Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet EUGEN

(getauft am 10.01.2019)

 

Am 07.01.2019 entwickelte sich vor der Ostküste Kanadas ein Tiefdruckgebiet aus einer schwachen Wellenstörung. In den nächsten Tagen stagnierte diese Zyklone über dem Nordatlantik, bevor sie sich am 10.01.2019 nach Nordosten fortbewegte. So sollte sie sich auch in den folgenden Tagen weiter nach Osten verlagern und das Wettergeschehen in Europa beeinflussen. Aufgrund dessen wurde das Tiefdruckgebiet in der Vorhersage für den 11.01.2019 auf den Namen EUGEN getauft. Es besaß am 10.01.2019 um 01 Uhr MEZ einen Kerndruck von unter 990 hPa und hatte bereits ein komplexes Frontensystem ausgebildet, welches aus einer Okklusionsfront und einer Warm- und Kaltfront bestand. Bei einer Okklusion handelt es sich um einen Vorgang, bei dem eine Mischfront bzw. Okklusionsfront durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider in sich vereint. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenzen zwischen unterschiedlich temperierten Luftmassen. Die Okklusionsfront war nur schwach ausgeprägt und spaltete sich nordöstlich vom Tiefdruckzentrum am Okklusionspunkt in die Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront verlief nach Nordosten und mündete in die Kaltfront des Tiefs DONALD mit Kern östlich von Grönland. Die Kaltfront war nach Süden gerichtet und endete über dem zentralen Atlantik.

24 Stunden später lag das Tief EUGEN östlich der Südspitze Grönlands. Dabei war der Kerndruck auf gut 1000 hPa angestiegen. Die kurze Okklusionsfront spaltete sich westlich von Island in eine Warmfront, die die Südküste Islands überquerte und über der Nordsee in die Kaltfront von Tief DONALD endete, sowie eine Kaltfront, die sich nach Süden über den Atlantischen Ozean erstreckte. Die Kaltfront erreichte am Abend die Britischen Inseln und sorgte dort für Regenfälle. Die höchsten Niederschlagsmengen wurden mit 11,2 l/m² auf den Shetland-Inseln gemessen. Außerdem frischte der Wind auf und erreichte auf dem exponierten Cairn Gorm in der Nacht zum 12.01.2019 bis zu 150 km/h. Aber auch auf dem Aonach Mòr wehte der Westwind mit bis zu 126 km/h.

Bis zum 12.01.2019 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich das Tief EUGEN mit knapp 1000 hPa bis über den Osten Islands. Der Okklusionspunkt lag nun südöstlich des Tiefzentrums nördlich von Schottland. Von dort zweigte die Warmfront nach Südosten ab und ging etwa über Schleswig-Holstein in die Kaltfront der Zyklone DONALD über. Die Kaltfront des Wirbels EUGEN hatte bereits vollständig den Charakter einer Okklusion angenommen und erstreckte sich nach Südwesten über Schottland und Irland. Die Niederschlagsmengen waren vor allem im Alpenraum und in Deutschland ausgeprägt. Im Hochgebirge gab es zum Teil sehr große Neuschneemengen, wodurch sich die ohnehin kritische Lawinengefahrstufe 4 (groß) noch weiter verschärfte. In fünf Landkreisen Bayerns musste aufgrund des Neuschnees der Katastrophenalarm ausgerufen werden. Im Berchtesgadener Land beispielsweise fielen in Ramsau-Schwarzeck 29 cm Neuschnee. Der meiste Niederschlag wurde mit 103 l/m² 24-stündig bis 07 Uhr MEZ des Folgetages auf dem 2300 Meter hohen Lauberhorn gemessen. An der Galzigbahn in Vorarlberg erhöhte sich die Schneehöhe von 196 cm am Morgen des 12.01.2019 auf 225 cm am nächsten Tag. Dazu wehte besonders in den Hohen Tauern starker Wind mit orkanartigen Böen am Vormittag. Auf der Station Hoher Sonnblick in der Nähe des Großglockners erreichte der Wind 119 km/h. Ansonsten regnete es stark entlang des Rheingraben in Baden-Württemberg. In Freudenstadt-Kniebis wurde der deutschlandweite Höchstwert von 53 l/m² in 24 Stunden gemessen.

Während dieses Tages bewegte sich Wirbel EUGEN mit beachtlicher Geschwindigkeit nach Südosten und befand sich am Morgen des 13.01.2019 über der Ostsee. Dabei hatte er sich nochmals auf 995 hPa verstärkt. Am Rande des Tiefdruckkomplexes DONALD ließ die Sogwirkung des Wirbels jedoch immer weiter nach. Zudem war die Zyklone EUGEN mittlerweile vollständig okkludiert, womit das Endstadium eines Tiefdruckgebietes erreicht war. Die Okklusion erstreckte sich in einem konvexen Bogen vom Tiefzentrum aus über Warschau bis über Wien. Durch die fortschreitende Auflösung des Wirbels kam es kaum mehr zu signifikanten Wettererscheinungen. Beispielsweise wurden in der westukrainischen Stadt Uschhorod 7 l/m² Regen in 24 Stunden bis 19 Uhr MEZ registriert. In Westrussland wurden ebenfalls verbreitet 1 bis 2 l/m² Niederschlag verzeichnet. Im Laufe des Tages löste sich das Tiefdruckzentrum EUGEN auf und konnte am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.