Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ERICH
(getauft am
20.05.2009)
Am 20. Mai 2009 befand sich über Europa
entlang einer Linie von Frankfurt am Main über Genf bis nach Madrid eine
Luftmassengrenze zwischen subtropischer Warmluft über dem Südosten und subpolarer
Meeresluft über dem Nordwesten. Aufgrund der großen Temperaturunterschiede schob
sich die kalte Luft aus dem Nordwesten langsam unter die wärmere subtropische
und hob diese an. Dadurch konnten sich jetzt über Frankreich und dem Westen
Deutschlands neue hochreichende Wolken bilden, die zum Beispiel in Bordeaux
schon den ersten Regen brachten. Südlich von Paris kam es dabei zum stärksten
Druckfall, so dass sich hier das Zentrum des neuen Tiefdruckgebietes bildete.
Dieses wurde 20. Mai 2009 auf den Namen ERICH getauft und erschien einen Tag
später erstmals auf der Berliner Wetterkarte.
Eingelagert in die südwestliche
Höhenströmung zog ERICH unter Verstärkung bis zum Nachmittag des 21. Mai nach
Ostwestfalen und erreichte am Abend schon die Regionen Vorpommerns. An diesem
Tag kam es fast in ganz Deutschland zu teils heftigen Gewittern. So bildeten
sich am Vormittag im Wesentlichen zwei Gewitterherde über Baden-Württemberg und
entlang einer Kette etwa zwischen Harz und Oderbruch. Am Nachmittag entstanden
zahlreiche weitere Zellen. Zeitweise wurden innerhalb von nur einer Stunde über
13000 Blitze über Deutschland registriert. Eine sehr starke, organisierte
Gewitterlinie hatte sich am Nachmittag zusätzlich zwischen Bremen und Hamburg
gebildet, die zum Abend ostwärts nach Westmecklenburg zog. Im Raum Schwerin
trat dabei verbreitet Hagelschlag mit Korngrößen bis zu 4 cm auf. Zudem
verwüstete dort ein Tornado mehrere Ortschaften. Nach Medienberichten wurden
dort 50 bis 80 Häuser zum Teil stark beschädigt. In Schwerin selbst fielen 18
mm Niederschlag, doch meldete die Ortschaft Neustadt-Glewe rund 30 km südlich
von Schwerin 38 mm Regen innerhalb von einer Stunde. Weiter nordöstlich brachte
die Gewitterlinie in Rostock-Warnemünde orkanartige Böen mit 30 m/s, wobei das
höchste 10-Minuten-Mittel bei 22 m/s (Windstärke 9) lag.
Doch kam es auch in anderen Teilen
Deutschlands zu Unwettern. Vor allem in Süddeutschland entwickelten sich
stärkere Gewitter mit Böenlinien. Am Flughafen München wurden beispielsweise
mit 27 m/s schwere Sturmböen registriert. Andernorts blieb es dagegen sogar
trocken, so in Neuruppin. Die starken lokalen Unterschiede sind allerdings auch
äußerst typisch für sommerliche Gewitterlagen. Zwar wurden nicht mehr die hohen
Temperaturen vom Vortag erreicht, aber vor allem in Sachsen und in
Süddeutschland stieg die Temperatur nochmals über 25°C.
Bis zum nächsten Tag zog ERICH weiter nordostwärts
zu den Baltischen Staaten, beeinflusste aber weiterhin das Wettergeschehen in
Deutschland mit seiner über Bayern und Baden Württemberg liegenden Front.
Dadurch kam es vor allem hier erneut zu Schauern und Gewittern, die jedoch bei
weitem nicht so heftig ausfielen wie noch am Vortag.
Die Reste der Front wurden am nächsten Tag
vom nachfolgenden Hoch XENIA nach Osten abgedrängt. Der Kerndruck des
Tiefdruckgebietes ERICH verringerte sich dabei noch weiter und erreicht am 24.
Mai nördlich von Moskau seinen geringsten Wert von unter 990 hPa. Weiterhin für
viele Schauer und Gewitter sorgend, wanderte ERICH zunehmend nach Nordosten ab,
bis er am 28. Mai das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte zu sehen war,
bevor er von der Höhenströmung weiter nach Osten aus dem Europäischen Raum
herauswanderte.
Geschrieben von Gera Rohlfing am 11.06.2009
Wetterkarte: 21.05.2009
Pate: Erich Tottewitz