Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
EVA
(getauft
am 14.12.2020)
Am 14. Dezember 2020 wurde ein
Tiefdruckgebiet von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für den Folgetag
vor der Ostküste Nordamerikas auf den Namen EVA getauft. Es sollte sich südlich
bis südöstlich der zu Kanada gehörenden Insel Neufundland bilden.
Die Analyse vom 15. Dezember zeigt,
dass das Tiefdruckgebiet EVA letztlich weiter westlich entstand, nämlich
südlich der kanadischen Halbinsel Nova Scotia und östlich der Neuenglandstaaten
der USA. Verantwortlich für die Entwicklung des Tiefs EVA war, dass der
Jetstream, also die kräftige westliche Höhenströmung, über dem Nordwesten des
Atlantiks verwellte, wodurch in höheren Luftschichten über der Position des
Bodentiefs EVA kalte Luft nach Süden transportiert wurde, während die Luft
weiter östlich und westlich jeweils verhältnismäßig hoch temperiert war. Der
Kerndruck des Wirbels EVA lag bei unter 1000 hPa. In etwa östlicher Richtung
zog sich eine Warmfront bis ungefähr 800 km südöstlich von Neufundland zu einem
Punkt, der südlich der Südspitze Grönlands und westlich der Nordwestspitze der
Iberischen Halbinsel lag und an dem die Warmfront in eine Kaltfront überging,
die zum Tief DUGLORE nordnordwestlich der zu Portugal gehörenden Inselgruppe
der Azoren führte. Vom Zentrum der Zyklone EVA ging in westlicher bis
südwestlicher Richtung eine Kaltfront aus, die zwischen der Ostküste der USA
und Bermuda über den von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Kartenbereich
hinausreichte. Bis zum Mittag (Ortszeit) gab es den meisten Niederschlag in der
vom Tiefdruckgebiet EVA direkt beeinflussten Region an Land an der
Wetterstation des Flughafens St. John’s im Südosten von Neufundland, wo in 6
Stunden 23,2 l/m² zusammenkamen. Dessen schauerartiger Charakter mit relativ
großen Unterschieden bei der Intensität auf verhältnismäßig kleinem Raum wird
deutlich, wenn man dies mit der Messung der nahegelegenen Wetterstation St.
John’s West Climate vergleicht, wo im gleichen Zeitraum 16,7 l/m² fielen. Auf
der Rückseite des Tiefdruckgebietes EVA gab es zunehmend in Schnee übergehenden
Niederschlag, und auch Gewitter wurden stellenweise beobachtet.
Bis zum Morgen des Folgetages hatte
sich das Tief EVA deutlich auf einen Kerndruck von unter 960 hPa verstärkt und
befand sich nun östlich von Neufundland und südlich der Südspitze Grönlands.
Vom Zentrum der Zyklone EVA beschrieb eine Okklusionsfront, also eine
Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, einen Bogen in östliche bis
südliche Richtung bis zum Okklusionspunkt, der sich etwa zwischen den Azoren
und Neufundland, etwas näher an der letztgenannten Insel, befand. Am
Okklusionspunkt trafen sich eine Warmfront und eine Kaltfront, die sich wie bei
einem Reißverschluss zusammenzogen. Die Warmfront führte nach Südosten, um
südlich der Azoren in die Kaltfront des südwestlich von Irland liegenden Tiefs
DUGLORE überzugehen. Die vom Okklusionspunkt des Tiefdruckgebietes EVA ausgehende
Kaltfront reichte in südwestlicher bis westlicher Richtung und südöstlich von
Bermuda über den Rand der von der Berliner Wetterkarte abgedeckten Fläche
hinaus. Durch den starken Luftdruckgradienten nördlich des Wirbels EVA kam es
in Prins Christian Sund nahe der Südspitze Grönlands zu Orkanböen aus Nordost
bis 163 km/h bei einer Temperatur knapp unter dem Gefrierpunkt. Dagegen kam die
Wetterstation Angra auf der Azoreninsel Terceira dank des hinter der Warmfront
des Tiefdruckgebietes EVA aufgespannten Warmsektors auf eine frühlingshaft
anmutende Höchsttemperatur von 19,5°C.
