Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
FLORENZ
(getauft
am 11.01.2019)
Anfang Januar 2019 war das Wetter in
Europa von ostwärts ziehenden Tiefdruckgebieten geprägt. Dazu gehörte auch das
Tief FLORENZ, das erstmalig am 11.01.2019 für den nächsten Tag über Island prognostiziert wurde. Im weiteren
Verlauf sollte es mit seinen Ausläufern bis über Osteuropa ziehen und das
Wetter in Nord- und Mitteleuropa maßgeblich beeinflussen.
In der Nacht zum 12.01.2019
entwickelte sich die Zyklone FLORENZ vor der Südspitze Grönlands aus einem
Tiefdrucksystem über der Labradorsee zu einem eigenständigen Tiefdruckgebiet
mit einem Kerndruck von etwa 990 hPa. Das Tief bildete eine Warm- und eine
Kaltfront aus, welche entgegen dem Uhrzeigersinn, auch zyklonal genannt, um den
Tiefdruckkern zogen. Diese erstreckten sich vom Zentrum aus südost- bzw. südwärts
über den Atlantik. In den Vormittagsstunden zog der Wirbel FLORENZ über Island
weiter Richtung Osten. Dabei überquerte die Warmfront am Nachmittag den Norden
Irlands und Großbritanniens und sorgte in Schottland für erste geringe
Niederschlagsmengen. So wurden maximal 10 l/m² Regen am Loch Glascarnoch in
Schottland innerhalb von zwölf Stunden bis 18 Uhr UTC gemessen.
Am 13.01.2019 um 00 Uhr UTC wurde das
Tiefdruckgebiet FLORENZ über den Färöer-Inseln mit einem Kerndruck von ungefähr
995 hPa analysiert. Die Warmfront erstreckte sich nach Süden über die Nordsee
bis über die Bretagne und die ihr nachfolgende Kaltfront vom Tiefzentrum aus
Richtung Südwesten über den Atlantik. Letztere überquerte die Britischen Inseln
im Tagesverlauf von Nord nach Süd und sorgte bis zum nächsten Morgen
zwölfstündig für Regenmengen zwischen 5 und 10 l/m², am Loch
Glascarnoch waren es sogar bis zu 23 l/m². Zusätzlich verlief eine
Okklusionsfront vom Kern aus nach Westen bis über den Atlantik südwestlich von
Island. Eine Okklusion oder Okklusionsfront ist eine Mischform aus Kalt- und
Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront
die vorhergehende Warmfront einholt. Die Zyklone FLORENZ zog am 13.01.2019 entlang
der Höhenströmung rasch Richtung Südosten. So verlagerte sich auch das gesamte
Frontensystem nach Südosten und brachte besonders in Mitteleuropa ergiebige
Regenmengen mit sich, die aufgrund von sehr milden Temperaturen bis 10°C in
Norddeutschland zeitweise bis in die höchsten Mittelgebirgslagen als Regen
fielen. So regnete es selbst auf dem Brocken bei +1°C vorübergehend. Die Wetterstation
an der Zugspitze meldete 24-stündig 66 l/m², in Freudenstadt in
Baden-Württemberg fielen 78 l/m² und in der Schweiz wurden über den gesamten
Tag verteilt sogar über 116 l/m² gemessen, wie auf dem Schweizer Berg Säntis.
Gleichzeitig wehte am Brocken starker Wind mit bis zu 120 km/h, dies entspricht
Stärke 12 auf der Beaufort-Skala, also Orkanstärke.
Zum 14.01.2019 verstärkte sich die
Okklusion des Wirbels FLORENZ weiterhin und nahm im Verlauf ein Randtief des
Tiefdrucksystems DONALD über Finnland mit in seine Rotation auf, sodass Tief
FLORENZ um 00 Uhr UTC nun zwei Zentren besaß, die mit FLORENZ I und FLORENZ II
bezeichnet wurden. Der Kern FLORENZ I mit einem Druck von ungefähr 975 hPa lag
dabei etwa über der Ostsee kurz vor der litauischen Küste. Tief FLORENZ II befand
sich unterdessen über dem Bottnischen Meerbusen und wies einen Bodendruck von
circa 970 hPa auf. Eine langgestreckte Okklusionsfront verband die beiden
Tiefkerne miteinander und führte vom Zentrum FLORENZ I weiter nach Südwesten
und Westen über Polen und Süddeutschland, nahm dort den Charakter einer
Kaltfront an und führte über Frankreich bis zur Biskaya, wo sie in die
Warmfront des nachfolgenden Tiefs GERD überging. Eine weitere Kaltokklusion
entsprang im Kern FLORENZ I und verlief nach Westen und Nordwesten über Polen,
Norddeutschland, die Nordsee und Schottland bis über Reykjavik. Diese zog im
Tagesverlauf nach Süden und löste sich in den Mittagsstunden im Alpenbereich
auf. Dabei sanken die Temperaturen in Mitteleuropa ab und in der maritimen Luft
arktischen Ursprungs zogen teils kräftige Graupel- und Schneeschauer über
Deutschland hinweg. Im polnischen Słubice nahe
der deutschen Grenze sank die Temperatur innerhalb einer Stunde während eines
Schauers von +3°C auf -1,9°C bis 14 Uhr UTC. In der Alpenregion kam es gegen
Mittag aufgrund des Frontendurchganges beider Fronten zu hohen
Niederschlagsmengen, in 24 Stunden kam es z.B. an den Stationen Mittenwald-Buckelwiesen
oder Ramsau-Schwarzeck/Schmuck zu einem Neuschneezuwachs von 35 bzw. 40 cm. In
den Alpen wurden zudem sehr hohe Windgeschwindigkeiten gemeldet, insbesondere
in der Schweiz wurden Orkanböen mit 12 Beaufort und maximale Geschwindigkeiten bis
zu 181 km/h an der Messstation Jungfraujoch gemeldet. Im Laufe des Tages schlossen
sich die beiden Kerne FLORENZ I und FLORENZ II wieder zu einem einzigen
Tiefzentrum zusammen, welches sich langsam nach Osten bewegte.
Am 15.01.2019 lag die Zyklone FLORENZ
um 00 Uhr UTC nun also über dem Finnischen Meerbusen. Ihr Frontensystem bestand
nur noch aus einer Front, die sich zunächst als Okklusion um den Kern der
Zyklone wand und sich dann nach Süden über die westrussische Grenze und über
die Ukraine verlief. Im Küstenbereich zum Schwarzen Meer nahm sie
Kaltfrontcharakter an und zog sich weiter nach Westen bis über die
Transsilvanischen Alpen. Diese Front sorgte für geringen Niederschlag in
Westrussland rund um St. Petersburg, so vergrößerte sich die Schneedecke
innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag um bis zu 5 cm. Im Kernbereich des
Tiefs sanken die Tageshöchstwerte zudem auf -4°C ab, verglichen mit
Temperaturen von maximal 0°C am Vortag.
In den folgenden Tagen bewegte sich
das Tiefdruckgebiet FLORENZ weiter Richtung Nordosten, sorgte jedoch für keine
weiteren erwähnenswerten Wettererscheinungen in Europa. Zum letzten Mal
namentlich auf der Berliner Wetterkarte erschien es am 18.01.2019 mit einem
Druck von circa 985 hPa über der Karasee.