Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FERDINAND

(getauft am 02.09.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte nur für solche Druckgebilde durchgeführt, welche einen Einfluss auf die Großwetterlage in Europa haben. Am 02.09.2019 befand sich ein noch unbenanntes Tiefdruckgebiet mit einem Frontensystem über der südlichen Baffin Bay, zwischen der Ostküste Kanadas und der Westküste Grönlands. Der Wirbel wurde verstärkt durch ein Höhentief, welches in ca. 5,5 km Höhe, auf der 500 hPa-Karte ersichtlich war. Zudem wurde eine südliche Zugrichtung des Tiefs prognostiziert, womit die Zyklone in die Westwinddrift gelangen würde. Aufgrund dessen, wurde prognostiziert, dass sich der Wirbel Richtung Osten und weiter bis zum europäischen Festland verlagern würde. Deshalb wurde die Zyklone auf der Vorhersagekarte vom 02.09. auf den Namen FERDINAND getauft.

Die Zyklone FERDINAND war am 03.09. um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MEZ entspricht, ungefähr 1.500 km südwestlich von Island zu verorten. Sie hatte einen Kerndruck von unter 1010 hPa, was ein relativ hoher Druck für eine Tiefdruckzone ist. Schließlich beträgt der mittlere Druck auf Meeresniveau ca. 1013 hPa. Gleichzeitig ereignete sich zu diesem Zeitpunkt parallel ein Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets FERDINAND, der in der Meteorologie unter dem Begriff der Okklusion fällt. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem sich eine Mischfront bildet, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen. Die Okklusionsfront erstreckte sich vom Tiefdruckzentrum ca. 500 km nach Südosten sowie nach Südwesten. Der Okklusionspunkt, in welchem sich die Okklusionsfront in eine Warm- und Kaltfront aufspaltete, lag knapp 500 km südöstlich des Tiefkerns der Zyklone FERDINAND. Von dort war eine ausgedehnte Warmfront nach Osten ausgerichtet und mündete über Schottland in die Kaltfront einer unbenannten Zyklone oberhalb dem südlichen Teil der Küste Norwegens. Die Kaltfront der Tiefdruckzone FERDINAND verlief nach Südwesten und endete über dem Atlantischen Ozean. Bereits am Vormittag erreichte die Warmfront die Britischen Inseln und am späten Abend überquerte auch die Kaltfront das Vereinigte Königreich. Die Frontdurchgänge sorgten dort für einige Wetterzustände. In Schottland in Eskdalemuir fielen beispielsweise 23,0 l/m² in Form von Regenschauern und Regen. Ähnliches ereignete sich an der walisischen Station Capel Curig mit 21,8 l/m². Zudem frischte der Wind auf und erreicht zum Teil in Böen Stärke 11 Beaufort. In Lakenhealth, nördlich von London, wurden um 09 Uhr MESZ 113 km/h gemessen.

Zum nächsten Tag bewegte sich Wirbel FERDINAND bis vor die Küste Nordirlands mit einem Kerndruck von unter 1000 hPa. Im Tagesverlauf überquerte die Warmfront den westlichen Teil Skandinaviens und die Kaltfront Frankreich sowie die Beneluxstaaten. Besonders an der schwedischen Küste wurden verbreitet zweistellige Niederschlagswerte registriert. Die Höchstwerte traten in der Region rund um Rygge mit über 50 l/m² auf. Auch an der Küste, an der Grenze zwischen Deutschland und Dänemark, wurden vielerorts größere Niederschlagsmengen gemessen. In Bordelum und Weesby kamen immerhin 31,9 l/m² bzw. 31,6 l/m² zusammen. Außerdem griffen die Niederschläge zunehmend auf den Norddeutschen Raum über. Dort gab es besonders im Nordwesten Deutschlands bis zu 10 l/m². Zudem wehte der Wind in Küstennähe mit 6 bis 8 Beaufort. Ergänzend dazu kühlte sich in Skandinavien die Höchsttemperatur um bis zu 5 Kelvin, im Vergleich zum Vortag, ab. In Porsgrunn sank die Temperatur von knapp 20°C auf 14,5°C.

Am 05.09. lag Zyklone FERDINAND über dem südlichen Teil Norwegens. Der Kerndruck war mit unter 1000 hPa stabil geblieben.

Die Warmfront sorgte in Schweden und Finnland für signifikantes Wetter, für Ostdeutschland, Polen und Tschechien war die Kaltfront wetterbestimmend. Die größten Niederschlagsmengen waren an diesem Tag in den Schweizer Alpen verortet. Die Kaltfront verursachte Hebungsprozesse, welche durch die Orographie der Schweizer Berge verstärkt wurde und zu hochreichenden Cumulonimbuswolken führte. Die stündlichen Niederschlagsdaten betrugen bis zu 33,1 l/m² in Coldrerio. Die Tagesmengen lagen bei 107,3 l/m² in Mosogno und 102,2 l/m² in Frasco. Beachtet werden muss hierbei, dass es sich um Talstationen handelt und die Niederschlagsintensitäten im Hochgebirge deutlich höher waren. Zudem gab es in Süddeutschland einen massiven Temperatursturz der Höchsttemperatur von bis zu 13 Kelvin. In München sank die Temperatur beispielsweise von 25°C auf kalte 12°C. Zum anderen fiel in den Alpen der erste größere Schnee im Hochgebirge. Die Schneefallgrenze lag in der Nacht bei ca. 1.600 Metern. Auf dem Stubaier Gletscher fielen beispielsweise 55 cm, weshalb drei Tage später die Skisaison eröffnet wurde. Auf der Zugspitze sank die Temperatur in der Nacht zum 06.09. auf bis zu -4°C.

Am Freitag, dem 06.09. lag Tief FERDINAND über Nordschweden mit einem Kerndruck von unter 995 hPa. Die stärksten Niederschläge befanden sich im Riesengebirge in Lysa Hora mit 36,4 l/m². Aber auch in den umliegenden Regionen lagen die Messwerte meistens im zweistelligen Bereich wie in Maly Javornik mit 28 l/m², in der Nähe von Danzig mit 26 l/m² oder der kroatischen Stadt Dubrovnik-Gorica mit 43 l/m². Die örtliche Streuung zeigt, wie ausgedehnt die Kaltfront des Tiefdruckgebietes FERDINAND war.

Am nächsten Tag hatte sich Wirbel FIRDINAND bis zum Barentssee fortbewegt. Zudem befand sich das Frontensystem bereits über dem osteuropäischen Raum und verlagerte sich weiter nach Russland. Aufgrund der fehlenden Feuchte waren die Wetterzustände im Vergleich zu den Vortagen nicht mehr erwähnenswert. Ein weiterer Grund hierfür war, dass sich das Tief im Tagesverlauf abschwächte und auf der Berliner Wetterkarte vom 08.09.2019 nicht mehr benannt wurde.