Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ELISABETH

(getauft am 16.09.2014)

 

Zur Monatsmitte des Septembers 2014 stand einem flachen Höhentrog westlich der Iberischen Halbinsel, also ein Kaltluftvorstoß nach Süden, ein ausgedehntes Boden- und Höhenhoch über Skandinavien gegenüber. Mit dem Höhentrog korrespondierte ein schwaches Tief am Boden, dessen Zentrum sich mit knapp unter 1000 hPa über dem Ostatlantik westlich der Iberischen Halbinsel befand. Dynamische Prozesse in der mittleren und oberen Troposphäre, der untersten Schicht der Erdatmosphäre, sorgten um den 14. und 15. September dafür, dass sich der Höhentrog regenerieren und somit auch das dazugehörige Bodentief verstärken konnte. Diese etwa 600 km westlich von Lissabon über dem Atlantik analysierte Zyklone wurde in den frühen Stunden des 16. Septembers auf den Namen ELISABETH getauft. Die Ausläufer des Tiefs verliefen zu diesem Zeitpunkt vom Zentrum ausgehend zunächst als Okklusion, eine Front mit den Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront, parallel zur portugiesischen Küste, um sich beim Okklusionspunkt auf der Breite von Kap Sao Vicente in die sich westwärts über den subtropischen Atlantik erstreckende Kaltfront aufzuspalten. Auch die für ein Tief typische Warmfront konnte als vorgelagerte Höhenwarmfront zwischen Okklusionspunkt und Kanaren analysiert werden. Im Tagesverlauf griffen die Ausläufer mit Schauern und Gewittern auf die Iberische Halbinsel über. Die damit verbundenen Niederschläge waren recht heterogen verteilt, wobei kaum nennenswerter Niederschlag, als auch örtlich über 30 l/m² in 12 Stunden fielen. Beispielsweise meldete die Station Caceres, in der Region Extremadura bis zum Abend um 18 Uhr UTC, was 20 Uhr MESZ entspricht, 38 l/m². In der sich anschließenden Nacht fielen ähnliche Regenmengen in Vigo mit 46 l/m² sowie in Cordoba mit 33 l/m².

Gleichzeitig verstärkte sich die Zyklone ELISABETH bis zum 17. September um 00 Uhr UTC auf etwas unter 995 hPa, verlagerte sich jedoch nur wenig, sodass das Zentrum weiterhin über dem Atlantik, etwa 300 km westlich der Nordwestspitze Spaniens lag. Die Okklusionfront hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Iberische Halbinsel überquert und den Golf von Biskaya, die Pyrenäen, sowie das Mittelmeer erreicht. Die sich anschließende Kaltfront verlief entlang der spanischen Mittelmeerküste südwestwärts über Marokko hinweg bis zu den Kanaren. Eine zweite, schwache Okklusionsfront befand sich dagegen über dem äußersten Westen Portugals und Spaniens. Während es tagsüber auf der Iberischen Halbinsel in feucht-warmer Subtropikluft zu weiteren, gewittrigen Schauern kam, wobei in Cordoba ein 12-stündiger Niederschlagswert von 28 l/m² registriert wurde, war die Niederschlagsneigung entlang der nordwärts über Frankreich vorankommenden Okklusion schwach. Dort fielen nur wenige Millimeter Niederschlag, vielfach blieb es auch trocken. Dagegen kam es in der sich anschließenden Nacht zu sehr kräftigen Schauern und Gewittern über Südfrankreich. Hier hatte sich im Bereich eines kleinen Randtiefs zwischen Balearen und Côte d'Azur ein großflächiges Gewittercluster gebildet, welches nordostwärts zog und bis zum Morgen um 06 Uhr UTC Niederschläge von bis zu 57 l/m² in Sète oder 50 l/m² in Aubenas/Vals-Lanas in der Provence brachte. Währenddessen erreichte die Okklusionsfront des Wirbels ELISABETH ohne nennenswerte Niederschläge bereits den Ärmelkanal, hatte sich jedoch über Frankreich kaum noch weiter ostwärts verlagert. Ebenso verhielt die sich südwestwärts anschließende Kaltfront über dem Mittelmeerraum und Marokko.

