Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ERICH

(getauft am 09.03.2015)

 

In Gebieten, wo kalte Luftmassen arktischen Ursprungs auf die durch den Golfstrom erwärmte Luft treffen, entstehen häufig Tiefdrucksysteme. Die Druckunterschiede zwischen den subtropischen Luftmassen mit homogener Warmluft und den polaren Luftmassen mit homogener Kaltluft werden in den mittleren Breiten durch die Bildung von Tiefdruckwirbeln aufgehoben. Durch die Tiefdruckwirbel am Boden und durch den Polarfront-Jetstream, ein Starkwindband in der Höhe, werden die warme und die kalte Luft ausgetauscht, in dem sich warme mit kalter Luft verwirbelt. Dies zeigt sich auch durch unbeständiges Wetter am Boden. Der Jetstream ist im Niveau von 300 hPa, in ca. 8 km, besonders gut zu erkennen. Unterhalb einer starken Höhenströmung im 500-hPa-Niveau, das heißt in einer Höhe von etwa 5,5 km, entstand in genau so einem Gebiet südwestlich von Nordneufundland im Bodenniveau ein Tiefdruckwirbel, der am 09. März 2015 auf den Namen ERICH getauft wurde.

Vom Tiefdruckkern mit einem Luftdruck von etwas über 1010 hPa zog sich eine Kaltfront, auf deren Rückseite kalte Luft nach Süden strömte, nach Südwesten bis über die Vereinigten Staaten. Die zugehörige Warmfront, hinter der warme Luft nach Norden strömte, erstreckte sich nach Südosten über den Atlantik.

Der Höhenströmung folgend, verlagerte sich der Wirbel ERICH bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ weiter nach Nordosten und lag mit einem Kerndruck von etwas unter 990 hPa auf der Trogvorderseite südöstlich von Grönland sowie südwestlich von Island. Vom Tiefdruckzentrum verlief eine Kaltfront bogenförmig nach Südwesten weit hinaus über den Atlantik. Die kurze Warmfront erstreckte sich über den Atlantik bis in die Breite von Bordeaux.

Im weiteren Verlauf verlagerte sich die Zyklone ERICH rasch nördlich bis über die Danmarkstraße und vertiefte sich auf unter 950 hPa. Dabei wurde der über der Südspitze gelegene Wirbel CARLO I von dem Tief ERICH in dessen Zirkulation aufgenommen. Von dort zog sich eine Okklusion entlang der Ostküste Grönlands, über Island, bis zum Okklusionspunkt über dem Atlantik in der Breite von Edinburgh. Als Okklusionen werden jene Fronten bezeichnet, die mit dem Einholen der Warmfront durch die schnellere Kaltfront entstehen. Okklusionsfronten vereinen demnach die Eigenschaften von Warm- und Kaltfront. Vom Okklusionspunkt verlief die Kaltfront bogenförmig nach Südwesten über die Azoren und weiter über den Atlantik. Die Warmfront erstreckte sich über den Atlantik bis nach Nordwestfrankreich, wo diese in die Kaltfront des Tiefs DENIS mit Zentrum über Finnland überging. Frontal fielen an der Station Jan Mayen bis zum Folgetag um 07 Uhr MEZ 24-stündig 6 l/m². Die Stationen Akureyri und Egilsstadir auf Island meldeten um 21 Uhr MEZ mit dem Durchgang der Okklusionsfront einsetzenden leichten bzw. mäßigen Regen. Die Station Bolungarvik im Nordwesten Islands meldete um 01 Uhr MEZ mäßigen Schneefall. In Großbritannien fielen gebietsweise recht ergiebige Niederschlagssummen. Bis 19 Uhr MEZ fielen innerhalb von 24 Stunden in Tulloch Bridge 22 l/m², im schottischen Skye 16 l/m², in Keswick und St. Bees Head 10 l/m² und in Shap 17 l/m². Vor allem im Südosten Englands hielt sich noch der Hochdruckeinfluss durch Hoch LUISA, sodass die Temperaturen, wie in Northolt, bis 15°C anstiegen. Im Norden Schottlands wehte der Wind zeitweise kräftig, in Stornoway wurde eine Spitzenböe von 107 km/h gemessen, die Station South Uist Range meldete sogar 115 km/h.

Zum 12. März bildete das Tiefdruckgebiet ERICH weitere Kerne aus. Der erste Kern ERICH I befand sich um 01 Uhr MEZ frontenlos südwestlich der grönländischen Stadt Angmagssalik mit einem Kerndruck von etwa 975 hPa. Der Kern ERICH II verlagerte sich mit der Höhenströmung bis nördlich der Insel Jan Mayen. Der Kerndruck betrug 980 hPa. Vom Zentrum des Wirbels ERICH II erstreckte sich nach Osten südlich an Spitzbergen vorbei eine Warmfront, welche bis zur Halbinsel Kola reichte. Eine Kaltfront führte bis zu einem weiteren Kern mit Zentrum über dem nördlichen Polarkreis westlich der norwegischen Küste. Die Warmfront ging über Norwegen in eine Okklusion über. Diese erstreckte sich bis zum Okklusionspunkt über der zentralen Nordsee. Eine Warmfront zog sich von dort bis über Frankreich, die nordwestlich gelegene Kaltfront schloss sich über England der Warmfront des nachfolgenden Tiefs FRIEDHELM an. Bis um 19 Uhr MEZ fielen in Nordnorwegen nur geringe Niederschlagsmengen, maximal wurden an der Station Harstad 2 l/m² in einem Zeitraum von 24 Stunden registriert. Im äußersten Norden wurden vielerorts Windgeschwindigkeiten bis zur Stärke 9 auf Beaufortskala gemessen, in Hekkingen Fyr betrug die Spitzenböe des Tages sogar 155 km/h, was Windstärke 12 entspricht.

Bis zum Folgetag löste sich der Kern ERICH I auf. Das Zentrum ERICH lag somit am 13. März mit einem Kerndruck von 985 hPa über den Osten von Spitzbergen. Vom Kern verlief eine Okklusionsfront bis über Nowaja Semlja, von dort erstreckten sich Warm- und Kaltfront bogenförmig nach Südwesten über Russland.

Im weiteren Verlauf verlagerte sich das Tief ERICH weiter nach Osten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte, sodass es namentlich nicht weiter aufgezeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 02.05.2015 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 11.03.2015

Pate: Erich Maukisch