Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ERIK
(getauft
am 29.03.2013)
Am 29.03. wurde anhand einer Prognosekarte für den folgenden Tag
die Entstehung eines Tiefdruckwirbels vorhergesagt, der gegen 12 Uhr UTC, also
14 Uhr MESZ, über Korsika liegen sollte. Dieser auf den Namen ERIK getaufte
Wirbel spaltete sich jedoch bereits in der Nacht zum 30.03. von der
Okklusionsfront einer ausgedehnten, südlich von Grönland über den Atlantik
liegenden Zyklone ab und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von 1000 hPa vor
der französischen Mittelmeerküste, südwestlich von Marseille. Vom Kern gingen
zwei Fronten aus, eine nach Südosten über dem Mittelmeer endende Warm- sowie
eine nach Westen verlaufende Kaltfront, die sich mit dem Frontensystem einer
vor Südgrönland liegenden Zyklone verband. Im Norden Italiens setzten mit der
zunehmenden Verstärkung von Tief ERIK Niederschläge ein, die vor allem im
Norden teils sehr ergiebig ausfielen und im Laufe des Nachmittages auch den
Balkan erreichten. In Genua wurden in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 37 Liter Regen
pro Quadratmeter gemessen, innerhalb von 24 Stunden kamen
bis 06 Uhr UTC in Treviso 53 Liter und bei Venedig 68 Liter je Quadratmeter
zusammen. Aus Kroatien wurden auf einen Quadratmeter Niederschlagsmengen von 35
Litern bei Zavizan und von 39 Litern in Prag
registriert. An der Nordflanke des Wirbels, beispielsweise über Österreich,
gingen die Niederschläge zumeist in Schnee über. Zum selben Termin meldete Wien
eine Schneehöhe von 4 Zentimeter, sowie eine Niederschlagsmenge von 20 Liter
pro Quadratmeter. In den zurückliegenden 24 Stunden, im Nationalpark der Hohen
Tauern, bei der Rudolfshütte, waren es sogar bis zu
40 Liter pro Quadratmeter.
Tief ERIK verlagerte sich weiter nach Osten und lag um 00 Uhr UTC
des 31.03. mit seinem Zentrum und einem Kerndruck von unter 995 hPa bei
Italien, über dem Mündungsbereich des Po. Teile der Kaltfront hatten bis dahin
die Warmfront eingeholt, sodass sich eine kleinräumige Okklusion bilden konnte.
Diese so entstandene Okklusionsfront, die eine Mischfront mit sowohl Kalt- als
auch Warmfronteigenschaften darstellt, endete südwestlich des Kerns über der
Adria. Dort befand sich auch ihr Okklusionspunkt. Als Okklusionspunkt wird die Stelle
bezeichnet, an der Kalt- und Warmfront ineinander übergehen. Von diesem Punkt
zog sich die Warmfront über Budapest nach Nordosten und ging nahe Kiew in das
Frontensystem des über dem Baltikum liegenden Tiefs DIETER über. Die Kaltfront
hingegen verlief vom Okklusionspunkt zunächst in einem Bogen über Italien nach
Westen und erstreckte sich in einer Wellenbewegung und mehrmals den
Frontencharakter wechselnd über Libyen, Algerien und Marokko auf den Atlantik
hinaus. Das Regen- und Schneefallgebiet zog mit dem Wirbel Erik unter
allgemeiner Abschwächung vom Balkan in Richtung Ukraine und Polen, wobei schwache
Ausläufer auch Deutschland erreichten. In Potsdam kamen durch leichten
Schneefall in 24 Stunden 0,1 Liter pro Quadratmeter zusammen. Trotz der
Schneefälle sank in Potsdam die Schneedecke bis 06 Uhr UTC von 10 auf 9
Zentimeter. In Magdeburg fielen 0,3 Liter und Görlitz 3 Liter je Quadratmeter.
