Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FENJA

(getauft am 11.01.2020)

 

Anfang Januar 2020 war das Wetter in Nordeuropa von aus Westen kommenden Tiefdruckgebieten geprägt. Erstmalig konnte das Tief FENJA am 11.01.2020 um 00 Uhr UTC bzw. 01 Uhr MEZ von der Berliner Wetterkarte (BWK) für den folgenden Tag prognostiziert werden. In den folgenden Tagen sollte es mit seinen Ausläufern bis nach Osteuropa ziehen und das Wetter in Nord- und Mitteleuropa maßgeblich beeinflussen.

In den Morgenstunden des 12.01.2020 lag das neu entwickelte Tiefdruckgebiet noch westlich von Neufundland, zog aufgrund der starken Höhenströmung aber schnell Richtung Osten und überquerte im Verlauf des Tages einen Großteil des Atlantiks. Dabei verstärkte sich das Tief und intensivierte sich im Tagesverlauf von etwa 1005 hPa bis auf 975 hPa, wie die Analysekarte des Deutschen Wetterdienstes von 18 Uhr UTC zeigt. Das Tiefdruckgebiet bildete eine Warm- und eine Kaltfront aus, welche sich entgegen des Uhrzeigersinns, fachsprachlich zyklonal, um den Tiefdruckkern drehen. Diese erstreckten sich weitläufig über den Atlantik.

Am 13.01.2020 um 00 Uhr UTC wurde das Tiefdruckzentrum westlich von Irland mit einem sehr niedrigen Kerndruck von ungefähr 960 hPa analysiert. Das Tiefdruckgebiet war teilweise schon okkludiert. Eine Okklusion oder Okklusionsfront ist eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront einholt.  Die Warmfront zog sich Richtung Süden, während die Kaltfront sich mit der Warmfront des nachfolgenden und westlich liegenden Tiefs GERLINDE verband, welches vor Neufundland lag, womit sich diese gemeinsame Front quer über dem Atlantik lag. Gegen 12 Uhr UTC erreichte die okkludierte Front die Westküste Irlands und zog am Nachmittag und am Abend über Großbritannien. Dadurch kam es verbreitet zu zweistelligen Niederschlagsmengen. Die höchsten Werte wurden erreicht in Bala in Wales mit 18 l/m² in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ oder 27,8 l/m² in Tulloch Bridge im Norden Schottlands in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ am nächsten Morgen. Hinzu kam aufgrund des starken Druckgradienten auch orkanartige Windgeschwindigkeiten. So wurden ab 08 Uhr MEZ auf dem Cairn Gorm in Nordschottland mehr als 24 Stunden lang Orkanböen der Windstärke 12 gemessen, in Kilometern pro Stunde wurde am selbigen Ort um 16 Uhr MEZ mit 194,5 km/h die stärkste Böe gemeldet. Ein selbiges Bild ergab sich im gesamten Norden Großbritanniens und auf Island, was ein große Verwüstung in den betroffenen Gebieten bedeutete.

 

In der Nacht zum 14.01.2019 ergab sich um 00 Uhr UTC folgendes Bild: Über Südeuropa bis nach Süddeutschland erstreckte sich Hoch CHRISTIAN, während der Kern des Tiefs FENJA zwischen Großbritannien und Island lag. Dabei hatte es einen Minimaldruck von etwa 945 hPa. Das Tief erstreckte sich über das Gebiet von der südöstlichen Küste Grönlands bis an die Westküste Skandinaviens und grenzte südlich und östlich an die Tiefdruckgebiete ELISA bzw. GERLINDE. In der 500hPa-Höhenkarte, die täglich um 00 Uhr UTC den Zustand der Atmosphäre in rund 5 km Höhe darstellt, erkennt man einen intensiven Höhentrog, welcher sich auf das europäische Festland zubewegte und an den das Tief gekoppelt war.  Die Okklusionsfront lag um 00 Uhr UTC nach Analyse der BWK zwischen Island und Großbritannien und erstreckte ich ostwärts bis zur norwegischen Küste. Danach spaltete sich die Warmfront von der Kaltfront ab. Die Warmfront lag über Westdeutschland, während die Kaltfront sich über den Ärmelkanal und die Biskaya bis zum Tief GERLINDE zog. Im Tagesverlauf spaltete sich der Tiefdruckkomplex in ein unübersichtliches System von Fronten und Kernen auf, welche sich mit hoher Geschwindigkeit nach Nordosteuropa bewegten, während der zentrale Kern sich weiterhin zwischen Großbritannien und Island befand. Dabei kam es in Nord- und Mitteleuropa zu Niederschlägen und hohen Windgeschwindigkeiten. Besonders starker Wind wurde in den nördlichen Gebieten rund um Island gemessen worden. So wurde in Kjalarnes bei Rejkjavik den ganzen Tag über stündliche maximale Windböen der Stärke 12, also in Orkangeschwindigkeit, gemeldet. Die höchsten Niederschlagssummen gab es an der Westküste Norwegens, so regnete es in Fossmark bei Bergen bis zum 15.01. um 06 Uhr UTC in den letzten 24 Stunden 33,1 l/m².

