Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ELISABETH
(getauft am 23.10.2016)
Am 21. Oktober entstand ca. 1500 km westlich der
Iberischen Halbinsel im Vorfeld des Ex-Hurrikans NICOLE eine frontale Welle.
Als frontale Welle bezeichnet man die Grenze von kalten und warmen Luftmassen.
Aus dieser Welle konnte sich in der Folge ein Tiefdruckgebiet ausbilden, das
sich nur sehr langsam nach Osten verlagerte. Mit weiterer Annäherung an Europa
erfolgte am 23. Oktober um 01 Uhr MEZ in der Analyse der Berliner Wetterkarte
die Taufe des Druckgebietes auf den Namen ELISABETH. Der Kern der nun gut
ausgeprägten Zyklone befand sich ca. 1000 km westlich des Golfs von Biskaya und
hatte einen Druck von ca. 987 hPa.
Das Tief ELISABETH wies bereits eine kurze Okklusion
auf. Die Warmfront verläuft meist südöstlich des Kerns vor der Kaltfront. Da
diese eine höhere Zuggeschwindigkeit als die Warmfront aufweist, holt die
Kaltfront die Warmfront ein und schiebt sich im Laufe des Lebenszyklus der
Zyklone unter diese. Dabei entsteht eine Mischfront, die als Okklusion
bezeichnet wird. Die lange Warmfront erstreckte sich in östliche Richtung über die
Pyrenäen, Sardinien bis nach Süditalien. Die ebenfalls sehr lange Kaltfront
reichte von Nordportugal über Lissabon bogenförmig über den Mittelatlantik und
erreichte eine Länge von knapp 3000 km. Der Bereich zwischen der Warm- und
Kaltfront wird als Warmluftsektor bezeichnet. In diesem Bereich werden mit
südwestlichen Winden wärmere und in diesem Fall sehr energiereiche Luftmassen
herangeführt.
Am 23. Oktober reichte der Warmluftsektor von
Südfrankreich bis zum Südosten Spaniens. Die Höchstwerte erreichten dort 25 bis
28°C. Deutlich kühler blieb es in Portugal und im übrigen Spanien. Maximal 14
bis 18°C wurden gemessen, im nordspanischen Bergland teils kaum 10°C. Entlang
der Kaltfront haben intensive Niederschlagsprozesse stattgefunden. In weiten
Teilen von Spanien wurden 24-stündige Regenmengen von gebietsweise 20 bis 50
mm, an der Südseite der Pyrenäen bis zu 80 mm registriert. In Andalusien wurden
flächendeckend 50 bis 70 mm gemessen, wie in Sevilla, wo in nur 12 Stunden 66
mm fielen. Spitzenreiter war der 1040 m hohe Arages
Del Puerto in den Pyrenäen mit 83,2 mm. Im Landesinneren blieben die Mengen
etwas geringer, so vermeldete Madrid eine Niederschlagshöhe von 13 mm. Auch im
westlichen und zentralen Frankreich sowie im äußersten Südwesten Englands gab
es entlang der Fronten intensive Regenfälle. Besonders in der Nähe des Okklusionspunkts, der Punkt an dem Warm- und Kaltfront sich
vereinigen, wurden länger anhaltende Niederschläge ausgelöst. 24-stündig wurden
10 bis maximal 27 mm registriert. Paris vermeldete 10 mm, Pau
23 mm, Lorient in der Bretagne 26 mm und das
englische Culdrose 24 mm. Die Höchstwerte erreichten
im Regen nur 10 bis 14°C, wie in Paris mit 12°C. Auch auf den Kanaren brachte
der Kaltfrontdurchgang starke Schauer und Gewitter mit sich. In Puntagorda auf La Palma fielen 24-stündig 39,6 mm und im
Norden Teneriffas bis zu 33 mm. Nennenswerte Windböen gab es im zentralen
Spanien und im Süden Frankreichs im Bereich von Gewittern mit 60 bis 80 km/h.
Auch in der Bretagne sowie im Südwesten Englands wurden abseits von Gewittern
Böen mit bis zu 87 km/h gemessen. Vorderseitig der Kaltfront konnten im Osten
Spaniens 7 bis 9 Sonnenstunden gemessen werden, ansonsten blieb es mit 0 bis 2
Sonnenstunden bedeckt bis stark bewölkt.
