer und die
bulgarisch-türkische Grenze bis zum griechischen Ort Zagora verlief.
Auf
der Rückseite des Tiefs ELFRIEDE wurden verhältnismäßig warme Luftmassen nach
Russland transportiert, wodurch es z.B. in Moskau frostfrei blieb. Im Westen
des Landes verringerte sich die Schneedecke auf wenige Zentimeter, wohingegen
im nördlichen Teil bis zu 50 cm Schnee lagen. Der im Bereich des Tiefzentrums
gelegene Onegasee meldete sogar bis 72 cm Schnee.
Der
Kerndruck hatte sich am nächsten Tag, dem 15.01., weiter bis auf knapp unter
1005 hPa erhöht. Das Zentrum vom ehemaligen Sturmtief ELFRIEDE war an diesem
Tag dabei, sich in zwei Teile aufzuspalten, eines über der Westgrenze Russlands
und seinen Nachbarländern, und das zweite einige Kilometer östlich von Moskau.
Von diesem zweiten Kern aus verlief die Okklusionsfront bogenartig nahe den
russischen Städten Saratow und Rostow. Vor allem im Gebiet knapp östlich von
Moskau kam es dabei noch zu leichten Schneefällen.
Am
16.01. lag das Tief mit seinem Zentrum nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Sein Kerndruck stieg wiederum leicht bis auf rund
1007 hPa an. Die Okklusionsfront reichte von Kiew aus bogenartig Richtung
Südost aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte heraus. Im Bereich der
Okklusion fielen weiterhin leichte Schneefälle. In Regionen, wo der Schneefall
durch die geringe Verlagerungsgeschwindigkeit des Tiefs länger anhielt, kamen,
wie in Moskau, nochmals 3 cm Neuschnee zusammen, sodass dort am Morgen des
17.01. eine Gesamtschneehöhe von 24 cm gemessen wurde.
Bis
zum 17.01. blieb der Wirbel ELFRIEDE bei unverändertem Kerndruck nahezu
stationär. Im Vergleich zum Vortag hatte sich die Okklusionsfront lediglich
etwas weiter in Richtung Norden verschoben. Weiterhin war wieder ein
Okklusionspunkt über dem russischen Samara zu erkennen, von dem aus eine Kalt-
und eine Warmfront den Analysebereich Richtung Osten verließen.
Bis zum folgendem Tag, dem 18.01., löste sich
das Tief ELFRIEDE endgültig auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner
Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben
am 21.02.2012 von Gregor Meusel
Berliner
Wetterkarte: 13.01.2012
Pate:
Thomas Schöttl