Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ERINA
(getauft am 27.08.2010)
Am 27.08.2010 entstand über dem Nordostatlantik vor der Küste Mittelnorwegens ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen ERINA
getauft wurde.
Bis zum Folgetag
blieb das Tief ERINA stationär und verlagerte sich bis zum 29.08.2010 vor die
Nordostküste Schottlands. An diesem Tag und in der Nacht zum 30.08.2010 vertiefte
sich der inzwischen über Norddeutschland gelegene Wirbel erheblich, als die
hoch reichende polare Kaltluft mit Temperaturwerten um -27°C in 5500 m Höhe die
Nordsee erreichte, deren Wassertemperatur bei 16 bis 17°C lag. Bei einer Temperaturdifferenz
zwischen Meeresoberfläche und der 500 hPa-Fläche von
mehr als 40 K führt diese Temperaturabnahme zu starkem Aufsteigen der Luft und zur
Bildung von kompakten Niederschlagswolken. Die höchsten Niederschlagsmengen gab
es auf den Nordseeinseln. So meldete am Morgen die Station Norderney mit 41,5 mm
in 24 Stunden den höchsten Wert in Deutschland, gefolgt von Göhren auf Rügen mit
38,1 mm und Borkum mit 35,2 mm. Ein weiterer Niederschlagsschwerpunkt lag im
Rheinland, wo in Köln-Stammheim 36,0 mm und in Kleve 31,9 mm gemessen wurde. In
Berlin dagegen waren die Regenmengen recht unterschiedlich. So gab es in
Schönefeld lediglich 10,6 und in Tegel 11,9 mm, in Tempelhof 14,8 und in Dahlem
22,9 mm, was den Schauercharakter der Niederschläge
bestätigt.
Das Höhentief sowie
das zugehörige Bodentief ERINA zogen bis zum 31.08.2010 rasch zur nördlichen Balkan-Halbinsel. Der größte Teil Europas lag an diesem Tag
im Bereich eines breiten Höhentroges, der das Nordmeer, Skandinavien, Mittel-
und Osteuropa überdeckte. In seinem Bereich blieb es allgemein sehr kühl, zumal
ein großer Teil dieses Troges mit Arktikluft angefüllt war. Dabei lagen in den
meisten Gebieten Deutschlands die Minima unter 10°C, zum Teil bei nur 7°C. In
Nordeuropa gab es, wie auch am Vortag, in Nordnorwegen an der Station Kustef Jelbma Frost mit -2,9°C,
auf Kola meldete die Station Lovozero -5,3°C. In
Deutschland hörten fast überall die zum Teil länger anhaltenden Niederschläge
auf. Im Norden Deutschlands war es am Vormittag im Bereich der Absinkzone der
nach Osten gezogenen Zyklone ERINA verbreitet
sogar heiter. Allerdings bildeten sich im Stromfeld von der Nordsee und auch
von der Ostsee am Mittag über Nordwestdeutschland sowie an der Oder Schauer,
die aber zunächst nur wenig Niederschlag brachten. So gab es auf Helgoland am
Vormittag 5 mm, in Bremerhaven 2 mm Regen. In Odernähe
meldete lediglich die Station Lindenberg 2 mm. Bei zeitweiligem Sonnenschein
stieg die Temperatur in der eingeflossenen Luft arktischen Ursprungs immerhin
auf 16 bis 18°C.
Das über Rumänien
gelegene Tief ERINA begann in der Nacht zum 01.09.2010 zu okkludieren, also
eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften auszubilden. Diese
Okklusionsfront erstreckte sich halbkreisförmig von Nordwestrumänien nordwärts
bis zur Westukraine. Dort teilte sie sich in eine Warmfront, die bis in die
Region Wolgograd im Osten reichte und eine über den Westteil des Schwarzen
Meeres nach Süden verlaufende Kaltfront. Aufgleitvorgänge
an der Westflanke des Wirbels ERINA sorgten für
andauernde Regenfälle im östlichen Polen. Dabei fielen 24-stündig in Warschau
36 mm, in Lublin 41 mm und in Bialystok sogar 57 mm. Auf seiner Vorderseite
strömte über Russland erneut ein Schwall kontinentaler Tropikluft nordwärts, in
der die Maxima bis zu 40°C im südlichen Russland erreichten. Dagegen wurde an
seiner Nord- und Westflanke kühle Meeresluft südwärts gelenkt. In Moskau lag so
das Maximum nur bei 10°C. Auch in den Dauerregengebieten Polens und
Weißrusslands blieb es außerordentlich kühl mit maximal 10 bis 12°C.
Das Bodentief ERINA
erreichte am Morgen des 02.09.2010 die nördliche Ukraine und führte auf seiner
Ostflanke etwa im Gebiet der Wolga extrem warme Luft nordwärts, in der die
Temperatur in Wolgograd auf 39°C anstieg. Vor allem im Bereich der Okklusion setzten
sich die Dauerregenfälle fort und verlagerten sich nach Weißrussland und ins
Baltikum. Dabei fielen z.B. in Litauen in Daugavpils 32 mm, in Aluksene 38
mm innerhalb von 12 Stunden und in Voru in Estland
sogar 50 mm innerhalb von 24 Stunden. Zudem blieb es in diesen Gebieten
weiterhin extrem kühl mit Höchstwerten von 8 bis 10°C.
Der am 03.09.2010 200
km südlich von St. Petersburg gelegene Tiefdruckwirbel ERINA zog weiter
nordwärts und war Folgetag mit seinem Zentrum östlich des Weißen Meeres
angelangt. Auf seiner Südseite wurde die heiße Luft tropischen Ursprungs über
dem Südosten Russlands nach Osten abgedrängt, sodass in Wolgograd die Temperatur
nur noch bis 27°C stieg.
Bis zum 05.09.2010 verlagerte
sich das inzwischen vollständig okkludierte Tief ERINA bis zur Westküste der
nordrussischen Halbinsel Jamal. Der Kerndruck betrug
zu diesem Zeitpunkt wenig unter 990 hPa und war der niedrigste in der Lebenszeit
des Wirbels.
In den folgenden 24
stunden zog das Tief ERINA unter Abschwächung weiter bis zur Ostküste der
Halbinsel.
Im Folgenden löste
sich die Zyklone ERINA rasch auf und verschwand am 07.09.2010 von der Berliner
Wetterkarte.
Geschrieben am 19.09.2010 von Jasmin Krummel
Wetterkarte: 30.08.2010
Pate: anonym