Zum 24. Oktober veränderte sich die Struktur des Tiefs ELISABETH
deutlich. Über den Pyrenäen konnte sich ein neues Wellentief ausbilden, womit
das Tief zwei Kerne aufwies – ELISABETH I und II. Der Wirbel ELISABETH I
positionierte sich um 01 Uhr MEZ mit einem Druck von ungefähr 993 hPa ca. 400
km westlich von Mittelportugal über dem Atlantik, das Tief ELISABETH II mit
einem Druck von ca. 997 hPa über dem Südwesten der Pyrenäen und dem Golf von
Biskaya. Das Frontensystem bestand aus einer mehrfach um den Kern laufenden
Okklusion, sowie eine Kaltfront über dem Osten Spaniens, welche teilweise
rückläufig wurde. Der Warmluftsektor verkleinerte sich stark, da das System
fast komplett okkludierte. Eine kurze Warmfront über Ostfrankreich bis zur
Westschweiz konnte um 01 Uhr MEZ analysiert werden. Während das Wellentief
ELISABETH II im Tagesverlauf nach Nordosten in Richtung Südwestdeutschland zog,
blieb das Tief ELISABETH I quasi stationär. Das Einflussgebiet reichte somit
von Spanien über Frankreich, England und Deutschland bis nach Polen. Dabei
zeichneten sich mehrere Niederschlagsschwerpunkte ab. Der Erste befand sich auf
der Iberischen Halbinsel entlang der wellenden Kaltfront und der Okklusion. In
Portugal sowie im Osten Spaniens fielen 24-stündig 5 bis 10 mm, stellenweise
bis 15 mm. Höhere Mengen konnten im Norden der spanischen autonomen
Gemeinschaft Extremadura beobachtet werden. Dort
fielen 15 bis 30 mm, in Hoyos sogar 42,0 mm. Auch
sonst konnte in Spanien verbreitet Niederschlag gemessen wurden. Nur an der
Nordküste sowie im äußersten Südosten blieb es noch trocken. Das Tief ELISABETH
II brachte in einem Streifen von Süd- über Ostfrankreich, der Schweiz,
Südwestdeutschland bis Westpolen Dauerregen. Gebietsweise fielen 10 bis 35 mm,
an den Alpen sowie im Schwarzwald bis zu 50 mm. So fielen in Vichy 34,4 mm,
Dijon 26,6 mm, in Bern 16,8 mm, in Freiburg 18,9 mm, in Jena 23,1 mm und in
Dresden 12,1 mm. Ein weiterer Niederschlagsschwerpunkt stellte der äußerste Süden von England dar. Die Okklusion blieb dort
aufgrund schwacher Luftdruckgegensätze stationär. Es fielen in 24 Stunden 15
bis 30 mm mit den höchsten Mengen in Plymouth mit 36,6 mm. In London konnte
nördlich der Front dagegen kein Regen registriert werden. Auf den Kanaren
setzte sich in der feuchten Luftmasse das wechselhafte und zu starken Gewittern
neigende Wetter fort. In Puntagorda auf La Palma
fielen 39,6 mm, in San Mateo auf Gran Canaria 38,4 mm
und in Playa Blanca auf Lanzarote konnten 27,4 mm
gemessen werden. Die Temperaturen erreichten in Deutschland bei meist bedecktem
Himmel nur 7 bis 12°C, in Frankreich 12 bis 15°C. Südlich des Tiefs ELISABETH
II wurde es mit südlichen Winden deutlich wärmer. Mit Unterstützung des Föhns
wurden am Alpenrand Werte von 19 bis 23°C gemessen. München registrierte
20,2°C, Oberstdorf 23,1°C und Vaduz in Liechtenstein sogar 24,7°C. Noch wärmer
wurde es im äußersten Osten von Spanien und in Südostfrankreich. Marseille meldete
26,9°C, Tortosa 27,0°C und Palma De Mallorca 28,8°C.
Auch die Nächte blieben mit 20 bis 15°C in diesen Regionen für diese Jahreszeit
sehr mild. Die höchste Temperatur wurde in Pollenca
auf den Balearen mit 31,0°C gemessen. Das Tiefdrucksystem ELISABETH
transportierte warme Luftmassen afrikanischen Ursprungs nach Norden, sodass
auch auf Sardinien 30°C überschritten wurden. In Rom blieb es mit 27,0°C
ebenfalls spätsommerlich warm.