Die Schneehöhe betrug dort 7 bzw. 6 Zentimeter. Ergiebiger fielen die
Schneefälle in Polen und Weißrussland aus. In Warschau schneite es zunächst
mäßig bis stark, in der Nacht ließ die Intensität nach und die Niederschläge
wandelten sich zunächst in gefrierenden Regen und später in Schneeregen. Im
selben Zeitraum wie in Deutschland wurde hier eine Niederschlagsmenge
von 9 Litern je Quadratmeter registriert, welche die bereits vorhandene Schneedecke
auf 18 Zentimeter erhöhte. Im weißrussischen Verhnedvinsk
sowie in Lyntupy fielen in der zweiten Tageshälfte
bis 06 Uhr UTC je 18 Liter auf einen Quadratmeter. Weiter südlich, wie über der
Ukraine wandelten sich die Niederschläge gänzlich in Regen. In Uzhhorod kamen in 24 Stunden bis zum Frühtermin 8 Liter pro
Quadratmeter zusammen. Besonders hervorzuheben ist die serbische Kleinstadt Torda, hier konnte am Abend ein kleiner Tornado beobachtend
werden, der die Stärke 1 auf der Fujita-Skala erreichte.
Mit Tief ERIK gelangte zudem ein breiter Strom subtropischer Luft aus dem
Norden Afrikas bis weit nach Osteuropa, was die Temperaturen besonders in der
südöstlichen Ukraine teils drastisch ansteigen ließ. Wurden in Kiew Höchstwerte
von 5°C gemessen, stieg das Thermometer und in Krivoy
Rog, welches sich direkt im Warmluftsektor zwischen
Warm- und Kaltfront befand, auf bis zu 20,3°C. Mit 27°C herrschte in Simferopol ein Sommertag, an dem die Höchsttemperatur
mindestens 25°C beträgt. Nur zwei Tage zuvor lagen die Temperaturen bei gerade
einmal 3°C und nachts kam es sogar zu leichtem Bodenfrost.
Am 01.04. lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels ERIK bereits über
Polen, etwa 150 Kilometer östlich von Warschau. Vom Kern, dessen Druck bis
dahin um 5 hPa gestiegen war, reichte eine südlich an Minsk und Moskau vorbei und
nahe Nischni Nowgorod in die Okklusionsfront des Tiefs DIETER übergehende Warm-
sowie zwei Kaltfronten. Die erste Kaltfront zog sich über Bukarest und das
Mittelmeer nach Süden bis weit nach Ägypten, die zweite Kaltfront verlief an
Budapest vorbei nach Südwesten und endete bei Venedig. Das Niederschlagsgebiet
zog im Verlauf mit dem Tiefdruckwirbel weiter nach Osten, größere
Niederschlagsmengen kamen in vielen Regionen jedoch nicht mehr zusammen. Riga meldete
bis 06 Uhr UTC einen 24-stündigen Niederschlag von 1,3 Litern,
Wilna 2,6 Litern und St. Petersburg 5,5 Litern pro Quadratmeter. In der
russischen Hauptstadt fielen sogar bis zu 14 Liter auf einen Quadratmeter.
Teile der Ukraine sowie einige Anrainerstaaten befanden sich weiter im
Warmluftsektor, sodass die Temperaturen nochmals auf Werte um 20°C stiegen. Aus
der moldawischen Hauptstadt Kischinau wurden bis zu
22°C gemeldet, ebenso wie aus Sinferopol.
Spitzenreiter war die ostukrainische Stadt Isjum mit
26,1°C.
Gegen 00 Uhr UTC des 02.04. befand sich der Kern des
Tiefdruckgebietes ERIK mit einem Druck von etwas unter 1005 hPa und einem
verzweigten Frontensystem östlich von St. Petersburg. Eine Okklusionsfront ging
südwestlich des Kerns aus und reichte bis westlich von Wilna. Vom Kern
ausgehend erstreckten sich weiterhin diverse Kalt- und Warmfronten nach Osten
und Süden. Dadurch wurden weite Teile Russlands, Weißrusslands, Rumäniens und
sogar Bereiche des Schwarzen Meeres beeinflusst. Der Zustrom warmer Luftmassen
schwächte sich nachfolgend ab sodass die Temperaturwerte wieder etwas sanken.
In Kischinau stieg das Thermometer auf 15°C und in Sinferopol auf 14°C. Das Regen- und Schneefallgebiet zog im
Laufe des Tages aus dem Baltikum und dem zentralrussischen Raum nach Nordosten
ab in Richtung Ural. Durch zumeist mäßigen Schneefall kamen in Petschora in 12
Stunden bis 03 Uhr UTC 4 Liter pro Quadratmeter zusammen.
