Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FERY

(getauft am 31.03.2013)

 

Entlang einer Welle in der Höhenströmung im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von 5,5 Kilometern entspricht entstand Ende März ein Tiefdruckwirbel, der am 31.03. in der Prognose für den folgenden Tag auf den Namen FERY getauft wurde. Jedoch konnte der Wirbel sich erst am übernächsten Tag etablieren, da über Mitteleuropa der Hochdruckeinfluss eine Ausprägung des Tiefs verhinderte.

Daher lag das Zentrum des Wirbels am 02.04. um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, mit einem Kerndruck von 995 hPa über Straße von Bonifacio zwischen Korsika und Sardinien. Vom Kern gingen drei Fronten aus, eine Warmfront zog sich östlich des Kerns über Italien hinweg bis Montenegro und eine Kaltfront ging südöstlich des Kerns ausgehend über dem Mittelmeer in ein nahe Tripolis liegendes Tief über. Eine Okklusion mit Warmfrontcharakter verlief nordwestlich des Kerns entlang der Pyrenäen und verband sich im Verlauf mit einem weiteren Tiefdruckwirbel über dem Atlantik. Als Okklusionsfront wird eine Front beschrieben, die sowohl Warm-, als auch Kaltfronteigenschaften aufweist. Ein zu Tief FERY zugehöriges Niederschlagsband verlagerte sich im Laufe des Tages vom Mittelmeer über Italien in Richtung des Balkans und Griechenland. Innerhalb von 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC im korsischen
Ajacio 10,6 Liter, im griechischen Kastoria 25 Liter und im italienischen Frosinom 40,2 Liter pro Quadratmeter. In den von der Adria aus angeströmten Bergketten des Balkangebirges kam es zu Luftmassenstauungen in deren Folge Hebung erzwungen wurde und sich die Niederschlägen verstärkten. Aus dem bosnischen Mostar wurden 65 Liter, aus dem monegassischen Niksic 70 Liter und aus dem albanischen Korca 75 Liter pro Quadratmeter gemeldet. Übertroffen wurden diese Werte nur von einer Station aus Kroatien, bei Dubrovnik fielen innerhalb von 24 Stunden bis zu 77 Liter Regen auf einen Quadratmeter.

Zum 03.04. verlagerte sich das Zentrum des Wirbels in Richtung Osten und lag gegen 00 Uhr UTC und einem um knapp 10 hPa gestiegenen Druck nahe Belgrad über Serbien. Östlich des Kerns ging eine Okklusionsfront aus, die sich nahe Sofia in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Von diesem Punkt, der Okklusionspunkt genannt wird, zog sich die Warmfront in einem Bogen über das Schwarze Meer nach Norden und ging über Zentralrussland, westlich von Moskau in die Kaltfront der Zyklone ERIK über. Vom Okklusionspunkt verlief die Kaltfront von Tief FERY nach Süden und verband sich bei Katerini mit der Warmfront eines nördlich von Athen liegenden unbenannten Wirbels. Gegen 18 Uhr UTC reichten die Niederschläge von der Westtürkei über Rumänien bis nach Polen, die nördlich der Slowakei bei Tageshöchstwerten um oder nur knapp über dem Gefrierpunkt in Schnee übergingen. In Izmir wurden bis 06 Uhr UTC
in 24 Stunden 33 Liter registriert, auf der griechischen Insel Samos waren es 40 Liter und in Mytilini auf der Insel Lesbos bis zu 47 Liter pro Quadratmeter. In Rumänien meldeten Stationen bei Caransebes und Rimnicu Vilcea je 31 Liter und bei Sibu 34 Liter Regen je Quadratmeter. Die Schneefälle im polnischen Raum brachten Siedlce eine Niederschlagsmenge von 14 Liter und Wlodawa von 16 Liter pro Quadratmeter. Dort ergab sich damit bis 06 Uhr UTC eine Gesamtschneehöhe von 19 beziehungsweise 21 Zentimetern.

