Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ELLI
(getauft am 02.03.2020)
Am
29.02.2020 entwickelte sich in der Nähe der Bermuda-Inseln im Nordatlantik ein
Tiefdruckgebiet, auch Wirbel oder Zyklone genannt. Hierbei beschreibt die
Zyklone den sich drehenden Tiefdruckwirbel anhand seiner Drehrichtung, im
Gegensatz zum Zyklon, der ein ausgewachsener Wirbelsturm ist. Das Tief bildete
eine Warm- und eine Kaltfront aus und bewegte sich auf der Rückseite des
Tiefdruckgebiets DIANA, welches über den Atlantik nach Südwesteuropa zog, in
Richtung Neufundland und nahm dabei an Stärke zu. Am Morgen des 02.03 wurde der
Tiefdruckwirbel von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK) auf den Namen
ELLI getauft, unter dem es fortan in Wetterkarten und Wetterberichten geführt
wurde. Im weiteren Tagesverlauf zog das Tief ELLI in Richtung Südosten und
trennte sich hierbei von einem anderen Tiefdruckkern, der sich in dessen Nähe
gebildet hatte, ab. Im Laufe des folgenden Tages bewegte sich die Zyklone
weiter über den Atlantik in Richtung England und Frankreich, wobei sie an
Intensität zunahm. Die Kalt- sowie die Warmfront drehten sich um den Kern
unseres Tiefdruckgebietes ein und bildeten so eine Okklusionsfront. Die beiden
Fronten bilden dabei eine dritte Front, eine sogenannte Mischfront, bei der der
Warmsektor, der vorher zwischen den Fronten lag, in höhere Luftschichten
angehoben wird. Dabei kühlt er sich ab, und da kalte Luftmassen weniger
Feuchtigkeit enthalten kann als warme Luftmassen, fällt die Feuchtigkeit dann
als Niederschlag - je nach Temperatur fest oder flüssig - aus. Das
Tiefdruckgebiet ELLI näherte sich im Laufe des 04.03.
der Küste Irlands, wo dessen Okklusionsfront für Regen sorgte. Im weiteren
Tagesverlauf zog die Warmfront der Zyklone mit Regen und teils kräftigen
Windböen über Frankreich. Der Mont Aigoual auf 1567 Metern
Höhe meldete Spitzenböen von 78 km/h um 14 Uhr MEZ, während geschützter
liegende Stationen meist nur Böen um die 10 bis 30 km/h verzeichnen konnten.
Die auf 126 Metern Höhe liegende Station Cap Cepet an
der Mittelmeerküste meldete 46 km/h, auch um 14 Uhr MEZ. Im Laufe der Nacht
erfasste das Niederschlagsfeld des Tiefdruckgebietes den Westen sowie den Südwesten
Deutschlands, wobei in den Niederungen teils gefrierender Regen fiel. Bei der
Wetterwarte Berlin-Dahlem gab es bei teils klarem Himmel unter leichtem
Hochdruckeinfluss mit -0.6°C seit dem
27.01. erstmals wieder Frost.
Am
Morgen des 05.03. lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels ELLI im Seegebiet
westlich der Biskaya, von wo aus die Fronten des
Wirbels über Deutschland reichten und vielerorts Regen brachten, im Südwesten
teils auch Starkregen. Auf der Bodenwetterkarte von 13 Uhr MEZ wurde die
Zyklone mit einem Kerndruck von nur 985 hPa über dem Ärmelkanal verzeichnet,
und bis zum Abend fielen 12-stündig
in Todtmoos im Süden Baden-Württembergs
38,7 mm Niederschlag und in Weiskirch an der Saar 20,1
mm. Zur Nacht bewegten sich die Niederschlagsgebiete weiter nordostwärts.
In Berlin setzte ab der zweiten Nachthälfte Niederschlag ein, der an der
Station Berlin-Dahlem 12-stündig bis 07 Uhr MEZ 3,0 mm erreichte. Mit teils
mehr als 10 mm Regen fiel in der Westhälfte merklich
mehr. Insgesamt kamen in der Südwesthälfte
Deutschlands 24-stündig über 20 mm an Regen zusammen, mit einem Höchstwert von
56,1 mm in Todtmoos. Dabei blieb es meist frostfrei, bei Tiefstwerten zwischen
6°C und 3°C. Nur auf
der Zugspitze gab es bei -10.7°C starken
Frost. In der zweiten Nachthälfte
erreichte der Wind in Böen bis zu 120 km/h, gemessen auf dem Feldberg im
Schwarzwald, was einem Orkan entspricht. In der Schweiz und Italien wurden an
dem Tag ähnliche Niederschlagsmengen registriert, mit 75,4 mm an der Station Clusanfe im Kanton Wallis und 49 mm an der Station Passo
del Cerreto in Norditalien. Auch hier erreichte die
Windstärke über Nacht teils sogar Orkanböen, mit 127 km/h auf dem La Dôle ob Genf in der Schweiz, 217 km/h auf den Bergen Croce Arcana und Passo Radici in
Norditalien und 159 km/h auf dem Mont Aigoual in
Frankreich. Das im Zentrum des Wirbels liegende Clermond-Ferrand
maß Maximalwindgeschwindigkeiten von 107 km/h. Im Flachland hingegen fielen
die Böen mit um die 85 km/h eher mäßig aus.
Am
darauffolgenden Tag lag Tief ELLI mit seinem
auf 990 hPa verstärkten Zentrum über den
Niederlanden, während ein weiterer Kern, in der Karte mit ELLI II bezeichnet,
sich über Norditalien abgespalten hatte. Im weiteren Verlauf des Tages zog der
Wirbel mit Niederschlag über Deutschland und überquerte gegen 20 Uhr MEZ den
Berliner Raum. Insbesondere in den Staulagen im Mittelgebirge fiel
der Niederschlag in Form von Schnee, in Neuhaus am Rennsteig erreichte die
Schneedecke bis zum darauffolgenden Morgen 21 cm, auf dem
Brocken sogar 36 cm. Teilweise fiel auch in tiefer gelegenen Ebenen Schnee; so
meldete das sächsische Marienberg eine am darauffolgenden Morgen 3 cm Neuschnee.
Am Samstag den 07.03 tauchte der Wirbel noch auf der Bodenwetterkarte über
Danzig im Norden Polens auf, Chemnitz meldete um 07 Uhr MEZ noch starken
Schneeregen bei einer Temperatur von 1,3°C. Im Laufe
des Tages löste sich die Zyklone langsam
auf, bis sie am darauffolgenden Tag nur noch angedeutet auf der Bodenwetterkarte
sichtbar war.