Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ELVIRA

(getauft am 26.05.2016)

 

Am 26.05.2016 befand sich über dem östlichen Nordatlantik ein Tiefdruckgebiet, welches mit einem Kerndruck von ca. 1005 hPa etwa 800 Kilometer westlich der portugiesischen Küste lag. Bereits zuvor hatte die Zyklone ein Frontensystem ausgebildet, welches zu diesem Zeitpunkt nur noch aus einer Okklusion bestand, womit wärmere Luftmassen in höheren Schichten der Atmosphäre und kältere Luftmassen in bodennahen Schichten gekennzeichnet werden. Diese Okklusion erstreckte sich vom Zentrum aus bis über den nördlichen Bereich der Biskaya. Von dort an führten eine Warmfront über das französische Festland in Richtung Schweiz sowie eine Kaltfront über Frankreich bis zu den Pyrenäen. Aufgrund der folgenden Wetterwirksamkeit für Europa wurde dieser Wirbel in der Analyse der Berliner Wetterkarte vom 26.05.2016 auf den Namen ELVIRA getauft.

Im weiteren Verlauf des Tages verlagerte sich das Tiefdruckgebiet ELVIRA nur minimal Richtung Norden. Die Okklusion überquerte dabei die westlichen Regionen Frankreichs. Dabei wurden wie in der westfranzösischen Küstenstadt Brest jedoch innerhalb von einer Stunde nur ein maximaler Abfall der Temperatur von 16,7°C auf 14,8°C um 15 Uhr UTC, was 16 Uhr MEZ entspricht, ohne wesentliche Niederschlagsmengen verzeichnet. Der Wirbel ELVIRA brachte stattdessen in der Stadt Rennes zwar auch einen starken Temperatursturz innerhalb einer Stunde von 20,1°C auf 15,8°C um 14 Uhr UTC, zusätzlich wurden aber noch 11 mm Regen innerhalb dieser einen Stunde von 13 bis 14 Uhr UTC gemessen. Aufgrund des zu dieser Zeit über der französischen Stadt liegenden Okklusionspunktes, bei dem die Hebungsprozesse der wärmeren Luftmassen über die der kälteren Luftmassen am stärksten sind, sorgte die dadurch entstehende starke Konvektion für kräftige Niederschläge. Des Weiteren wurden sogar in der Küstenstadt Brignogan von 14 bis 15 Uhr UTC Gewitter gemeldet, deren starke Konvektionen ebenso zu starken Niederschlägen von 13 mm innerhalb dieser einen Stunde führten.

Am darauffolgenden Tag befand sich der Tiefdruckwirbel ELVIRA weiterhin über dem östlichen Nordatlantik, etwa 800 Kilometer westlich der portugiesischen Küste. Mit einem weiterhin minimalen Kerndruck von 1005 hPa verlagerte sich die Okklusion vom Tiefzentrum bis nach Zentralfrankreich. Von dort gingen weiterhin die Warmfront bis nach Süddeutschland sowie die Kaltfront bis zu den Pyrenäen aus. Ebenso wie am Vortag wurden in der Nähe des Okklusionspunktes hohe Niederschlagsmengen verzeichnet. So gab es zwischen 15 und 16 Uhr UTC nicht nur erneut einen Temperaturabfall von 23,6°C auf 17,7°C, diesmal in der westfranzösischen Stadt Cognac, sondern auch Niederschlagsmengen von bis zu 11 mm innerhalb von drei Stunden bis 18 Uhr UTC. Des Weiteren bildete sich eine weitere Okklusion, die sich ebenso ausgehend vom Tiefdruckgebiet ELVIRA nach Süden über den Atlantik erstreckte. Diese verlagerte sich jedoch im Tagesverlauf nur über den Atlantik.

