Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FLORENZ

(getauft am 22.10.17)

 

Zu Beginn der dritten Oktoberdekade verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet in der Westwindzone der mittleren Breiten vom nordamerikanischen Festland in Richtung Europa. Anhand der Analysekarte vom 22.10.17 um 02 Uhr MESZ wurde diese Zyklone über dem Nordatlantik auf den Namen FLORENZ getauft.

Mit einem sehr niedrigen Kerndruck von knapp unter 955 hPa hatte sich das Tief 500 km südlich von Grönland bereits zum Orkantief entwickelt. Im Verlauf des Alterungsprozesses eines Tiefdruckgebietes holt die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt ein, wobei die warme Luft angehoben wird. Die daraus entstehende Okklusion stellt eine Mischfront mit Eigenschaften von Warm- und Kaltfront dar. Über dem zentralen Nordatlantik südöstlich des Tiefzentrums befanden sich die spiralförmige Okklusion und der Okklusionspunkt. Von dort erstreckten sich die leicht bogenförmige Warmfront bis zu den Azoren und die ungleich längere Kaltfront quer über den Atlantik, die zum Teil durch eine nachlaufende Kaltfront eine Doppelstruktur aufwies. Lediglich 0,2 l/m² regnete es auf den Azoren an der Station Angra innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ an der Warmfront. In der maritimen Subtropikluft stieg die Temperatur auf bis zu 25,2°C auf Flores, welches ebenfalls zu den Azoren gehört. Deutlich ausgeprägter waren hingegen die Windgeschwindigkeiten. In Neufundland, 1000 km südwestlich des Zentrums, betrug die mittlere Windgeschwindigkeit in Bonavista 51,4 km/h. Also wehte der Wind im Mittel stark bis stürmisch.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich die Zyklone FLORENZ nur wenig in Richtung Nordosten. Mit einem Druck im Kern von rund 963 hPa hatte es sich leicht abgeschwächt. Die als Okklusion bezeichnete Mischfront verlief in einem Bogen über den Nordostatlantik südlich von Grön- und Island bis etwa 100 km nördlich von Irland. Am dortigen Okklusionspunkt trennten sich Warm- und Kaltfront wieder, die über Irland und südlich davon bis fast zur Biskaya führten. Im Anschluss an die Kaltfront schlossen sich weitere kleine Wellenstörungen an. Südwestlich des Kerns über dem Nordatlantik erstreckte sich zusätzlich noch eine Höhenokklusion im Einzugsgebiet des Tiefdruckgebietes FLORENZ. An einer solchen Front haben beide Kaltluftmassen die gleiche Temperatur. Über Island lag zudem noch eine Warmfront, die langsam nach Westen zog und unter Kontrolle des Tiefs kam. Im genannten Zeitraum wurden in Grindavik an dieser Front und der Okklusion 6,9 l/m² Regen gemessen und in Seydisfjordur 10,3 l/m². Beim Durchzug der Warm- und Kaltfront kamen Regenmengen zwischen 0,4 l/m² in Leek Thorncliffe bei Stoke-on-Trent und 2 l/m² in Mullingar in Irland zusammen. Wo mehrere Regengüsse entlangzogen, betrug die Niederschlagsmenge sogar 7 l/m² in Plymouth oder 9 l/m² in Mace Head bei Galway in Irland. Dabei stiegen die Temperaturen auf je 15°C am Flughafen von Belfast sowie in Mumbles bei Swansea und 19°C in Exeter. Der Wind erreichte weiterhin Sturmstärke in Island. Vor allem in den frühen Morgenstunden wurden vereinzelt Böen von knapp über 100 km/h gemessen, wie in Skrautholar.

