Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FLORA

(getauft am 24.11.2018)

 

Unterhalb eines Troges kalter Luft auf 500-hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 Kilometern entspricht, hatte am 23.11.2018 über der Keltischen See südlich von Irland die Entwicklung eines Tiefdruckwirbels begonnen, der in der Analyse des 24.11. auf den Namen FLORA getauft wurde. Vom Zentrum des Wirbels, der gegen 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, mit einem auf unter 1005 hPa gefallenen Kerndruck westlich von Cornwall, England, lag, erstreckte sich eine Okklusionsfront über den Ärmelkanal hinweg nach Südosten bis über Süddeutschland. Als Okklusionsfront wird dabei eine oft regenreiche Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und der ihr nacheilenden Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Hebungsprozesse in den Kernbereichen des Wirbels sowie entlang deren Frontenausläufern hatten die Entwicklung eines ausgeprägten Niederschlagsbandes zur Folge, welches bereits in den Nachmittagsstunden des 23.11. und in der Nacht zum 24.11. auf Westfrankreich und auf die Südküsten Irlands und Englands traf. Binnen 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC des 24.11. am Flughafen von Cork 17,0 mm, am Roches Point 20,0 mm und in Nantes 23,4 mm an Niederschlag gemessen. Der Schwerpunkt der Niederschläge lag jedoch im Bereich des Ärmelkanals: In Plymouth wurden im selben Zeitraum 25,8 mm und auf der Isle of Portland 31,8 mm Regen registriert. Im Laufe des Tages verlagerte sich jenes Niederschlagsband unter Abschwächung nach Nordosten und brachte innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgens auf der Isle of Portland noch 13,2 mm, in Rennes 8,3 mm und in Le Havre 2,0 mm. Gleichzeitig wurden auf der Rückseite des sich nach Süden verlagernden Wirbels feuchte Luftmassen über die Biskaya nach Spanien und in den Südwesten Frankreichs geführt, die beim Auftreffen und anschließendem Aufgleiten in kältere Luftschichten entlang der Pyrenäen und des Kantabrischen Gebirges noch zusätzlich intensiviert wurden. So fielen beispielsweise in den 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 25.11. in Nantes 32,9 mm, in Santiago de Compostela 35,8 mm und bei La Coruña 49,0 mm an Niederschlägen. Am Leuchtturm auf der Halbinsel Cabo Vilán im äußersten Nordwesten Spaniens wurden gar bis zu 98,2 mm Regen registriert, wobei der Großteil der Niederschläge in weniger als sechs Stunden fiel.

Zum 25.11. war das Zentrum des Tiefdruckwirbels FLORA nach Südwesten gezogen und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem Druck von weiterhin knapp 1005 hPa über der Biskaya westlich von Bordeaux. Am nördlichen Rand des Wirbels erstreckte sich eine schwache, in der Höhe den Charakter einer Okklusionsfront aufweisende, Warmfront nach Nordwesten über die französische Nordküste und Norddeutschland, die im weiteren Verlauf in das Frontensystem eines Tiefs mit Zentrum bei Warschau überging und entlang des Ärmelkanals weitere Niederschläge brachte: Innerhalb von 24 Stunden fielen durch zumeist leichten, lokal auch mäßigen Regen in Reims 6,0 mm, am Flughafen der Kanalinsel Guernsey 9,0 mm und in La Hague 10,6 mm. Etwas intensiver gestalteten sich die Niederschläge im Bereich des sich ins Zentralmassiv verlagernden Zentrums des Wirbels, welche verbreitet über 10 mm in 24 Stunden brachten.  Der Schwerpunkt der Niederschläge lag dabei besonders an der Côte d’Azur. So wurden aus Avignon 17,6 mm und aus Orange 20,4 mm Niederschlag gemeldet. An der Messstation auf dem Mont Aigoual im südlichen Zentralmassiv erreichte zudem der mit Annäherung des Wirbels von Süd auf Nordwest drehende Wind Böen bis 122,5 km/h, also Orkanstärke. In der Zwischenzeit hatte das Tief FLORA seinen Einfluss auf die Iberische Halbinsel im Wesentlichen verloren. Seine Niederschläge waren bereits in den Morgenstunden nach Südfrankreich beziehungsweise in den Mittelmeerraum abgezogen und führten an der Station Ibiza-Stadt 1,0 mm, in Palma de Mallorca 3,8 mm und auf dem Sierra De Alfabia im Hochland Mallorcas noch bis zu 7,8 mm Regen mit sich. Nachfolgend wurde ein sich von Westen näherndes, unbenanntes Tief für den Südwesten Europas sowie für das westliche Mittelmeer wetterbestimmend, dessen Ausläufer bereits in den Mittagsstunden auf Portugal und Spanien trafen und nach einer nur kurzen, ruhigeren Phase erneut teils ergiebige Regenmengen brachten, die jedoch im Verhältnis zu den Mengen der Zyklone FLORA meist geringer ausfielen.

Am 26.11. um 00 Uhr UTC lag das Tiefdruckgebiet FLORA mit seinem Kern nördlich Westalpen, wobei es sich nun allmählich in Auflösung befand. Von seinem Kern erstreckte sich eine Okklusionsfront in einem Bogen über die Schweiz in Richtung Italien, wo sie sich mit einem unbenannten, nördlich von Sardinien liegenden Tief verband. Das schwache Niederschlagsgebiet hatte in der Nacht zum 26.11. auch den Süden Deutschlands überquert, brachte aber meist nur sehr geringe Mengen von unter einem Millimeter mit sich: Auf dem Schnarrenberg in Stuttgart wurden 0,3 mm, in Straubing 0,5 und in Stötten 0,9 mm gemessen. In höheren Lagen gingen diese Niederschläge meist als Schnee nieder, die in einigen Regionen, z.B. in Stötten, Vöhrenbach oder in Lenzkirch, zur Ausbildung einer dünnen Schneedecke von knapp einem Zentimeter führten. Bereits in den Vormittagsstunden löste sich der Tiefdruckwirbel FLORA so weit auf, dass er ab dem 27.11. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysierbar war.