Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ERICH
(getauft
am 25.12.2013)
Am 24.12.2013 entstand südwestlich von
Neufundland ein Tiefdruckgebiet. Dieses verlagerte sich nach Osten und begann
sich zu vertiefen. Da das Tief das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen
sollte, wurde es am Folgetag auf den Namen ERICH getauft. Am Tauftag befand
sich das Tief ERICH mit einem Kerndruck von etwa 1004 hPa südlich vor
Neufundland. Die Warmfront des Tiefs ERICH verlief einige hundert Kilometer in
nordöstlicher Richtung, wohingegen die Kaltfront westlich des Tiefzentrums
ebenfalls mit einigen hundert Kilometern Länge vorzufinden war.
Bis zum Folgetag um 01 Uhr MEZ hatte sich
die Zyklone ERICH etwa 1500 km weiter nach Nordosten verlagert und befand nun
mit etwas unter 980 hPa zentral zwischen Nordamerika und Europa auf dem
Nordatlantik. Durch den immer noch vorhandenen starken Temperaturgegensatz
verstärkte sich das Tief ERICH zum Sturm und verlagerte sich gesteuert von der
in etwa 5,5 km Höhe liegenden Strömung schnell in östliche Richtung. Da die
Kaltfront immer schneller ist, als die Warmfront, wurde der zwischen den
genannten Fronten befindliche Bereich - der sogenannte Warmluftsektor -
zunehmend schmaler. Die sehr lange Warmfront des Wirbels reichte in
südöstlicher Richtung bis vor der Küste Marokkos und die Kaltfront verlief in
südwestlicher Richtung bis östlich der Bermuda-Inseln. Dort wurde bis um 07 Uhr
MEZ in 24 Stunden 3 mm Regen registriert und zum Zeitpunkt der Beobachtung war
es stark bewölkt.
Am 27.12. erreichte der nun zum Orkan
herangewachsene Wirbel ERICH die Britischen Inseln. Der Kerndruck hatte sich
noch einmal sehr stark vertieft und besaß um 01 Uhr MEZ seinen geringsten Wert
von knapp unter 950 hPa. Die Okklusion, eine
Mischfront aus Warm- und Kaltfront, verlief nördlich um das Tiefzentrum herum,
was wenige hundert Kilometer nordwestlich von Irland vorzufinden war. Am Okklusionspunkt spaltete sich die Mischfront in die bis
über die Straße von Gibraltar verlaufende Warmfront und die nach Südwesten über
die Azoren weit hinaus reichende Kaltfront auf. Durch die starken
Luftdruckgegensätze in Zentrumsnähe, war der Wind auf den Britischen Inseln
insbesondere im Bergland stark ausgeprägt, da in höheren Luftschichten die
Bodenreibung stark abnimmt. Auf den schottischen Cairngorm
Mountains in 1245 m über dem Meer wurde eine Orkanböe von 183 km/h gemessen. Um
03 Uhr MEZ wurde dort schließlich auch im Mittelwind die Orkanstärke erreicht.
Aber auch von den Westküsten von Großbritannien und Irland wurden starke
Orkanböen gemeldet. An den irischen Stationen Mace Head sowie in Sherkin Island
wurden Windgeschwindigkeiten von 133 km/h registriert. An der walisischen Küste
wurde mit 165 km/h in Aberdaron und mit 152 km/h in Capel Curig ebenfalls die
Orkanstärke erreicht. Im Binnenland erreichte der Wind vielerorts Sturmstärke
von etwa 70 bis 100 km/h, gleichzeitig wurden Niederschläge registriert. Bis um
07 Uhr MEZ wurden in 24 Stunden vorwiegend durch Tief ERICH hervorgerufene
Niederschlagssummen von 22 mm im Südwesten Irlands gelegenen Ort Valentia gemessen und im am Ärmelkanal gelegenen Bournemouth waren es 11 mm. Verbreitet fielen auf den
Britischen Inseln etwa 5 bis 10 mm Regen. Die Temperatur erreichte in Spanien
durch die Heranführung warmer Luftmassen aus Südwesten vor Eintreffen der
Kaltfront Temperaturmaxima von bis zu 20,9°C in Bilbao und 21,1°C in Santander.