Am darauffolgenden Tag befand sich das Tief FLORENZ 650 km südwestlich von Island mit einem minimalen Druck von ungefähr 975 hPa. Die Okklusion in Form einer Spirale befand sich über dem Nordatlantik, quer über Island bis zur Nordsee, wo der Okklusionspunkt lag. Die 700 km lange Warmfront verlief vom Okklusionspunkt südwärts über den Westen der Niederlande und Belgien bis zur Champagne. Die etwa gleich lange Kaltfront erstreckte sich von der Nordsee über den Ärmelkanal bis über die Normandie, wo sie in eine Warmfront eines anschließenden kleinen Tiefs überging. Des Weiteren existierte noch die vorlaufende Warmfront der Okklusion östlich von Grönland. Entlang der Mischfront betrug die 12-stündige Regenmenge bis 08 Uhr MESZ beispielsweise in Sudavik 16,8 l/m². In Schauern kamen auch 5 l/m² innerhalb von 6 Stunden bis 02 Uhr MESZ in Stornoway auf den Äußeren Hebriden zusammen. Weniger Regen fiel entlang der Warm- und Kaltfront. So registrierten die Messgeräte um 08 Uhr MESZ nur 2 l/m² in Chievres in Wallonien oder 4 l/m² in Le Touquet südlich von Boulogne-sur-Mer. Im Einzugsgebiet der Zyklone FLORENZ stiegen dazu die Temperaturen auf Werte zwischen 14,9°C in Essen, 16,6°C in Eindhoven und 17,7°C in Dünkirchen. Mit der leichten Abschwächung des Tiefs ließ auch der Wind etwas nach. Die stärksten Böen erreichten im Nordwesten Islands noch Stärke 9, was Sturmstärke oder rund 80 km/h entsprach.

Bis zum 25.10.17 um 02 Uhr MESZ verlagerte sich die Zyklone FLORENZ mit dem Hauptkern nur ein wenig ostwärts und befand sich weiterhin mit einem Druck von 987 hPa rund 500 km südlich von Island. 1700 km östlich vom Hauptkern, der den Namen FLORENZ I trug, entstand ein Randtief FLORENZ II mit einem minimalen Druck von etwa 1006 hPa über dem Süden Norwegens. Beide Tiefdruckgebilde waren mit einer bogenförmigen Okklusion verbunden. Diese Mischfront teilte sich am Okklusionspunkt über dem nördlichen Kattegat in eine Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront reichte von diesem Punkt im Bogen südost- bzw. südwestwärts bis fast zum Zentrum des Hochs ULRIKE, welches über dem Schwarzwald lag. Die kurze Kaltfront zog sich quer über Dänemark und die Nordsee, wo sich die nächste kleine Wellenstörung anschloss. Der meiste Niederschlag entlang der Okklusion fiel im Süden von Norwegen und Schweden. Die höchsten 12-stündigen Regenmengen bis 08 Uhr MESZ wurden im Bereich Oslo gemessen. An der Station Melsom waren es 26 l/m², in Hakadal 28 l/m² und in Tryvasshogda 30 l/m². Nur unwesentlich weniger regnete es an der Warmfront über Brandenburg und dem Grenzgebiet zu Polen. In Slubice kamen im selben Zeitraum 20 l/m² zusammen. Im Bereich der mit Schauern durchsetzten Kaltfront fielen immerhin noch 4 l/m² in Silstrup, Borris oder Alestrup und 5 l/m² in Schleswig. Hinter der Okklusion gelang maritime Polarluft nach Irland und Schottland. Dort stiegen die Temperaturen nur auf 13°C in Glasgow, 13,4°C am Flughafen von Belfast oder 13,8°C am Dubliner Flughafen. Im Bereich hinter der Warmfront wurde hingegen örtlich die 20-Grad-Marke geknackt, wie in Bernburg mit 20,1°C oder in Andernach mit 20,6°C.

