Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ELLA
(getauft am
05.08.2016)
Am
04. August fand an der sogenannten Polarfront vor der Küste Neufundlands eine
Zyklogenese, d.h. die Entstehung eines Tiefdruckgebietes, statt. Die Polarfront
beschreibt die Grenze zwischen kalter Luft im Norden und warmer Luft im Süden.
Kommt es zu einem Warm- oder Kaltluftluftvorstoßes, so beginnt sich die zuvor
geradlinige Polarfront zu verformen und nimmt dabei eine Wellenform an. Auf der
Vorderseite der Welle gleitet die Warmluft auf die Kaltluft auf und auf der
Rückseite verdrängt die kalte Luftmasse wiederum die Warmluft, die dadurch zum
Aufsteigen gezwungen wird. Somit entsteht vorderseitig eine Warmfront und
rückseitig eine Kaltfront, beide Fronten führen zur Wolkenbildung und Niederschlägen.
Das so entstehende Tief dreht sich gegen den Uhrzeigersinn, wobei die Kaltfront
eine höhere Zuggeschwindigkeit aufweist und die Warmfront im Verlauf einholt.
Dabei entsteht eine Mischfront, die als Okklusion bezeichnet wird.
Mit zunehmender
östlicher Verlagerung erfolgte anhand der Analyse am 05. August um 01 Uhr MEZ
die Taufe des Tiefs auf den Namen ELLA. Die sich weiter vertiefende Zyklone
wies im Kern einen Druck von ca. 998 hPa auf. Das Tief ELLA besaß zu diesem
Zeitpunkt eine gut ausgeprägte Warm- und Kaltfront. Auch eine ca. 100 km lange
Okklusion konnte sich bereits ausbilden. Der Wettereinfluss auf Europa blieb am
5. August noch aus, da sich Tief ELLA südlich von Grönland befand und keine
Front das Festland erreichte.
Am
06. August konnte die Zyklone ELLA ca. 1300 km südwestlich von Island auf der
geografischen Breite von Brüssel analysiert werden. Der Kern konnte sich weiter
vertiefen und erreichte einen Druck von ca. 989 hPa. Bis zum Abend verlagerte
sich das Tief in Richtung der Färöer-Inseln, wobei die Warmfront Wales und die
Kaltfront den Westen von Irland überquerten. Dementsprechend gestaltete sich
das Wetter vorderseitig des Tiefs und gestützt durch den Hochdruckeinfluss von
Antizyklone DANIEL in England bei 9 bis 14 Stunden Sonnenschein sehr
freundlich. Die Temperaturen erreichten teils sommerliche Werte von 22 bis
27°C, London-Heathrow vermeldete beispielsweise 26,4°C. Von Wales bis
Schottland blieb es bei 1 bis 5 Sonnenstunden deutlich bewölkter und mit 15 bis
22°C kühler. In Wales und Irland konnten im Zusammenhang mit der Warmfront bis
19 Uhr MEZ 0,1 bis 1 mm Regen gemessen werden. Intensiver gestalteten sich die
Niederschläge in der Nähe des Tiefdruckkerns. In Schottland wurden gebietsweise
bis 19 Uhr MEZ 3 bis 11 mm vermeldet. In Wales, Irland und Schottland registrierte
man außerdem sturmartige Windböen von 50 bis
80 km/h, was Windstärke 7 bis 8 auf der Beaufortskala entspricht. In den
schottischen Highlands gab es sogar orkanartige Böen mit 100 bis örtlich 130
km/h bzw. Beaufort 11 bis 12.
Am
Folgetag um 01 Uhr MEZ befand sich der Kern der Zyklone ELLA knapp westlich der
Färöer-Inseln mit einem Druck von ca. 988 hPa. Die Warmfront reichte von
Schottland bis über die Normandie, die verkürzte Kaltfront erstreckte sich von
Nordengland bis über den Südwesten Englands, wobei große Teile schon
okkludierten. Bis zum Abend verlagerte sich der Kern nur noch langsam nach
Osten. Die Warmfront erreichte im weiteren Verlauf Südschweden, Dänemark und
den Westen von Deutschland, die Kaltfront befand sich über Südnorwegen,
Westdänemark, Belgien bis zur Bretagne. Im Bereich der Warmfront konnten nur
geringe Regenmengen von 0,1 bis maximal 2 mm gemessen werden. Göteborg
registrierte bis 19 Uhr MEZ 2 mm, Rostock 0,2 mm, Hamburg 1 mm, Norderney 0,2 mm,
das holländische Berkhout 2 mm und Brest in der
Normandie 0,4 mm. Auch an der Westküste von Norwegen setzten Niederschläge,
ausgelöst von der Okklusion, ein. Die 12-stündigen Regenmengen beliefen sich
auf 0,1 bis 6 mm. Rückseitig von Tief ELLA drehte die Strömung zusehends auf
Nord bis Nordwest, wodurch sich eine zweite Kaltfront ausbilden konnte, welche
noch kühlere Luft mit sich brachte. Diese überquerte rasch die Britischen
Inseln von Nordwest nach Südost. Besonders von Irland bis Schottland konnten sich
starke Schauer ausbilden, welche 2 bis 8 mm, vereinzelt in Schottland bis 13 mm
Regen brachten. Im gesamten direkten Einflussgebiet der Zyklone ELLA wurden
Windböen von 50 bis 75 km/h, in Schottland und an der Westküste Norwegens 75
bis 105 km/h vermeldet. Auf den Bergen Schottlands stellte sich hinzu extremer
Sturm ein. In den Cairngorms Mountains auf 1250 m
konnten Spitzenböen von 183 km/h gemessen werden. Die Höchstwerte der
Temperatur erreichten Werte von 18 bis 23°C, in Schottland und Irland hinter
der zweiten Kaltfront kühlere 14 bis 17°C. Zwischen der ersten schwachen und
der zweiten deutlich ausgeprägteren Kaltfront stellte
sich im Südosten von England bei bis zu 28°C sommerliches Wetter ein.