Am Morgen des 17. Dezember lag das
Zentrum des Tiefs EVA mit einem ähnlichen Kerndruck wie am Vortag etwa 600 km
weiter ostnordöstlich im Vergleich zur Position 24 Stunden zuvor. Nun ging vom
Kern des Wirbels EVA eine Okklusionsfront aus, die einen Bogen im Uhrzeigersinn
mit etwa 500 km Abstand zur Ostküste Kanadas und ungefähr 150 km Entfernung zur
Südspitze Grönlands beschrieb, der mehr als 360° entsprach. Gut zu erkennen ist
dies auch an den Wolkenformationen im Satellitenbild von METEOSAT auf Seite 6
der Berliner Wetterkarte im nordwestlichen Kartenausschnitt. Nach ihrem Weg in
südöstlicher Richtung endete die Okklusionsfront etwa 700 km westsüdwestlich
von Irland am Okklusionspunkt, wo eine in südöstlicher bis südlicher Richtung
bis zu einem Punkt auf halbem Wege zwischen den Azoren und dem portugiesischen
Festland verlaufende Warmfront auf eine Kaltfront traf. Letztere führte in
südlicher bis westlicher Richtung in etwa 500 km nordwestlich an den Azoren
vorbei und verließ ostsüdöstlich von Bermuda den von der Berliner Wetterkarte
abgedeckten Bereich. Bis zum Abend brachte die Kaltfront des Tiefdruckgebietes
EVA im Westen der Azoren gelegentlichen Regen, der sich in 12 Stunden am
Flughafen Pico auf 5 l/m² und auf den Inseln Horta und Flores jeweils auf bis
zu 4 l/m² summierte, während in diesem Zeitraum auf den östlichen Azoreninseln
São Miguel und Santa Maria kein Niederschlag registriert wurde. In den
folgenden 12 Stunden bis zum Morgen des Folgetages fielen in Ponta Delgada auf
São Miguel 2 l/m² und auf Santa Maria 0,5 l/m² Niederschlag. Auf Flores kamen 2
l/m² zusammen. Nachdem das Tiefdruckgebiet DUGLORE auf den Britischen Inseln am
17. Dezember zunächst Regen brachte, kamen im Tagesverlauf die Regengebiete des
Tiefs EVA dort an, sodass sich zumindest für den 12-stündigen Niederschlag bis
zum Morgen des 18. Dezember im Wesentlichen ein Zusammenhang mit dem
Tiefdruckgebiet EVA erkennen lässt. Die Wetterstation Eskaldemuir in Schottland
kam auf 30 l/m², Whitechurch in Wales verzeichnete 28 l/m² und in Shap im
englischen Cumbria fielen 21 l/m². Aus dem südostirischen Johnstown Castle
wurden 13 l/m² gemeldet.
Nun hatte sich das Tiefdruckgebiet
EVA in zwei Teiltiefs aufgeteilt. EVA I lag etwa 800 km weiter östlich, als das
Tief EVA am Vortag gelegen hatte, und befand sich nun ungefähr 1000 km westlich
von Irland. Eine vom Zentrum des Teiltiefs EVA I ausgehende Okklusionsfront
beschrieb einen halbkreisförmigen Bogen zunächst in nordöstlicher, dann
südöstlicher und schließlich südwestlicher Richtung, bevor sie etwa 600 km
nördlich der Azoren endete. Eine weitere Okklusionsfront führte vom Kern des
Teiltiefs EVA I zunächst nach Süden bis Westen und endete nach einem Verlauf
mehr in nordwestliche Richtung ungefähr 1000 km östlich von Neufundland. Das
Teiltief EVA II lag mit einem Kerndruck von unter 985 hPa nordöstlich des
Teiltiefs EVA I etwa gleich weit westnordwestlich von Schottland und
südsüdöstlich von Island entfernt. Vom Zentrum des Teiltiefs EVA II ging zum
einen eine Okklusionsfront aus, die erst nach Osten und im Verlauf mehr nach
Süden bis zum Okklusionspunkt über dem Südwesten Schottlands führte. Dort traf
eine über den Westen Großbritanniens und den Nordwesten Frankreichs bis zur
Biskaya reichende Warmfront auf eine Kaltfront, die über die Irische See bis in
den Südosten Irlands zu verfolgen war, wo sie in eine Warmfront des südwestlich
von Irland liegenden Tiefs FERNANDA überging. Zum anderen reichte eine weitere
Okklusionsfront, die vom Teiltief EVA II ausging, nach Westen bis Südwesten bis
etwa 400 km südwestlich von Island. Die Teiltiefs EVA I und EVA II brachten mit
ihren Fronten besonders auf den Britischen Inseln zeitweiligen Niederschlag,
der meist als Regen fiel, wobei sich die Niederschlagsmengen aufgrund des rasch
von Südwesten folgenden Tiefs FERNANDA, weder in der 24-stündigen Summe noch
auf kürzere Zeiträume bezogen, kaum einem der Teiltiefs oder auch nur dem
Tiefdrucksystem EVA insgesamt zuordnen lassen. Gleiches gilt für Island, wo
zunächst die Okklusionsfront des nord- bis nordwesteuropäischen
Tiefdruckgebietes DUGLORE teils Regen, teils Schnee brachte, bevor in der Nacht
zum 19. Dezember relativ nahtlos der Niederschlag des Teiltiefs EVA II folgte.