Da sich der Kern von FENJA im Gegensatz zu seinen Fronten nicht weiter gen Osten bewegte, entzweite sich der Kern und es bildeten sich zwei Kerne, FENJA I, das ursprüngliche Zentrum der Zyklone mit einem Kerndruck von circa 950 hPa, und FENJA II, welches sich zwischen Finnland und Schweden oberhalb des Bottnischen Meerbusen befand und einen Zentrumsdruck von ungefähr 980 hPa hatte. Des Weiteren analysierte die Berliner Wetterkarte am 15.01. um 00 Uhr UTC den Frontenkomplex wie folgt:  Die Okklusionsfront, welche sich um FENJA I wand, zog über Island hinweg östlich zu FENJA II und von dort aus südlich bis zum sogenannten Okklusionspunkt, in dem sich Warm- und Kaltfront aufspalten, der sich über Lettland befand. Die Kaltfront war nach wie vor mit der Warmfront der Zyklone GERLINDE verbunden, deren Kern sich zwischen den Zentren in der Nähe der Stadt Bergen befand. Im Tagesverlauf zog FENJA II entlang der russischen Küste weiter nördlich und verlor dementsprechend nach und nach Einfluss auf das europäische Wetter. Währenddessen spaltete sich FENJA I auf in zwei weitere Tiefdruckkerne, wobei sich FENJA I weiter entlang der skandinavischen Küste Richtung Nordosten bewegte und FENJA III sogar noch weiter nach Westen zog. Vereinzelt kam es noch zu orkanartigen Windgeschwindigkeiten in Island und der skandinavischen Küste, wo die stärksten 6-stündigen Windböen bei etwa 120 km/h lagen, was Windstärke 10 bis 11 bedeutet, gemessen in Krakenes an der norwegischen Atlantikküste. Außerdem sorgten das Tiefdrucksystem FENJA für Niederschläge in Nordeuropa, wo es insbesondere in den Küstenregionen zum Teil zweistellige Niederschlagssummen innerhalb von 6 Stunden gab, wie 11 l/m² um 18 Uhr UTC in Gartland, nördlich von Trondheim.

Am 16.01. um 00 Uhr UTC befand sich FENJA I westlich von Trondheim mit einem Kerndruck von 975 hPa, FENJA III über Reykjavík mit einem Kerndruck von 980 hPa und FENJA II über der Karasee an der Nordküste Russlands. Verbunden waren die drei Kerne durch eine Front, die von Reykjavík bis nach Sibirien reichte. Aufgrund der nördlichen Lage war der Einfluss auf das mitteleuropäische Wetter sehr gering. Das Wetter in Deutschland wurde an diesem Tag durch das Hoch DIRK, welches warme Luft aus südlicher Richtung brachte, und das Tief HEIKE über Schottland geprägt. Das Tief FENJA mit seinen Kernen bewegte sich in den folgenden Tagen immer weiter Richtung Nordosten, und löste sich immer weiter auf. Letztmalig erwähnt wurde das Tief FENJA am 18.01. um 00 Uhr UTC auf der Analysekarte der BWK über dem Nordwesten Russlands mit einem Kerndruck von lediglich etwa 1010 hPa.