London-Heathrow vermeldete mit 27,3°C den zweiten Sommertag in Folge, für
welchen ein Temperaturmaximum von mindestens 25,0°C nötig ist. In der schmalen
Warmzone gab es 9 bis 13 Stunden Sonne, sonst entlang der Fronten von Tief ELLA
2 bis 5 Stunden. Einzig in der Normandie blieb es ganztägig bedeckt.
Am
08. August um 01 Uhr MEZ positionierte sich der Kern der Zyklone ELLA zwischen
den Färöer-Inseln und der norwegischen Westküste mit einem Druck von ca. 983
hPa. Die Okklusion erstreckte sich vom Tiefzentrum aus über Nordschweden
bogenförmig bis Dänemark. Dort fand der Übergang zur Kaltfront statt, welche
bis über den Westen von Frankreich reichte. Die zweite Kaltfront befand sich
über dem südlichen England. Das gesamte Frontensystem verlagerte sich nach
Südosten, verlor aber an Wetteraktivität. Von Südschweden über Dänemark,
Nordwestdeutschland bis in die Normandie gab es bei 3 bis 5 Stunden Sonne
gebietsweise auch geringen Regen von 0,1 bis 3 mm. Die höchsten Mengen konnten
in Nordseenähe gemessen werden. In Itzehoe und auf Sylt fielen 2 mm und in
Cuxhaven 4 mm in 12 Stunden. Rückseitig des Frontensystems stellte sich in
Großbritannien freundliches Wetter mit 7 bis 12 Stunden Sonne und vereinzelten
kurzen Schauern ein. Maximal wurden ähnlich dem Vortag 20 bis 23°C, in
Schottland 13 bis 16°C und auf den Färöer-Inseln nur 10 bis 12°C gemessen. In
Deutschland konnte nachts unter den Wolken der schwachen Kaltfront die Luft
kaum auskühlen. Die Tiefstwerte lagen im Norden bei warmen 19 bis 16°C, in
Seehausen wurde mit 20,3°C eine tropische Nacht, also ein Temperaturminimum von
über 20°C, verzeichnet. Die Höchstwerte erreichten tagsüber in
Nordwestdeutschland 19 bis 23°C, im Südosten unter Einfluss von Hoch Daniel 24
bis 29°C. Allerdings erreichte der Wind in der Nordhälfte Deutschlands Böen von
50 bis 75 km/h. So vermeldete Berlin und Hamburg 52 km/h, Helgoland
68 km/h und Kap Arkona 76 km/h. Die stärksten Windböen traten südlich des Tiefdruckkerns
auf. Auf den Färöer-Inseln konnten Spitzenböen von 91 bis 98 km/h, auf der
Ölplattform Ekofisk in der Nordsee konnte mit 104
km/h eine orkanartige Böe registriert werden. Auch in Großbritannien setzte
sich das windige Wetter fort. Abgesehen vom südlichen England erreichte der
Wind Böen von 50 bis 70 km/h, in Nordirland und Schottland 70 bis 85 km/h. In
den schottischen Highlands hielt der Orkan weiter an mit Böen von bis zu 167
km/h.
