Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet FLOORA
(getauft am 11.01.2014)
Am 11. Januar 2014 wurde in der Prognosekarte der
Berliner Wetterkarte für den darauffolgenden Tag ein Tiefdruckgebiet über dem
Nordatlantik auf den Namen FLOORA getauft. Am 11. Januar entwickelte sich in
höheren Schichten der Atmosphäre südlich von Grönland eine weit nach Süden reichende
Tiefdruckrinne, wobei hier das sogenannte 500 hPa-Druckniveau in etwa 5,5
Kilometer Höhe betrachtet wird. Korrespondierend zu diesem Höhentief
entwickelte sich im Laufe des Tages ein noch unbenanntes Bodentief ungefähr
1200 km südsüdöstlich der Südspitze von Grönland.
Am Morgen des 12. Januar befand sich der Wirbel
FLOORA mit einem Kerndruck von knapp unter 970 hPa etwa 1000 km südsüdwestlich
von Island. Bereits wenige Hundert Kilometer vom Tiefdruckzentrum entfernt lag
der Luftdruck um 20 bis 30 hPa höher, es herrschte also ein starker
Luftdruckgradient. Dementsprechend hatte sich die Zyklone FLOORA schnell zu
einem Sturmtief entwickelt, wobei aufgrund der Lage über der offenen See nur
grobe Abschätzungen möglich sind. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass
besonders südlich und westlich des Kerns des Tiefdruckgebietes FLOORA in Böen
Orkanstärke, also Windgeschwindigkeiten von 118 km/h und mehr, auftraten. Ein sich
im besagten Sturmfeld befindliches Schiff meldete beispielsweise eine mittlere
Windgeschwindigkeit von rund 45 Knoten, was der Sturmstärke 9 entspricht. Vom
Kern des Tiefs FLOORA ausgehend, verlief eine Warmfront zunächst in nördlicher
Richtung, um nach wenigen Hundert Kilometern nach Osten bis Südosten
umzuschwenken und bis etwa 300 km nordwestlich von Irland zu reichen. Außerdem
ging vom Tiefdruckzentrum eine Okklusionsfront, eine Mischfront mit Warm- und
Kaltfronteigenschaften, in östlicher Richtung aus, die bis zum Okklusionspunkt
ungefähr 500 km westlich von Irland reichte. Dort traf eine nach Südosten über
die Biskaya und Zentralfrankreich verlaufende Warmfront, die im Bereich der
Westalpen in das Frontensystem eines unbenannten Tiefdruckgebiets über Ungarn
überging, mit einer Kaltfront zusammen, welche sich in südlicher bis
südwestlicher Richtung erstreckte, knapp westlich von Madeira verlief und
weiter nach Westen bis zum nördlichen Wendekreis etwa 1200 km nordöstlich der
Kleinen Antillen reichte. An Land zeigte sich der Einfluss des Tiefs FLOORA
zunächst durch milde Luft im Südwesten Europas zwischen Warm- und Kaltfront, im
sogenannten Warmluftsektor, wodurch in San Sebastian im Nordosten Spaniens an
diesem Tag die Temperatur auf 21°C stieg. Am Tag zuvor betrug das Maximum der
Temperatur dort noch 15°C.
Die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum Morgen
des 13. Januar zeigen, dass das Tiefdruckgebiet FLOORA mit seinen Fronten im
Westen Europas nun auch vermehrt durch Niederschläge wirksam wurde. Im
südenglischen Plymouth kamen 7 Liter pro Quadratmeter zusammen, ebenso wie im
westfranzösischen Brest. In der spanischen Hauptstadt Madrid wurden 5 l/m²
registriert. Das Tiefdruckgebiet FLOORA war mittlerweile mit seinem Zentrum
nach Norden bis etwa 500 km südwestlich von Island gezogen, wo ein Kerndruck
von unter 965 hPa herrschte. Von dort ausgehend, verlief eine Okklusionsfront
bogenförmig zunächst nach Westen, kurz darauf nach Norden bis zur isländischen
Küste und schließlich nach Südosten bis zum Okklusionspunkt, der sich über Nordengland
befand. Von dort ging zum einen eine Warmfront aus, welche bis zu den Ardennen
reichte. Zum anderen verlief vom Okklusionspunkt ausgehend eine Kaltfront über
England, Westfrankreich und die Iberische Halbinsel und weiter entlang von
Madeira bis ungefähr 1000 km westlich der Kanarischen Inseln. In Island wurde aufgrund
des weiterhin starken Gradienten zwischen Tiefdruckkern und der Umgebung an
einigen Wetterstationen zeitweise eine mittlere Windgeschwindigkeit von 40 bis
50 Knoten erreicht, was Windstärke 8 bis 10 entspricht. Die Kaltfront ist durch
einen Temperaturrückgang auf ihrer Rückseite gekennzeichnet und so lag das
Maximum in San Sebastian an diesem Tag lediglich bei 15°C.
Aber auch im Hinblick auf Niederschläge waren die
zum Tief FLOORA gehörenden Fronten im Westen Europas weiterhin aktiv. So kamen
bis zum Morgen des Folgetages im südwestfranzösischen Bordeaux 14 l/m²
zusammen, im schottischen Glasgow fielen 11 l/m² und in Thorshavn auf den
Faröer-Inseln waren es 6 l/m².
Am 14. Januar war das Tiefdruckgebiet FLOORA zum
letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen. Es
befand sich mit einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa über Schottland und
vereinigte sich danach mit dem vom Nordatlantik folgenden Tiefdruckgebiet
HELGA.
Geschrieben von Heiko Wiese
Berliner Wetterkarte: 13.01.2014
Pate: Floora Arnold