Bis zum Folgetag begann das Orkantief
ERICH, sich langsam aufzufüllen. Um 01 Uhr MEZ lag es mit einem Kerndruck von
etwa 956 hPa über den Shetland-Inseln. Die langgestreckte Okklusion
verlief vom Kern aus kreisförmig bis über den Südosten Schwedens, wo sie sich
in eine kurze bis nach Nordpolen reichende Warmfront und eine sich bis über den
Norden Deutschlands erstreckende Kaltfront aufteilte. Der Wind ließ über den
Britischen Inseln im Vergleich zum Vortag deutlich nach. So verzeichneten nur
noch die Bergstationen Cairngorm Mountains und Cairnwell Orkanböen von bis zu 150 km/h bzw. 128 km/h. In
den tiefen Lagen, selbst unmittelbar an der Küste, wurden oftmals nur noch
maximale Spitzenböen des Tages von 50 bis 80 km/h registriert. In Norwegen
hingegen nahm der Wind deutlich zu. In Krakenes,
einem Leuchtturm unmittelbar an der Küste gelegen, wurden Böen bis zu 137 km/h
gemeldet. Andernorts wehte der Wind nur in Sturmstärke, so z.B. in der Stadt
Bergen mit 83 km/h. Durch eine flache Welle über Westeuropa verursachte der
Wirbel ERICH zum Teil hohe Niederschlagsmengen. So wurde in Nordfrankreich in
24 Stunden bis um 07 Uhr teilweise mehr als 30 mm Regen registriert, auch im
spanischen Santiano fielen über 30 mm Niederschlag.
In Deutschland wurden im Stau des Schwarzwaldes in 12 Stunden bis 19 Uhr 23 mm
in Freudenstadt und 27 mm in Emmendingen verzeichnet. Gleichzeitig wurde vor
der Kaltfront eine Temperatur von verbreitet 10°C bis 12°C gemessen, was
insbesondere im Osten Deutschlands einen Temperaturanstieg im Vergleich zum
Vortag von etwa 2 bis 3 Grad bedeutete. Hinter der Front kühlte es sich auf
etwa 7°C ab.
Am 29.12. um 01 Uhr lag Tiefdruckgebiet
ERICH mit einem Zentrumsdruck von etwa 974 hPa wenige Kilometer vor der Küste
Mittelnorwegens. Der Wirbel besaß eine bis nach Schottland reichende Okklusion sowie eine weitere, die sich bis zum Okklusionspunkt über Nordnorwegen erstreckte. Von dort aus
lag eine Warmfront über der russischen Halbinsel Kola, die sich bis über das
Uralgebirge erstreckte. Die sich kaum verlagernde Kaltfront besaß eine
Nord-Süd-Ausrichtung, sie befand sich über Finnland und dem Baltikum und endete
über Polen. Im finnischen Suomussalmi Pesio wurde in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ eine Niederschlagssumme
von 8 mm registriert, so auch im estnischen Pärnu.
Bis auf wenige Ausnahmen lagen die 24-stündigen Regensummen meist unter
5 mm. Der Wind ließ auch in Norwegen deutlich nach, sodass noch Sturmböen bis
86 km/h wie in Lindesnes, dem südlichsten Ort
Norwegens, gemessen, auftraten. Rückseitig der Kaltfront floss über Deutschland
erwärmte maritime Polarluft ein, die für milde Tageshöchstwerte von etwa 6°C
bis 8°C sorgte. Wie für diese Luftmasse üblich, herrschte aber in den höchsten
Mittelgebirgslagen Dauerfrost. Zeitweise setzte sich Sonnenschein durch und
sorgte für bis zu 5 Sonnenstunden vor allem in Sachsen und Thüringen.
Der Wirbel ERICH verlagerte sich bis zum
Folgetag um 01 Uhr MEZ unter Abschwächung weiter nach Nordosten, sodass er nun
über Nordnorwegen mit etwas unter 990 hPa vorzufinden war. Die Okklusion erstreckte sich vom Tiefkern bis etwas südlich
der zu Norwegen gehörenden Nordmeerinsel Jan Mayen.
