Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ELON
(getauft am
07.01.2015)
Am
07.01. wurde in der Prognose für 12 Uhr UTC, also 13 Uhr MEZ, des folgenden
Tages ein südlich von Island über den Atlantik liegender Wirbel auf den Namen
ELON getauft, der bereits wenige Tage zuvor am Rande des umfangreichen Wirbels
CHRISTIAN von der Ostküste Nordamerikas nach Nordosten über den Atlantik gezogen
war. Mit einem Druck von unter 1000 hPa befand sich das Tief ELON am 08.01.
gegen 00 Uhr UTC südlich von Grönland, einige Hundert Kilometer östlich von
Neufundland. Vom Kern ging sowohl eine kurze Warmfront in östlicher als auch
eine Kaltfront in südwestlicher Richtung aus, die sich mit der Front eines
südlich von Neufundland liegenden anderen Wirbels verband.
Sich
unter dem Einfluss des Jetstreams rasch nach Osten verlagernd erreichten die
Ausläufer des sich zu einem Orkanwirbel verstärkenden Tiefs ELON im Laufe des
Tages die Küste Schottlands sowie die Färöer Inseln und brachten teils
ergiebige Regenmengen, vor allem aber hohe Windgeschwindigkeiten. Die
Messstation Thorshavn registrierte bis 06 Uhr UTC des 08.01. in 24 Stunden 13,4
l/m² Regen, der von Windböen bis 100 km/h begleitet
wurde. Wesentlich höhere Windgeschwindigkeiten wurden aus Schottland
gemeldet. Ab den Abendstunden erreichte der Westwind auf dem Aonach Mor eine mittlere
Geschwindigkeit von 133,2 km/h und Böen bis 200,1 km/h und dem Cairngorm im Mittel 163,1 km/h und in Böen gar bis zu 226,1
km/h. Geschwindigkeiten über 117 km/h entsprechen der Windstärke 12 auf der
Beaufortskala und somit Orkanstärke. Auch in tiefer
gelegenen Regionen erreichte der Wind Orkanstärke. In Altnaharra
wurden Windspitzen von 155,7 km/h, am
Loch Glascarnoch von 177,9 km/h und in Stornoway bei einem mittleren Wind von
124 km/h Böen von bis zu 181,8 km/h registriert. Die Niederschläge fielen
vielerorts ebenso ergiebig aus. Bis 06 Uhr UTC wurden aus Kirkwall 14,4, l/m² aus
Stornoway 23,6 l/m² und aus Altnaharra 24,0 l/m²
gemeldet. Mit Herannahen des Orkans fiel der Druck vielerorts rasant. So betrug
die dreistündige Drucktendenz an der Station Sule Skerry um 02 Uhr UTC -16,9 hPa, wodurch dort der auf
Meereshöhe reduzierte Druck auf unter 970 hPa fiel.
Zum 09.01. war der Orkanwirbel ELON südlich an Grönland und Island
vorbei nach Osten gezogen und befand sich mit einem bis 00 Uhr UTC auf unter
965 hPa gefallenen Kerndruck über den Färöer-Inseln nordwestlich von
Schottland. Vom Kern reichte eine Okklusionsfront über Schottland und die Irische
See bis nach Wexford in Irland. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront
verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und
somit Eigenschaften beider Frontentypen in sich vereint. Der Punkt, an der
Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden,
wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Ein solcher Okklusionspunkt lag östlich bei
Wexford, von dem sich die Warmfront über die Keltische See nach Süden bis
westlich von Nordspanien erstreckte und die Kaltfront sich über den Atlantik mit
dem Frontensystem des Wirbels FELIX verband. Das Niederschlagsband hatte
Norwegen sowie Dänemark erreicht und zog im Laufe des Tages über
Südskandinavien und Polen in Richtung Osten. Dabei fielen durch teils
gewittrige Schauer innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC im schwedischen Horby 15 l/m², im dänischen Foulum
20 l/m² und im polnischen Lebork 25,1 l/m². Auch über
Deutschland brachten Schauer und vereinzelte Gewitter mitunter ergiebige
Niederschlagsmengen mit sich. In Schleswig wurden im selben Zeitraum 10,2 l/m²,
in Berlin-Tempelhof 14,9 l/m² und auf
dem Brocken 25 l/m² gemessen. Besonders intensiv fielen die Niederschläge
aufgrund von erzwungenen Aufgleitvorgängen entlang
der südnorwegischen Gebirgsketten aus. Die Station Konsmo-Hoyland
meldete 31,6 l/m² und Ualand-Bjuland bis zu 44,3 l/m².
Auch wenn der Wind sich mit einer mittleren Geschwindigkeit zwischen 60 km/h
über Dänemark und 75 km/h über Südnorwegen gegenüber dem Vortag abgeschwächt
hatte, wurden in exponierten Lagen weiter Orkanböen gemessen. So erreichte der
westliche Wind am Leuchtturm Lista sowie in Langø in Spitzen knapp 122 km/h und an den Stationen Byglandsfjord-Solbakken und Skrydstrup
jeweils 126 km/h. Auch auf dem polnisch-slowakisch Kasprowy
Wierch sowie auf dem Brocken registrierten die Anemometer mit Windspitzen von 151,3 beziehungsweise 162,1 km/h
Orkanböen. Mit einer mittleren
Windgeschwindigkeit von 122 km/h und Böen von bis zu 151,3 km/h erreichte der
Wind am Leuchtturm Alte Weser in der Deutschen Bucht in den frühen
Mittagsstunden noch einmal volle Orkanstärke.
Sich rasch abschwächend hatte sich das Zentrum des Tiefs ELON zum
10.01. unter Ausbildung eines zweiten Kerns über die Nordsee hinweg bis 00 Uhr
UTC über die Ostsee und nach Weißrussland verlagert. Vom ersten Kern, der sich
mit einem auf 995 hPa gestiegenen Druck bei Bornholm befand, erstreckte sich
zum einen eine Okklusionsfront über Kopenhagen bis nach Skagen
sowie eine weitere Okklusionsfront nach Osten, die sich mit dem zweiten Kern
unweit von Minsk verband. Von diesem zweiten Kern reichte eine dritte
Okklusionsfront in südlicher Richtung bis nach Bukarest. Letzte, dem sich in
Auflösung befindlichen Wirbel ELON direkt zuzuordnende Niederschläge, brachten
nur noch vereinzelt größere Niederschlagsmengen mit sich. Im rumänischen Sighetu Marmatiei, wo durch
Schnee und Schneeregen in den 24 Stunden zuvor 20,4 l/m² gefallen waren,
registrierten die Messgeräte bis 18 Uhr UTC nochmals 3 l/m². Über Weißrussland schwächte sich das einstige
Orkantief ELON zunehmend ab und ging im Laufe des Tages zunehmend in der
Zirkulation des nachfolgenden Sturmwirbels FELIX auf, wodurch der 10.01.
zugleich letzte Tag war, an dem das Tief ELON auf der Berliner Wetterkarte als
eigenständiger Wirbel analysiert und somit namentlich verzeichnet werden
konnte.
Geschrieben am 09.02.2014 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 09.01.2015
Pate: Sigrid Mayer