Der Tiefdruckkomplex FLORENZ zog bis zum nächsten Tag in Richtung Osten. Das Teiltief FLORENZ I hatte sich mit einem Kerndruck von ungefähr 1003 hPa weiter abgeschwächt, wodurch sich die verbindende Okklusion auflöste. Übrig blieb nur eine rund 950 km lange Mischfront nördlich der Britischen Inseln, wo beim Durchzug von Schauern in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ bis zu 14 l/m² am Loch Glascarnoch fielen. Verstärkt hatte sich dagegen das Teiltief FLORENZ II. Mit einem minimalen Druck von knapp unter 1000 hPa über dem Westen Estlands reichte dessen Okklusion südostwärts bis über den Südosten Litauens, wo die maximale Regenmenge in der erwähnten Zeitspanne 14 l/m² in Skriveri betrug. Dort befand sich der Okklusionspunkt, von wo sich die Warmfront weiter nach Südosten bis zu den Karpaten erstreckte. Entlang einer Warmfront gleitet langsam die wärmere Luft über die vorlaufende kühlere Luftmasse auf und es bildete sich stratiformer Niederschlag, der gewöhnlich aus Altostratus- und Nimbostratuswolken fiel. So regnete es im Norden Weißrusslands in Verhnedvinsk im selben Zeitraum 16 l/m² oder in der Hauptstadt Minsk 10 l/m². Die nur in der Höhe ausgeprägte Kaltfront verlief im Bogen über dem Südbaltikum, Polen, Tschechien bis über den Süden Deutschlands. Im Allgemeinen produzierte diese Front nur sehr wenig Niederschlag, wobei die Höhenkaltfront in die Warmfront eines Tiefs über dem Atlantik überging und zusätzlich bis über die Nordflanke des Hochdruckgebiets ULRIKE reichte. Höchstens wurden in der genannten Zeitspanne 2 l/m², so zum Beispiel in Krosno im Südwesten Weißrusslands, an Regen gemessen. Vor der Warmfront herrschte teilweise Dauerfrost, wie beispielsweise in Tilrikoja mit maximal -0,1°C. Hinter der Kaltfront floss maritim erwärmte Subpolarluft ein, wodurch Höchstwerte von 11,6°C in Lodz, 11,9°C in Stettin oder 13,5°C in Magdeburg erreicht wurden. Da sich das Teiltief FLORENZ II verstärkt hatte und weiter östlich ein kräftiges Hoch über Sibirien lag, erreichte der Wind in Böen gebietsweise Sturmstärke. In Kunda und Sorve in Estland wurden an diesem Tag Böen der Stärke 9 gemessen.

Bis zum 27.10.17 löste sich das Teiltief FLORENZ I vollständig auf, wodurch lediglich das zweite Zentrum mit einem Druck von circa 1004 hPa etwa 200 km südlich von St. Petersburg als Zyklone FLORENZ analysiert werden konnte. Die zugehörige Okklusion erstreckte sich im Bogen vom Norden Estlands bis zum Okklusionspunkt am oberen Dnjepr. Anschließend verlief die Kaltfront vom Norden Dänemarks ostwärts bis nach Weißrussland. Dort hatte sich die kältere Luft bereits unter die wärmere Luft im Warmsektor geschoben. Vom Okklusionspunkt gen Süden verlief die Warmfront bis zur Mündung des Dnjepr. Da Tiefdruckgebiete gewöhnlich über Osteuropa an Kraft verlieren, ließen die Niederschläge an den Fronten des Wirbels FLORENZ nach. Nur am westlichen Ende der Kaltfront wurden noch über 10 l/m² erreicht, wie in Rangedala und Hastveda in Südschweden mit jeweils 16 l/m² und in Kaunas mit 14 l/m², wo ein kräftiger Schauer entlangzog. Sonst lagen die Regenmengen bei höchstens 9 l/m² in Mogilev östlich von Minsk. Vor der Warmfront gab es weiterhin größtenteils Dauerfrost, während im Warmsektor Temperaturen bis zu 14,5°C in Bernburg gemessen wurden. Hinter der Kaltfront strömte wiederum Subpolarluft nach Nordeuropa bei maximal 6°C in Norrköping, 6,8°C in Ventspils oder 5,4°C an der Station Stockholm-Bromma.

Am folgenden Tag hatte sich das Tief FLORENZ so weit abgeschwächt, dass es nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden konnte.

 

Geschrieben am 10.01.2018 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 25.10.2017

Pate: Florenz Wächter