Dieses befand sich nun mit unter 980
hPa ungefähr 300 km südwestlich von Island. Vom Kern des Teiltiefs EVA II ging
in östlicher bis nordöstlicher Richtung eine Okklusionsfront ab, die an der
Südostküste von Island in eine Okklusionsfront überging, die Teil einer als Warmfrontokklusion
zu bezeichnenden, leicht verwellten Luftmassengrenze nach Osten bis Nordosten
reichte, den Polarkreis knapp überschritt, dann mehr nach Osten bis Südosten
weiterführte, um über dem nördlichen Schweden in eine Kaltfrontokklusion
überzugehen, die zum Tief DUGLORE über Estland gehörte. Das Teiltief EVA I
befand sich mit ähnlichem Kerndruck wie das Teiltief EVA II etwa 300 km
westnordwestlich von Irland. Nördlich des Zentrums des Teiltiefs EVA I,
ungefähr auf halbem Wege zum Teiltief EVA II, begann eine Okklusionsfront, die
einen Bogen zunächst nach Osten bis Südosten beschrieb, Irland von Nord nach
Süd überquerte und nach Süden bis Südwesten weiter bis ungefähr 500 km westlich
der portugiesischen Küste führte. Wiederum ist es durch die Nähe zum Tief FERNANDA
und dessen Fronten schwierig, den zeitweiligen, teils schauerartigen, meist als
Regen fallenden Niederschlag im Nordwesten Europas mengenmäßig eindeutig dem
Tiefdruckgebiet EVA oder seinen Teiltiefs EVA I und EVA II zuzuordnen.
Am Morgen des 20. Dezember lag das
Tiefdruckgebiet EVA mit einem Kern, in dem unter 980 hPa Luftdruck herrschten,
zwischen Irland und Island. Von dort führte eine mal mehr nach Südwesten, mal
mehr nach Nordwesten gerichtete Okklusionsfront bis etwa 200 km an die Südspitze
Grönlands heran. Besonders in Irland und Schottland kam es tagsüber wiederholt
zu Schauern, die von starken bis stürmischen Böen begleitet waren. Einzelne
Sturmböen, teils schwere Sturmböen traten auf. Die 24-stündigen
Niederschlagsmengen bis zum Morgen des Folgetages, die sich recht eindeutig auf
das Tiefdruckgebiet EVA zurückführen lassen, erreichten 18,4 l/m² im walisischen
Cardiff Bute Park und 16,6 l/m² im schottischen
Tyndrum.
Am 21. Dezember war das
Tiefdruckgebiet EVA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner
Wetterkarte zu erkennen. Es lag mit einem Kerndruck von unter 990 hPa bei den
Färöer-Inseln. Von dort reichte eine Okklusionsfront bis in den Süden
Schottlands. Dies hatte dort weiter zeitweise windiges und regnerisches Wetter
zur Folge. In Aultbea und Achnagart im Westen Schottlands kamen 12-stündig bis
zum Abend 16 l/m² bzw. 14 l/m² zusammen. Der Regen zog ostwärts ab, sodass die
Wolken abends von Westen deutlich zurückgingen. Es folgte das Tiefdruckgebiet
GRETA von Südwesten.