Zum 03.04. erreichte Tief ERIK auf seiner Zugbahn nach Nordosten
das Polarmeer. Mit einem auf 1000 hPa gefallenen Druck lag das Zentrum über der
Kanin Halbinsel, 500 Kilometer nordöstlich von Archangelsk in Nordrussland.
Eine östlich des Kerns ausgehende Okklusionsfront hatte ihren Okklusionspunkt
nahe der Kleinstadt Ust-Zilna, von wo sich die
Warmfront nach Süden bis Miass, und die Kaltfront nach
Südwesten bis etwa Nischni Nowogrod, südöstlich von
Moskau erstreckte. Dort verband sich die Kaltfront mit der Warmfront des über
dem Balken liegenden Wirbels FERY. Die Niederschläge, die im Laufe des Tages
fast gänzlich in Schnee übergingen und sich zunehmend abschwächten, verlagerten
sich über das Uralgebirge hinweg nach Sibiriern, sowie über das Polarmeer.
Verglichen mit den vorangegangenen Tagen blieb das Zentrum der
Zyklone ERIK in den vergangenen 24 Stunden fast stationär. Der Kern lag
gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von weiterhin 1000 hPa über Nowaja Semlja, einer russischen Doppelinsel im
Nordpolarmeer. Eine Okklusionsfront verband dieses Zentrum mit einem zweiten
Kern, das mit einem Druck von 1005 hPa östlich des Uralgebirges lag. Vom
zweiten Zentrum verlief die Okklusionsfront wenige Hundert Kilometer weiter
nach Südosten bis zu ihrem Okklusionspunkt, von dem sich die Warmfront den
Analysebereich der Berliner Wetterkarte verlassend nach Süden, und die
Kaltfront über Tobolsk nach Südwesten zog und südlich
von Perm in das Frontensystem des Wirbels FERY überging.
Sich langsam abschwächend lagen beide Kerne des Wirbels ERIK mit
einem Druck von je 1010 hPa am 05.04. um 00 Uhr UTC über dem Nordpolarmeer. Der erste, ursprüngliche Kern, welcher erneut
durch eine Okklusionsfront mit dem zweiten Kern verbunden war, lag grob auf
einer Schnittlinie von Murmansk mit der grönländischen Siedlung Ittoqqortoormiit (Scoresbysund).
Der zweite Kern lag über Nowaja Semlja. Zunächst nach
Osten verlaufend beschrieb die Okklusionsfront vom zweiten Kern einen engen
Bogen um Workuta nach Westen und endete, im Verlauf Kaltfrontcharakter
annehmend, bei Oslo. In den vergangenen 48 Stunden zog zum einen das
Schneefallgebiet unter Auflösung aus dem von der Berliner Wetterkarte erfassten
Bereich nach Osten ab und zum anderen verlagerten sich die über dem
Nordpolarmeer befindlichen Niederschläge nach Süden in Richtung Norwegen. Die
Schneemengen fielen im norwegischen Raum jedoch meist sehr gering aus, in Bardufoss wurde in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC eine
Wassermenge von 0,4 Liter, in Tromsö von 0,5 Liter
und auf Bjornoya, einer Insel im Nordmeer 2,1 Liter
pro Quadratmeter registriert.
Der 06.04. war zugleich der letzte Tag an dem der Tiefdruckwirbel
ERIK auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnete war. Mit einem
um 5 hPa gefallenem Druck, aber wieder nur noch einem Kern verblieb Tief ERIK
über dem Nordpolarmeer, westlich von Nowaja Semlja.
Eine Okklusion mit Kaltfrontcharakter reichte vom Zentrum über Nordnorwegen bis
zur Inselgruppe Jan Mayen. Weiterhin erstreckte sich in südöstlicher Richtung
eine Warmfront, die den Analysebereich nach Osten verließ. Im Laufe des Tages
schwächte sich der Wirbel ERIK soweit
ab, dass er auf der Berliner Wetterkarte für den 07.04. nicht mehr analysiert werden
konnte.
Geschrieben von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 02.04.2013
Pate: Erik Asselberghs (www.poobies.de)