Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ELLEN

(getauft am 27.03.2012)

 

Am 27.03. befand sich das Hochdruckgebiet HARRY über Westeuropa und lenkte die sonst häufig über Mitteleuropa vorherrschende westliche Höhenströmung weit nach Norden, bis auf die Breite von Island, aus. Die Prognosekarte zeigte für den nächsten Tag deutlich die Entstehung eines neuen Tiefdruckgebietes aus dieser Höhenströmung heraus. So wurde das Tiefdruckgebiet ELLEN am 27.03. in der Vorhersagekarte für den 28.03. getauft.

Die Frontensysteme eines Tiefdruckgebietes südlich von Spitzbergen bildeten am 28.03. die Grundlage für die Entstehung des Tiefdruckgebietes ELLEN über dem Baltikum. Dabei kam es zu einer sogenannten rapiden Zyklogenese, einer besonders starken und schnellen Form der Entstehung eines Tiefdruckgebietes. Als Grenzwert hierfür dient das Fallen des Luftdrucks im Zentrum der Zyklone innerhalb von 24 Stunden. Bei Tief ELLEN sank der Luftdruck um über 25 hPa in nur 24 Stunden und überschritt mit 1 hPa knapp den Grenzwert.

Das erste Mal auf der Berliner Wetterkarte war Tief ELLEN am 29.03. mit einem Kerndruck von ca. 990 hPa über der litauischen Hauptstadt Vilnius zu sehen. Die Warmfront reichte in einem Bogen an Kiew vorbei bis nach Rumänien, während die Kaltfront über Polen und Berlin hinweg bis zur Nordostspitze Schottlands reichte. In Kiew stieg mit Durchzug der Warmfront die Tageshöchsttemperatur von 1°C am Tauftag zunächst auf 4°C kurz vor der Front an, bis im Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront 12°C Höchsttemperatur am 29.03. gemessen wurden. Dabei fielen innerhalb von 2 Tagen insgesamt 8 mm Niederschlag, zumeist als Regen.

Hochdruckgebiet HARRY befand sich inzwischen westlich von Großbritannien, sodass sich in Verbindung mit Tief ELLEN eine kräftige Nordströmung über Mitteleuropa einstellte, deren Anfang die Kaltfront bildete. Nach zuvor frühlingshaften Temperaturen in weiten Teilen Deutschlands wie z. B. in Berlin mit 20°C am Vortag wurden nach Durchgang der Kaltfront am 29.03. nur noch 9°C Höchsttemperatur gemessen. Außer in den nördlichen Mittelgebirgen wurden jedoch keine größeren Niederschlagsmengen registriert, der höchste Wert wurde im sächsischen Zinnwald mit 16 mm innerhalb von 24 Stunden gemessen.

Mit der weiteren Verlagerung des Tiefdruckgebiets ELLEN am 30.03. bis über Moskau fiel der Niederschlag nordöstlich von Kiew trotz Erwärmung durch die Warmfront bei Temperaturen um den Gefrierpunkt als Schnee. Der Kerndruck hatte sich weiter auf bis unter 985 hPa verringert, die Phase der starken anfänglichen Entwicklung war aber vorüber. In Deutschland stellte sich inzwischen wechselhaftes Rückseitenwetter ein. Dabei traten unter einer meist geschlossenen Wolkendecke verschiedenste Formen des Niederschlags auf. Von Sprühregen über Graupelschauer bis hin zu Schneefall war alles vertreten. Dabei herrschte teils stürmischer Wind wie z.B. auf dem Brocken mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von über 70 km/h.

In der Höhenströmung zeigte sich inzwischen ein ausgeprägter Trog über Osteuropa, also ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden. Dieser steuerte von nun an die weitere Verlagerung des Tiefdruckgebiets ELLEN. In Deutschland blieben die kalte nördliche Windströmung und der wechselhafte Wettercharakter erhalten. Am 31.03. lagen die Höchsttemperaturen somit noch tiefer als am Vortag. Auf Rügen wurde es nicht wärmer als 5°C, dabei schien an den Küsten mit bis zu 8 Stunden in Kiel am längsten die Sonne. Dieser hier bereits bemerkbare leichte Zwischenhocheinfluss weitete sich in der Nacht zum 01.04. auf nahezu ganz Deutschland aus und sorgte verbreitet für Frost, die Temperatur sank z.B. in Bamberg auf -7°C.

Am 01.04. hatte sich das Tief ELLEN durch den zunehmenden Hochdruckeinfluss bereits aufgelöst und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 26.04.2012 von Thomas Schubert

Berliner Wetterkarte: 29.03.2012

Pate: Ellen Kaup