Am Vortag hatte sich am Okklusionspunkt ein Teiltief
gebildet, das südlich von Nowaja Semlja lag. Die
beiden Zyklonen waren mit einer zweiten Okklusion
miteinander verbunden. Das noch junge Randtief rief Regen- und zum Teil auch
Schneefälle am nördlichen Uralgebirge hervor. Jedoch sorgte hinter den Fronten
des Teiltiefs die kräftige westliche Strömung für Erwärmung, sodass in großen
Teilen Westrusslands Ende Dezember keine Schneedecke vorzufinden war. Im
russischen Kandalaksa wurden in 24 Stunden bis um 07
Uhr noch einmal 4 mm Regen gemeldet, in Sankt Petersburg 10 mm Niederschlag im
gleichen Zeitraum. Im Bereich des Teiltiefs gingen die Niederschlagssummen
selten über 2 mm hinaus. Die milden Temperaturen machten sich auch nachts
bemerkbar. So kühlte es sich in Sankt Petersburg um 01 Uhr MEZ nicht unter 4°C
ab. Vor dem Frontensystem des Teiltiefs wurden jedoch mit einer östlichen bis
südöstlichen Strömung Luftmassen mit Temperaturen von -17°C bis -33°C
herangeführt, hinter der Front stieg die Temperatur vielerorts aber in den
positiven Bereich. Das bedeute einen starken Temperaturunterschied auf wenigen
hundert Kilometern.
Am letzten Tag des Jahres 2013 um 01 Uhr
MEZ befand Tiefdruckgebiet ERICH mit etwa 998 hPa knapp östlich des Urals über
dem Westsibirischen Tiefland. Der sich inzwischen wieder mit seinem Randtief
verbundene Wirbel besaß zwei Okklusionen. Die
westliche der beiden Mischfronten reichte über das Weiße Meer bis nach
Lappland. Die andere Okklusion verlief nach Osten
außerhalb des Darstellungsbereichs der Berliner Wetterkarte.
In der Höhe gehörten ebenfalls eine vom
Zentrum nach Südosten verlaufene Warmfront sowie eine vom Kern nach Südwesten
reichende Kaltfront zum Frontensystem des Tiefs. Im Warmsektor in der Höhe
erreichten die Temperaturen in 850 hPa, was etwa 1500 m Höhe entspricht, bis zu
0°C, was zu dieser Jahreszeit in Westsibirien nicht alltäglich ist. Hinter der
Höhenkaltfront wurden wieder deutlich negative 850-hPa-Temperaturen
herangeführt. Im Warmsektor des Tiefs wurde um 01 Uhr MEZ durch den schlechten
Austausch von bodennahen und höhergelegenen milderen
Luftmassen jedoch noch deutlich negative Temperaturen bis zu -7°C gemessen, in
Begleitung von örtlichen leichten Schneeverwehungen und leichtem Schneefall.
Hinter der Kaltfront mischte sich die kältere Luft in der Höhe auch bis zum
Boden, wobei sie sich aber so stark erwärmte, dass aus Nordwestrussland
vielerorts positive Temperaturen bis zu 2°C und Regen gemeldet wurden. Im
Bereich der Bodenokklusionen wurde um 01 Uhr MEZ
vielerorts Schneefall oder auch zum Teil gefrierender Nieselregen gemeldet.
Dieser entstand durch die warme Luftschicht in der Höhe, der die fallenden
Schneeflocken schmolz, sodass sie am noch kalten Boden gefroren. Nördlich der
Mischfronten blieb es mit einer östlichen Bodenströmung frostig kalt, sodass
schon wenige hundert Kilometer nördlich des Zentrums die Temperatur nur noch
-34°C betrug. Bis um 07 Uhr MEZ wurden in 24 Stunden im auf der russischen
Kola-Halbinsel gelegenen Teriberka 5 mm Niederschlag
gemessen. In 12 Stunden bis um 19 Uhr wurden an der
Station Pjalica am Weißen Meer noch 2 mm Niederschlag
registriert.
Bis zum Neujahrstag 2014 schwächte sich der
Tiefdruckwirbel ERICH weiter ab und zog außerhalb des Darstellungsbereichs der
Berliner Wetterkarte, sodass es dort an diesem Tag nicht mehr analysiert werden
konnte.
Geschrieben am 03.03.2014 von Dustin Böttcher
Berliner Wetterkarte: 27.12.2013
Pate: Erich Jungmann