In den 24 Stunden bis 00 Uhr UTC des 04.04. verlagerte sich Tief FERY nur langsam. Mit einem Druck von knapp unter 1000 hPa lag der Kern, von dem ein weitreichendes Frontensystem ausging, wenig westlich von Bukarest. Nach Osten erstreckte sich eine kleinräumige Okklusion, die ihren Okklusionspunkt 100 Kilometer östlich von Bukarest hatte. Von dort spaltete sie sich in eine über das Schwarze Meer verlaufende und bei Batumi in Georgien endende Warm-, sowie in eine nach Süden reichende Kaltfront auf. Diese ging bei Istanbul in die Warmfront eines vor der Küste des Libanons liegenden anderen Wirbel über. Zusätzlich ging nördlich eine Okklusionsfront aus, die sich in einem Bogen um die Karpaten zog und nahe Kolomea in der Ukraine Anschluss an eine zum Tief ERIK gehörende Warmfront fand. Die Niederschläge konzentrierten sich nun im Wesentlichen auf ein Gebiet vom Baltikum bis über die nördliche Ukraine. Im nordöstlichen Polen hielten die Schneefälle nahezu ununterbrochen an. In Siedlce wurde bis 06 Uhr UTC eine 24-stündige Niederschlagssumme von 16 Litern pro Quadratmeter gemeldet, welche die Schneedecke bei Temperaturen, die den gesamten Tag lang nahezu konstant zwischen 0°C und +1°C blieben, auf 24 Zentimeter anwachsen lies. Für Anfang April rekordverdächtig ergab sich in Mikotajki eine Schneehöhe von 40 Zentimetern, bei Suwalki sogar von bis zu 51 Zentimetern. Auch aus dem litauischen Kaunas wurden anhaltende leichte bis mäßige Schneefälle gemeldet. Hier wurden in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC knapp 12 Liter registriert, die zusammen mit der bereits vorhandenen Schneedecke eine Gesamtschneehöhe von 17 Zentimetern ergaben. In Kiew fielen bei Temperaturen um 5°C knapp 15 Liter auf einen Quadratmeter aus Regen oder Sprühregen. Ganz im Gegensatz dazu überwog in der südöstlichen Ukraine schon fast frühsommerliches Wetter. Bedingt durch aus den Süden herangeführte Luftmassen subtropischen Ursprungs stiegen die Temperaturen in Sinferopol auf einen Tageshöchstwert von 21°C.

Am 05.04. lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels FERY um 00 Uhr UTC über Weißrussland, knapp südlich von Minsk. Vom Kern, dessen Druck auf 1010 hPa gestiegen war, verlief zum Einen in nordöstlicher Richtung eine Warmfront, die sich über Russland und entlang des russisch-kasachischen Grenzgebietes nach Osten zog, und zum Anderen ging in südöstlicher Richtung eine Kaltfront aus, die bereits westlich von Kiew in die Warmfront eines zwischen dem Schwarzen und demAsowschen Meer liegenden Tiefs überging. Eine Okklusionsfront verlief zudem vom Kern etwa bis Warschau. Die subtropischen Luftmassen breiteten sich nun auch auf weite Gebiete Südostrusslands sowie Kasachstans aus. In Wolgograd wurde wie schon am Tag zuvor ein Höchstwert um 20°C gemessen, in den an Salzseen im Grenzgebiet zu Kasachstan gelegenen Orten El'Ton und Baskuncak wurde sogar die 25°C-Marke überschritten. Im kasachischen Atyrau lag die Höchsttemperatur bei über 22°C und in Zhympity und Taipak wurden 23°C knapp überschritten. Das Regen- und Schneefallgebiet hingegen zog im Laufe des Tages vom Baltikum und Zentralrussland nach Nordosten ab. Bei maximal 1 °C schneite es in der litauischen Hauptstadt, wodurch in 24 Stunden dort bis 06 Uhr UTC eine Niederschlagsmenge von 12 Litern pro Quadratmeter registriert wurde. Im nordrussischen Babajevo waren es bei leichtem Frost im selben Zeitrum 15 Liter und in Krasny Cholm bis 20 Liter je Quadratmeter, die sich zu einer Gesamtschneehöhe von 47 bzw. 51 Zentimetern addierten.

Um 00 Uhr UTC des 06.04. lag das Zentrum des Tiefdruckgebietes FERY mit einem Druck von 1005 hPa wenige Hundert Kilometer östlich von St. Petersburg über Russland. Vom Kern erstreckte sich eine Warmfront nach Osten an Perm und Tobolsk vorbei, sowie eine nach Süden verlaufende Kaltfront, die sich bei Rossosch mit dem nachfolgenden Wirbel GYÖRGY verband. Das Niederschlagsgebiet schwächte sich zunehmend ab, größere Niederschlagsmengen kamen zumeist nicht mehr zusammen. In Scharja kamen in 24 Stunden bis 03 Uhr UTC zusätzliche 6 Liter pro Quadratmeter zusammen, in Nikolo-Poloma waren es 8 Liter.

Mit einem auf 995 hPa gefallenen Kerndruck lag das Zentrum des Wirbels um 00 Uhr UTC des 07.04. nahe Ussinsk, westlich des Uralgebirges. Eine Okklusion verlief vom Kern nach Osten bis zu ihrem Okklusionspunkt, der nahe Inta lag. Von dort zog sich die Warmfront weiter nach Südosten, und die Kaltfront über Perm nach Südwesten, bis sie erneut in die zu Tief GYÖRGY gehörende Warmfront überging. Bis zum frühen Abend zog Tief FERY dem Verlauf des Urals folgend nach Norden ab und verließ somit den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich.

 

 

 

Geschrieben von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 02.04.2013

Pate: Ferdinand Meixner