Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  ERKUT

(getauft am 04.10.2003)

 

 

Am 04.10. entstand über Norditalien infolge eines hochreichenden Kaltluftvorstoßes ins westliche Mittelmeer ein Randtief, welches den Namen ERKUT erhielt.

ERKUT´s wetterbestimmendes Wesen wurde sofort deutlich: So löste er an der französischen Riviera einen heftigen Mistral aus, der am Cap Cepet in Böen 64 kn, also Windstärke 12 Bft erreichte. Hebungsvorgänge an der Nordseite des Tiefdruckwirbels ließen eine ausgedehnte Niederschlagszone entstehen, die besonders den Alpen und Slowenien ergiebigen Regen, in höheren Lagen auch Schnee brachte: So fiel in Ljubliana innerhalb von 24 Stunden 65 Liter Regen pro Quadratmeter. In den Alpen wurden häufig Mengen von mehr als 20, örtlich auch mehr als 30 Liter Niederschlag pro Quadratmeter registriert (Vaduz 21, Salzburg 33 Liter innerhalb von 24 Stunden). Im deutschen Alpenvorland gab es ähnlich hohe Mengen (München/Flughafen 31 Liter).

Am Alpennordrand sank die Schneefallgrenze bis fast 1500m, und so meldete die in 1832m Höhe gelegene Wetterstation auf dem Wendelstein am Morgen des 5.10. eine 7cm hohe Neuschneedecke. Auf der Zugspitze erhöhte sich die Schneedecke sogar um 20cm. Im Laufe des Vormittags breitete sich das Niederschlagsgebiet von Bayern weiter bis nach Sachsen und Thüringen aus.

Am 5.10. entstand aus dem Tief ERKUT eine Tiefdruckkette bestehend aus ERKUT I und ERKUT II. An der Ostseite dieser hochreichenden Tiefdruckwirbel verblieb der Osten Europas in einer milden Südströmung, in der selbst in der Nähe des Onegasees die Temperatur bis 17,5°C (Pudosch) stieg. Währenddessen steigerte sich die Hitze im Mittelmeerraum weiter, so dass sich die gemessenen Höchstwerte den absoluten Höchstwerten für den Monat Oktober näherten: So wurde im tunesischen Medenine 39,2°C erreicht. Griechenland meldete Spitzenwerte von 33,4°C in Heraklion und 35,0°C in Larissa.

Im Bereich der nach Nordosten gezogenen Tiefdruckzone ERKUT I dauerte der intensive Niederschlag an, wobei die höchsten Mengen im ehemaligen Yugoslawien gemessen wurden: so fiel in Parg (Slowenien) innerhalb von 24 Stunden 82, in Kolasin (Montenegro) im selben Zeitraum sogar 168 Liter Regen pro Quadratmeter. Dort traten auch Gewitter auf.

In Mitteleuropa waren die Alpen und deren Randgebiete sowie die östlichen Länder betroffen: Polen meldete auf einem breiten Streifen mehr als 30 Liter Regen pro Quadratmeter. In Deutschland fiel der meiste Regen im Alpenvorland (72 Liter in Sonthofen). Im Gebirge dauerte der heftige Schneefall an, so dass sich die Schneedecke auf der Zugspitze bis zum Morgen des 6.10. um 35cm erhöhte. Im Norden Deutschlands schien dagegen die Sonne mehr oder weniger, die Schauerneigung blieb gering.  Lediglich über Berlin entstanden am Abend des 5.10. überraschend kräftige Schauer, die bis zu 5 Liter Regen pro Quadratmeter brachten.

In der Nacht zum 7.10. entwickelte sich aus ERKUT II ein kräftiges Sturmtief, welches am Morgen südlich von Moskau lag und einen Kerndruck von 983 hPa aufwies. Zeitweise fiel der Luftdruck mit über 8hPa innerhalb von 3 Stunden. Entsprechend heftig waren die daran gekoppelten Niederschläge, so fielen beispielsweise in Trabzersk südwestlich von Moskau innerhalb von 12 Stunden 68 Liter pro Quadratmeter.

Bis zum folgenden Tag zog ERKUT unter Verstärkung weiter nordwärts und war am 8.10. nördlich des Ladoga-Sees angelangt. In seinem unmittelbaren Zentralbereich kam es infolge großräumiger Hebungen der mitgeführten Warmluft zu länger andauerndem und ergiebigem Regen. Auf der Südostseite des Wirbels gelangte die sehr warme Luft subtropischen Ursprungs noch in den Süden Russlands, kühlte sich aber bei weiterem Vordringen ab. So stieg die Temperatur am 7.10. nördlich des Schwarzen Meeres noch örtlich bis 28°C, jedoch im Gebiet östlich von Moskau blieb sie unter 20°C.

In den folgenden Tagen verlagerte sich ERKUT unter Abschwächung weiter nach Norden bis er schließlich am 11.10. so schwach war, dass er namentlich auf der Karte nicht mehr verzeichnet war.

 


Geschrieben am 19.10.2003 von Mandy Müller

Wetterkarte: 05.10.2003

Pate: Hannelore Uyguner