Bis zum 28.05.2016 kennzeichnete sich der Tiefdruckwirbel ELVIRA dadurch aus, dass aufgrund der starken Hebungsprozesse am Okklusionspunkt sich ein weiteres Tiefdruckgebiet gebildet hat. Somit lagen zu Beginn des 28.05.2016 die Zyklone ELVIRA I weiterhin über dem östlichen Nordatlantik mit einem Kerndruck von nur noch 1010 hPa sowie der sich neu gebildete Wirbel ELVIRA II über der nördlichen Biskaya mit einem Kerndruck von 1015 hPa. Während der Entstehung des Tiefs ELVIRA II übernahm dieses die sich über Nordfrankreich bis nach Tschechien erstreckende Warmfront sowie die sich über die Biskaya, Ostspanien und Marokko reichende Kaltfront. Die Kaltfront brachte in der im Osten Spaniens gelegenen Stadt Zaragoza zwischen 15 und 18 Uhr UTC einige wenige Gewitter mit sich. Des Weiteren sank dort die Temperatur in diesen drei Stunden von 29,8°C auf 22,0°C. In der etwas südlicher liegenden Stadt Valencia wurden außerdem um 18 Uhr UTC Sturmböen der Stärke 9 auf der Beaufortskala mit maximalen Geschwindigkeiten von 81,5 km/h gemessen. Die Warmfront sorgte am Abend zwischen 18 und 00 Uhr UTC des Folgetages besonders in Deutschland schon für starke Niederschläge. So wurden in der thüringischen Stadt Meiningen 54 mm innerhalb dieser sechs Stunden registriert. Das Frontensystem des Tiefdruckgebietes ELVIRA I kennzeichnete sich währenddessen weiterhin durch eine Okklusion aus, die sich ausgehend vom Tiefzentrum entlang der westlichen Küste der Iberischen Halbinsel erstreckte. Diese Okklusion brachte in der westspanischen Küstenstadt Pontevedra in den drei Stunden von 3 bis 06 Uhr UTC ergiebige Regenfälle mit bis zu 17 mm.

Bis zum Beginn des 29.05.2016 verlagerte sich die schwächer gewordene Zyklone ELVIRA I langsam nach Norden und lag zu Beginn des Tages mit einem Kerndruck von 1015 hPa ca. 500 Kilometer südwestlich der irischen Küste über dem östlichen Nordatlantik. Dessen Okklusion verlief ausgehend vom Zentrum des Tiefs ELVIRA I über Westfrankreich und vereinigte sich mit der Okklusion vom Tiefdruckwirbel ELVIRA II, die sich östlich der Balearen bis nach Algerien erstreckte. Zudem hatte sich eine sogenannte Konvergenzlinie ausgebildet, bei der Luft am Boden zusammenströmt und dort zum Aufsteigen gezwungen wird, so dass sich oftmals intensive Schauer und Gewitter ausbilden können. Diese reichte von der Bretagne über Süddeutschland bis zu den östlichen Alpen. Das sich auf einen Kerndruck von 1010 hPa verstärkte Tief ELVIRA II lag mit dem Zentrum nahe über der französischen Hauptstadt Paris. Im weiteren Tagesverlauf zog der südliche Teil der Okklusion weiter in Richtung Nordosten. Von 07 bis 12 Uhr UTC wurden dabei zum Beispiel in der französischen Stadt Nizza mehrere Gewitter beobachtet. Innerhalb von diesen fünf Stunden fielen bis zu 12,8 mm an Regen. Wesentlich stärker waren hingegen die südlichen Teile Deutschlands betroffen. In der baden-württembergischen Stadt Ulm fielen in den drei Stunden zwischen 15 und 18 Uhr UTC 52 mm Regen. Das deutschlandweite Maximum an Niederschlag wurde jedoch in der bayerischen Gemeinde Hohenpeißenberg gemessen. Dort wurden in sechs Stunden bis 18 Uhr UTC sogar 75 mm Niederschlag registriert. Im Verlauf des gesamten Tages wurde zum Beispiel in der fränkischen Stadt Öhringen von 06 Uhr UTC bis 06 Uhr UTC des Folgetages 78,8 mm durch lang anhaltenden und besonders starken Dauerregen aufgezeichnet. Zusammen mit der Station auf dem Hohenpeißenberg, die 81,6 mm registrierte, wurden damit die höchsten Niederschlagsmengen an diesem Tag gemessen. Um 20 Uhr UTC konnten an der nördlichen Spitze der Insel Korsika mittlere Windgeschwindigkeiten von ca. 76 km/h gemessen werden, was einer Stärke 9 auf der Beaufortskala entspricht. Maximal wurden dort zu diesem Zeitpunkt Orkanböen mit Geschwindigkeiten bis zu 127,9 km/h registriert.