In der feucht-warmen Subtropikluft entwickelten sich örtlich einige Schauer und Gewitter. Besonders in Nähe zum Tiefdruckkern kam es über der Iberischen Halbinsel am 18. September erneut zu kräftigen Gewitterschauern, mit großen regionalen Unterschieden hinsichtlich der Niederschlagsmenge. Während beispielsweise südlich von Porto in Ovar-Maceda kräftige Gewitterschauer 75 l/m² brachten, blieb es nur 30 km weiter nördlich davon am Flughafen Porto-Pedras Rubras komplett trocken. Gleichzeitig breitete sich die sehr feuchte Meeresluft subtropischen Ursprungs über Frankreich weiter nordostwärts Richtung Belgien und den Westen Deutschland aus. In der Folge zogen mehrere Niederschlagsbänder, die teilweise von Gewittern durchsetzt waren, von der Südwesthälfte über den Westen und die Mitte Deutschlands hinweg. Während zwischen 06 und 18 Uhr UTC nur vereinzelt zweistellige Niederschlagsmengen registriert wurden, wie beispielsweise im belgischen Schaffen mit 11 l/m² oder in Aachen mit 13 l/m², konnten sich die Niederschläge in der sich anschließenden Nacht gebietsweise, vor allem in Nordrhein-Westfalen, sogar noch intensivieren, sodass bis 06 Uhr UTC in Werl 45 l/m² oder in Bad Lippspringe 20 l/m² gemessen wurden.

Am 19. September um 00 Uhr UTC wurde das Tief ELISABETH weiterhin westlich der Biskaya, einige hundert Kilometer von der Nordwestspitze Spaniens entfernt, mit einem Kerndruck von noch knapp unter 1000 hPa analysiert. Das Frontensystem des Tiefs war kaum noch nordostwärts vorangekommen, sondern verlief nördlich des Kerns über Südbritannien und Belgien hinweg in Richtung Südwestdeutschland, erstreckte sich von dort weiter südwestwärts entlang der Westalpen und der Ostküste Spaniens bis nach Marokko. Über West- und Südwesteuropa änderte sich am wechselhaften Wettergeschehen wenig, wobei der Niederschlagsschwerpunkt diesmal über Frankreich lag. Hier konnte sich aufgrund zusammenströmender Luftmassen eine Bodenkonvergenz bilden, an der sich schon tagsüber zwischen Bretagne und Côte d'Azur durch die hier aufsteigende Luft teilweise kräftige Gewitterschauer entwickeln. Am stärksten betroffen war der Südwesten Frankreichs, wo sich mehrere Zellen zu einem Gewitterkomplex zusammenschlossen. Bis zum darauf folgenden Morgen um 06 Uhr UTC brachte dieses System bis zu 72 l/m² in Montelimar, sodass sich dort die 3-tägige Niederschlagsmenge auf 138 l/m² erhöhte. Auch nördlich des Kerns, entlang der quasistationären Okklusionsfront lebte die Niederschlagstätigkeit wieder auf, da sich im Übergangsbereich zu etwas kühlerer und trockener Nordseeluft ein neues Tief über den Benelux-Ländern bilden konnte, welches den Namen FLORA erhielt.

In den Frühstunden des 20. September befand sich das Tief ELISABETH mit seinem Zentrum weiterhin einige 100 Kilometer vor der Nordspitze Spaniens entfernt, bei einem Kerndruck von noch knapp unter 1005 hPa. Zu der Zyklone ELISABETH gehörten jedoch keine Fronten, diese waren vom Randtief FLORA aufgenommen worden.

In den folgenden Tagen verlagerte sich die Zyklone ELISABETH unter Abschwächung südwestwärts über den offenen Atlantik hinaus, sodass es sich in der Nacht zum 22. September zwischen Azoren und portugiesischer Küste befand, etwa 600 km nördlich von Madeira. Allerdings sollte sich die Zyklone im weiteren Verlauf nicht vollständig auflösen, sondern in die Zirkulation eines über Portugal neu entstehenden Wirbels mit einbezogen werden. Dieses neue Tief, welches weiterhin die alte Bezeichnung ELISABETH trug, wurde am Morgen des 23. September mit einem Kerndruck von knapp unter 1015 hPa über Portugal analysiert. Mit dem Kern war eine schwache Okklusion verbunden, die beinahe kreisförmig um die Iberische Halbinsel bis zum westlichen Mittelmeer reichte. Letztendlich entwickelten sich in der unverändert sehr feuchten Subtropikluft über der Iberischen Halbinsel wieder zahlreiche Schauer und Gewitter.

Schließlich löste sich aber auch die Zyklone ELISABETH bis zum 24. September fast vollständig auf und vom Atlantik her konnte Hochdruckeinfluss an den folgenden Tagen für eine spürbare Wetterberuhigung sorgen.

 


Geschrieben am: 12.10.2014 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 17.09.2014

Pate: Elisabeth Baur