Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ERNST

(getauft am 04.08.2013)

 

Anfang August bildete sich entlang einer Front über dem östlichen Atlantik ein Tiefdruckgebiet aus. Da es für das Wetter in Europa von Bedeutung sein sollte, wurde es am 04.08.2013 auf den Namen ERNST getauft. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Tief südwestlich von Irland etwa auf gleichem Breitengrad wie Cornwall. Bei einem Kerndruck von etwas unter 1015 hPa wies die Zyklone ERNST eine Okklusionsfront auf, die vom Kern ausgehend in nordwestlicher Richtung verlief und sich mit einer Okklusionsfront eines über dem kanadischen Festland liegenden Tiefs verband. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, die Eigenschaften einer Warm- als auch einer Kaltfront in sich vereint. In der Nähe des Kerns befand sich zudem der Okklusionspunkt, wo sich die okkludierte Front in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Von diesem Punkt verlief die Warmfront des Tiefs ERNST in südlicher Richtung, während sich die Kaltfront in südwestlicher Richtung erstreckte und in der Nähe der Azoren mit dem Frontensystem eines nachfolgenden Tiefs verband.

Bis zum 05.08. erreichte der Wirbel ERNST Großbritannien und befand sich mit seinem Kern über der Keltischen See. Der Kerndruck war auf unter 1010 hPa gesunken und das Frontensystem bestand nun nur noch aus einer sehr kurzen Warmfront, die sich bei Dublin mit der Kaltfront eines vorlaufenden Tiefs verband, sowie einer Kaltfront, die in einem weiten Bogen über den Atlantik reichte und in der Nähe der Azoreninsel Treceira in die Warmfront eines Tiefs über dem Atlantik überging. Das Tiefdruckgebiet ERNST brachte an diesem Tag in Großbritannien und Irland viele Wolken mit sich, in Dublin war es außerdem den ganzen Tag über neblig. Weiterhin wurden über den ganzen Tag verteilt leichte Niederschläge gemeldet. In London fielen im gleichen Zeitraum bis 06 Uhr UTC, was 08 Uhr MESZ entspricht, des Folgetages 12 l/m².

Der Höhenströmung folgend befand sich der Kern der Zyklone ERNST am 06.08. zentral über der Nordsee. Bei unverändertem Kerndruck hatte sich eine Höhenokklusion ausgebildet, die westlich des Kerns in südliche Richtung verlief. Der Okklusionspunkt befand sich nördlich des Kerns, von dort verlief in nordöstlicher Richtung die Warmfront der Zyklone ERNST bis über die Region der norwegische Stadt Namsos, während die Kaltfront östlich des Kerns nach Süden verlief und über Bremen, Karlsruhe, Freiburg sowie Genf reichte, wo sie in die Warmfront des Tiefs FRANZ überging. Der Wirbel ERNST sorgte weiterhin für Niederschläge. Außerdem gab es auch einige ausgeprägte Gewitterzellen von der Nordsee bis zu den Alpen. Eine Zelle zog über den Norden Berlins hinweg, in Berlin-Frohnau wurden neben einem heftigen Regenschauer, der 9 l/m² in 10 Minuten brachte, auch Hagel gemeldet. Dieser wies sogar einen Durchmesser von 1 bis 1,5 cm auf. Die am stärksten ausgeprägten Niederschläge Deutschlands fielen mit 52,4 l/m² in Wittenberg und auf dem Fichtelberg mit 54,9 l/m² in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC.  Sich weiter nordostwärts verlagernd befand sich das Tief ERNST am 07.08. östlich von Trondheim über der norwegisch-schwedischen Grenze. Bei weiterhin unverändertem Kerndruck verlief die Okklusionsfront vom Kern nach Süden, östlich an Oslo vorbei über den Skagerrak bis zur Nordwestküste Dänemarks. Die Warmfront verlief entlang der norwegischen Küste nach Norden, wo sie an der nördlichsten Küste Norwegens in ein anderes Frontensystem überging. Die Kaltfront wiederum reichte vorbei an Stockholm südwärts bis nach Berlin und sorgte dort in den Morgenstunden nochmals für kräftige Niederschläge, die sich auf 30,3 l/m² summierten. Bei seiner Verlagerung in nördlicher Richtung überquerte das Tief ERNST auch Tallinn, dort brachte es bis um 06 Uhr UTC des Folgetages 7 l/m² Niederschlag.

Bis zum 08.08. hatte sich die Zyklone ERNST bis über die südliche Barentssee vor der norwegischen Küste verlagert.  Der Kerndruck belief sich weiterhin auf rund 1010 hPa. Die Fronten bestanden aus einer nordwärts verlaufenden Okklusionsfront, die in die Okklusion eines über dem nördlichsten Landpunkt Eurasiens liegenden Tiefs überging. Die Warmfront reichte in südöstlicher Richtung vorbei an Murmansk und dem Weißen Meer, die Kaltfront hingegen verlief nach Süden und ging bei Kalmar in die Warmfront des Tiefs FRANZ über. Des Weiteren spaltete sich von dieser Kaltfront nahe Helsinkis eine weitere Warmfront ab, die über Riga und Wilna bis zur Ukraine reichte. Dies brachte eine Intensivierung der Niederschläge in Tallinn mit sich, von 7 l/m² am Vortag stieg die Summe des gemessenen Niederschlages in 24 Stunden auf 39 l/m² an. Das Tiefdruckgebiet ERNST hatte am 09.08. die östliche Barentssee bei Nowaja Semlja erreicht. Der Kerndruck war auf unter 1000 hPa gefallen und das Frontensystem fast vollständig okkludiert. Das Tief ERNST wies eine nach Norden reichende Okklusion auf, während sich eine zweite ein wenig südlich des Kerns nach Westen abspaltete und südlich von Spitzbergen in Richtung Jan Mayen verlief. Eine weitere vom Kern ausgehende Okklusion spaltete sich über der Weißen See in eine bis zur Wolga reichende Warmfront und eine in das Frontensystem des Tiefs FRANZ übergehende Kaltfront auf. Bevor das Tief ERNST den Analysebereich der Berliner Wetterkarte am 10.08. verlassen hatte, brachte es auf Spitzbergen noch einmal Niederschläge von 0,2 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC.

 


Geschrieben am 06.10.2013 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte : 06.08.2013

Pate: Ernst Schwanhold