Bis
zum 09. August schwächte sich die Zyklone ELLA langsam ab und teilte sich,
sodass um 01 Uhr MEZ zwei Kerne analysiert werden konnten. Der Erste befand
sich über Südnorwegen mit einem Druck von ca. 993 hPa, der Zweite lag über
Mittelschweden mit einem Kerndruck von ca. 988 hPa. Vom ersten Kern erstreckte
sich nach Norden bis zur Barentssee eine Okklusion. Vom Zweiten Kern aus
verlief ebenfalls eine Okklusion von Mittelschweden über Südfinnland bis nach
Nordpolen. Dort fand der Übergang zu einer langen Kaltfront statt, welche
bogenförmig über Mitteldeutschland, die Schweiz, Zentralfrankreich und dann
nach Norden bis fast nach Grönland reichte. Ungefähr 300 km vor dieser
Kaltfront konnte noch die schwächere Kaltfront vom Vortag analysiert werden,
die von den Baltischen Staaten über die Alpen bis zu den Pyrenäen verlief. Bis
zum Abend kam das gesamte System nach Südosten voran, wobei die erste
schwächere Kaltfront eingeholt wurde. Um 19 Uhr MEZ lag eine ausgeprägte
Kaltfront quer über Europa. Sie reichte von der Halbinsel Kola über
Westrussland, Südostpolen, den Alpenraum, Südfrankreich bis Nordspanien und
Portugal. Vorderseitig sorgte Subtropikluft für heißes Sommerwetter in Süd- und
Südosteuropa, rückseitig setzte sich kühle Polarluft durch. Ausgelöst von der
Kaltfront wurden teilweise ergiebige Regenmengen beobachtet. Bereits in der
Nacht bildeten sich in Nordwestdeutschland zahlreiche Schauer, welche bis 07
Uhr MEZ 24-stündig in Nordholz 20 mm, in Emden 16 mm und 12 mm in Itzehoe mit
sich brachten. Auch im südlichen Bayern setzten lang anhaltende Regenfälle ein,
welche im selben Zeitraum für 7 bis 20 mm sorgten. Besonders eindrucksvoll
waren die Temperaturgegensätze, die die Kaltfront verursachte. Im südpolnischen
Krakau wurden nochmals 33°C gemessen, währenddessen im Nordwesten bei 18 bis
19°C etwas Regen fiel. Rückseitig der Front erreichten die Temperaturen im
Allgemeinen 18 bis 22°C, im Süden von Deutschland mit Regen gerade einmal 15
bis 18°C. Bedingt durch die Staueffekte der Alpen hielt der Regen tagsüber
weiter an. Bis
19 Uhr MEZ fielen 12-stündig nochmals 20 bis 40 mm. In Salzburg fielen
beispielsweise 38 mm und in Innsbruck 43 mm. Bei zuvor 30°C in Wien entluden
sich am Nachmittag und Abend heftige Gewitter, welche 50 mm an der Station
Wien-Schwechat und 59 mm in Klagenfurt brachten. An nahezu allen Stationen in
West- und Südösterreich konnten 12-stündige Niederschlagsmengen von 20 bis 30
mm registriert werden. Mit Einfließen der Kaltluft sank die Schneefallgrenze
bis auf 2000 m. In den übrigen Gebieten, die von der Kaltfront beeinflusst
wurden, blieben die Mengen meist unter 5 mm. Vereinzelt, wie in Warschau mit 20
mm, konnten in Verbindung mit stärkeren Schauern und Gewittern höhere Werte
erreicht werden. Einen zweiten Niederschlagschwerpunkt stellte der Nordwesten
von Deutschland dar. Die dortigen Niederschläge waren aber konvektiver Natur,
da die eingeflossene Kaltluft hochgradig labil war und sich zahlreiche Schauer
ausbildeten. Meist fielen 1 bis 3 mm, die höchsten
Werte gab es direkt an der Nordsee. In Hamburg fielen 3,1 mm, in Cuxhaven 4,9
mm und in Nordholz 9,0 mm. In einem Streifen von Brandenburg bis zum Saarland
blieb es trocken. Dort, sowie im Nordwesten im Beriech der Schauer, schien die
Sonne 3 bis 6 Stunden. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz
konnten 5 bis 7 Stunden erreicht werden, im Süden blieb es ganztägig bedeckt.
Am
10. August löste sich die Okklusion mit der anschließenden Kaltfront von Tief
ELLA ab und zog weiter nach Südosten, währenddessen das Tief mit zwei Kernen
über Skandinavien verblieb. Damit verringerte sich der Wettereinfluss deutlich.
Tief ELLA I wurde um 01 Uhr MEZ über der Barentssee mit einem Druck von ca. 988
hPa analysiert, währenddessen sich Tief ELLA II frontenlos über Südschweden mit
einem Druck von ca. 1003 hPa befand. Die abgelöste Kaltfront brachte in
Schweden 24-stündige Regenmengen von 5 bis 15 mm, vereinzelt bis 20 mm. Auch an
der norwegischen Westküste fielen staubedingt 10 bis maximal 32 mm. Die
Höchstwerte lagen bei kühlen 10 bis 15°C im Dauerregen, sonst besonders nach
Süden hin auch bis 20°C. Stärkere Windböen blieben aber aus.
Am
11. und 12. August befand sich Tief ELLA stationär ohne Fronten über der
schwedisch-finnischen Grenze mit einem Druck von ca. 998 hPa. Die Zyklone blieb
in einem kleinen Gebiet in Nordschweden, Nordfinnland und Nordnorwegen aktiv
und brachte weitere Regenfälle mit einer Menge von ungefähr 2 bis 8 mm in 12
Stunden. Bis um 19 Uhr MEZ am 12. August fielen dort 48-stündig 10 bis 30 mm.
Mit Höchstwerten um 10°C blieb es kühl. Im Verlauf des 12. August zog das Tief
ELLA langsam nach Nordosten und löste sich auf. Dementsprechend konnte es am
Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben
am: 27.09.2016 von Dennis Schneider
Berliner
Wetterkarte: 08.08.2016
Pate:
Ella Kallinger