Am 25. Oktober um 01 Uhr MEZ lag das Tief ELISABETH I
mit einem Druck von ca. 998 hPa stationär vor Portugal, der Wirbel ELISABETH II
zog weiter nach Nordosten und befand sich mit einem Druck von ca. 1012 hPa über
dem südlichen Brandenburg. Verbunden waren die beiden Kerne mit einer
Kaltfront, die stellenweise erneut rückläufig wurde. An dem Wellentief
ELISABETH II bildete sich eine Warmfront aus, welche von Warschau bis Sofia
reichte. Erneut gab es entlang der Fronten intensive Regenfälle, dessen
Schwerpunkt sich vom Alpenraum ins Baltikum verlagerte. In Südostfrankreich,
der Schweiz, Norditalien, Süddeutschland, Österreich, Ungarn, Kroatien und
Slowenien konnten verbreitet 20 bis 40 mm, vereinzelt bis 65 mm registriert
werden. Ansonsten blieben die Niederschlagsmengen nahe der Fronten bei 1 bis 10
mm, wie beispielsweise 1,8 mm in Berlin-Schönefeld oder in Warschau mit 7,0 mm
nördlich des Kerns. Die höchsten registrierten Niederschlagswerte wurden in
Slowenien und Kroatien verzeichnet. Zagreb meldete 24-stündig 21,5 mm,
Ljubljana 32,3 mm und das slowenische Vogel 65,5 mm. Spitzenreiter in
Deutschland war die Wasserkuppe mit 27,7 mm und der Feldberg im Schwarzwald mit
36,5 mm. Einen zweiten Regenschwerpunkt gab es in Weißrussland, dem Baltikum
und im Nordwesten Russlands. Dort konnten 10 bis 30 mm gemessen werden. Bei
Temperaturen um 0°C ging der Regen in Schnee über und im Osten von
Weißrussland, Lettland, Estland, Südfinnland und Nordwestrussland bildete sich
eine Schneedecke von meist 1 bis 10 cm. Spitzenreiter war das nordwestlich von
Moskau gelegene Ostaskov mit 21 cm, in Moskau selbst
fiel noch kein Schnee. In Deutschland erreichten die Höchstwerte 9 bis 14°C, in
Bayern bis 16°C. Am wärmsten wurde es südlich des Tiefdrucksystems in Italien,
Kroatien, Albanien und Bosnien und Herzegowina mit 23 bis 28°C, auf Sardinien
sogar bis 32°C.
Auch am 25. Oktober setzte sich die Gewitterlage auf
den Kanaren fort. Verbreitet konnten 20 bis 60 mm erreicht werden, wie in
Teneriffa mit 49,2 mm, in Tuineje-Puerto
mit 44,6 mm, in Tias mit 32,6 mm und in San Bartolome Tirajana mit 58,6 mm.
Am 26. Oktober um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief
ELISABETH I nahe den Kanaren mit einem Druck von ca. 1008 hPa. Das Wellentief
ELISABETH II positionierte sich über Estland mit einem Druck von ca. 1017 hPa.
Beide Druckgebiete wiesen eine Okklusion auf und waren mit einer Kaltfront verbunden,
welche quer über Europa lag. Am meisten Niederschlag konnte mit dem Kaltfrontdurchgang
in Italien beobachtet werden. Innerhalb von 24 Stunden fielen 10 bis 30 mm, wie
beispielsweise 27,2 mm in Rom und 27,6 mm in Florenz. Ein zweiter Niederschlagsschwerpunkt
erstreckte sich von Westrussland über die Ukraine bis Rumänien. Dabei wurden 2
bis 10 mm, in Rumänien bis 16 mm in 24 Stunden gemessen. Im Osten von
Weißrussland und in Russland konnte bei Werten zwischen 0 und 3°C Schnee
fallen. So verzeichnete Moskau mit 1 cm den ersten Schnee des Winters.
Ansonsten lagen die Höchstwerte bei 3 bis 11°C, mit den tieferen Werten nach
Norden und Osten hin. Auf den Kanaren verursachte der tiefe Druck des Tiefs
ELISABETH I erneut teils schwere Gewitter. Maximal konnten in Vallehermoso 24-stündig 40,0 mm gemessen werden. Die
Regenfälle traten aber nicht mehr so verbreitet auf wie an den Vortagen, manche
Stationen blieben trocken oder haben nur geringe Mengen registriert.
Am Folgetag änderte sich an der Lage der beiden Kerne
nur wenig. Der Wirbel ELISABETH II befand sich über dem östlichen Finnland,
schwächte sich aber zusehends ab und löste sich bis zum Abend um 19 Uhr MEZ komplett
auf. Die wenig wetterwirksame Okklusion reichte noch bis Griechenland.
Nennenswerte Regenfälle gab es nur noch in Süd- und Mittelfinnland mit 2 bis 11
mm, wie beispielsweise in Helsinki mit 9 mm. Bei milden 6 bis 9°C fiel auch
hier Niederschlag in flüssiger Form. Auf den Kanaren nahm die Schauer- und
Gewitteraktivität weiter ab. Nur noch an zwei Stationen konnten 12 bzw. 15 mm
gemessen werden, vielerorts blieb es sogar trocken.
Vom 28. bis 30. Oktober blieb die frontenlose Zyklone
ELISABETH stationär über den Kanaren. Am 28. Oktober reichte es auf La Palma
für 24-stündige Regenmengen von 5 bis 10 mm, an den Folgetagen blieb es bis auf
einzelne kurze Schauer von unter 1 mm trocken. Die Temperaturen stiegen dabei
von 23 bis 26°C auf 28 bis 31°C am 30. Oktober an.
Zum 31. Oktober hatte sich die langlebige und für große
Teile Europas Wetter beeinflussende Zyklone ELISABETH aufgelöst und wurde daher
nicht weiter auf den Karten der Berliner Wetterkarte analysiert.
Geschrieben am 25.11.2016 von Dennis Schneider
Berliner Wetterkarte: 25.10.2016
Pate: Elisabeth Göttel