Am 30.05.2016 löste sich das schwache Tief ELVIRA I auf. Der Tiefdruckwirbel ELVIRA II, der von dort an nur noch als ELVIRA bezeichnet wurde, verstärkte sich auf einen Kerndruck von 1005 hPa und verlagerte sich mit dessen Zentrum über Süddeutschland. Das Frontensystem kennzeichnete sich an diesem Tag nur noch durch die Okklusion, die sich von Zentralfrankreich bis zur Biskaya erstreckte, und eine Warmfront, die sich vom Norden Frankreichs über Dänemark bis nach Schweden zog. Außerdem erstreckte sich eine Konvergenzlinie vom Schwarzwald über Süddeutschland bis zu den Karpaten bei Budapest. Aufgrund einer Verstärkung der Druckgegensätze wurden zum Beispiel in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen um 16 Uhr UTC sowie 18 Uhr UTC stürmische Windböen der Stärke Beaufort 8 mit maximalen Geschwindigkeiten von bis zu 64,9 km/h registriert. In Kiel wurden um 17 Uhr UTC sogar Sturmböen der Stärke 9 von maximal 82,9 km/h aufgezeichnet. In der nahe Paris liegenden Stadt Villacoublay wurden in den sechs Stunden bis 18 Uhr UTC 30 mm Regen gemessen. Ebenso gab es im gleichen Zeitraum deutschlandweit Aufzeichnungen von Gewittern. In Trier trat zudem ergiebiger Dauerregen auf, wodurch im selben Zeitraum 32 mm Regen registriert wurden. In der pfälzischen Gemeinde Hahn fielen ebenfalls aufgrund von starken Dauerniederschlägen in 18 Stunden bis 18 Uhr UTC bis zu 56 mm an Regen.

Bis zum darauffolgenden Tag, dem 31.05.2016, verlagerte sich die Zyklone ELVIRA bei einem etwas abgeschwächten Kerndruck von 1010 hPa nach Westen mit dessen Kern über Belgien. Dies wurde aufgrund einer schwachen Oststörung verursacht, die durch ein Tief in einer Höhe von ca. 5,5 Kilometern mit dem Zentrum über dem Südosten Frankreichs entstand. Die Warmfront erstreckte sich weiterhin nördlich des Tiefs ELVIRA ausgehend vom Tiefzentrum über die Nordsee bis nach Norwegen. Die Okklusion löste sich bis dahin auf, aber es hatte sich eine schwache Kaltfront entwickelt, die sich über Mitteldeutschland, Tschechien und Südosteuropa erstreckte. Das Tiefdruckgebiet ELVIRA brachte an diesem Tag weiterhin eine Vielzahl an Gewittern mit sich sowie hohe Niederschlagsmengen, die sich wie am Vortag durch Dauerregen ergaben. So wurden in der südbayrischen Stadt Fürstenzell über den gesamten Tag verteilt 38 mm Regen gemessen. Auch in der oberbayerischen Gemeinde Chieming lag die Niederschlagsmenge des Tages, gemessen von 06 Uhr UTC bis 06 Uhr UTC des Folgetages, bei 42,4 mm. Ebenso wurden um 13 und 14 Uhr UTC in der nordfranzösischen Küstenstadt Dieppe Sturmböen der Stärke 9 auf der Beaufortskala mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 76,0 km/h gemessen.

Zum 01.06.2016 verlagerte sich das Zentrum des Wirbels ELVIRA über Zentralfrankreich. Bis dahin hatte sich das Tiefdruckgebiet ELVIRA weiter abgeschwächt und einen minimalen Kerndruck von 1015 hPa erreicht. Die Okklusion erstreckte sich ausgehend vom Tiefzentrum bis nach London, von wo die Warmfront nach Norden bis etwa Trondheim reichte du die Kaltfront über die Nordsee bis zur Deutschen Bucht verlief. Dabei verursachte die Zyklone ELVIRA keine wesentlichen Niederschlagsmengen oder hohe Windgeschwindigkeiten mehr. Im Laufe des Tages löste sich das Tiefdruckgebiet ELVIRA auf und konnte daher am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 12.07.2016 von Florian Ruff

Berliner Wetterkarte: 30.05.2016

Pate: Elvira Reichertz