Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FRANK

(getauft am 11.11.2015)

 

In den Abendstunden des 10.11.2015 entstand an der Südflanke des mit Zentrum südwestlich von Island liegenden Tiefs DIETER beim Vorstoß maritimer Arktikluft nach Süden über dem Atlantik eine Tiefdruckwelle, welche am Morgen des 11.11. in der Prognose für den Folgetag von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen FRANK getauft wurde. Vom Zentrum der Welle reichte eine kurze Warmfront südostwärts und eine Kaltfront südwestwärts bis zur ostamerikanischen Atlantikküste.

Das Tief FRANK verlagerte sich in der Folgezeit rasch ostwärts und befand sich am 12.11. um 01 Uhr MEZ ca. 600 km vor der irischen Küste. Dabei hatte sich der Wirbel zu einem Sturmtief verstärkt und begann zu okkludieren. In der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die Warmfront einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront zusammentreffen, heißt Okklusionspunkt. Die Okklusion führte vom Kern des Tiefs, in dem ein Luftdruck von knapp 990 hPa herrschte, kurz in Richtung Südwesten. Südostwärts wurde eine kurze Warmfront analysiert, die Kaltfront erstreckte sich in Richtung Südwesten bis weit über den Atlantik.

In den Frühstunden und am Vormittag des 12.11. verstärkte sich der Tiefdruckwirbel FRANK weiter bis zu einem Orkantief. Gegen Mittag erreichten dann die ersten Frontausläufer mit anhaltenden Niederschlägen sowie Sturm- und Orkanböen die irische Küste und den Südwesten Englands. In Belmullet im Nordwesten Irlands wurden Orkanböen von bis zu 122,5 km/h gemessen. Am Nachmittag und am Abend verlagerten sich die Niederschläge mit der Zugbahn des Tiefs nordostwärts und das Gebiet des stärksten Windes war im Bereich zwischen dem Norden Irlands über Schottland bis zu den Shetlandinseln zu finden. Auf dem Great Dun Fell, einem 848 m hohen Berg im Norden Englands, wurden zum Abend Orkanböen bis 161,2 km/h registriert, in Cairnwell in den schottischen Highlands immerhin noch bis 140,8 km/h und nahe der Station South Uist Range an der schottischen Küste 135,3 km/h.

In der Nacht zog das Orkantief FRANK weiter nordwärts und lag am 13.11. um 01 Uhr MEZ mit seinem Kern westlich der Faröer Inseln. Der zentrumsnahe Luftdruck war nochmals deutlich gesunken und betrug nun unter 970 hPa. Vom Zentrum verlief die Okklusion bis zur norwegischen Küste auf Breite der Stadt Bergen und spaltete sich dort in eine bis Rügen verlaufende Warm- und eine bis zum spanischen Nordwesten reichende Kaltfront auf. Auf der Rückseite der Kaltfront wurde zudem Polarluft maritimen Ursprungs in den Westen Europas geführt, wodurch auch in der Nacht noch starke Regenschauer mit Sturmböen über Großbritannien und Irland auftraten. Bis 07 Uhr MEZ hatten sich die Niederschläge des Vortages und der Nacht auf vielfach über 20 mm summiert, der Höchstwert wurde in der nordenglischen Stadt Shap mit 25,0 mm verzeichnet. Im Stau des skandinavischen Gebirges wurden im Südwesten Norwegens im Bereich der Warmfront 12-stündige Niederschlagssummen von 15 mm bis zu 24 mm in Kvamskogen-Jonshogdi gemessen.

Am Vormittag des 13.11. zog das Frontensystem des Tiefs FRANK mit der Hauptströmung weiter nach Osten. Das Hauptsturmfeld im Bereich der Kaltfront schwächte sich zwar zusehends ab, sorgte aber immer noch für Sturmböen im Flachland und Orkanböen in den Hochlagen. Zum Nachmittag und Abend zog die Kaltfront über Deutschland hinweg und war dabei vor allem im Norden noch sehr wetteraktiv. So löste sie vor allem im Nordseeumfeld, dem südlichen Niedersachsen und dem nördlichen Brandenburg einzelne Gewitterzellen aus. Die stärksten Böen traten dabei an der Nordsee mit über 100 km/h auf, wie beispielsweise mit 101 km/h in St. Peter Ording. Im norddeutschen Tiefland traten Sturmböen von 80 bis 90 km/h auf, die stärkste Böe deutschlandweit mit 120 km/h wurde auf dem Brocken registriert. Auch entlang der norwegischen Küste und auf den Gipfeln des skandinavischen Gebirges traten Sturm- und Orkanböen von 100 bis 120 km/h auf.

Bis 01 Uhr MEZ des 14.11. hatte sich das Zentrum des Tiefdruckkomplexes FRANK nur wenig weiter nordostwärts verlagert, der Luftdruck im Inneren war jedoch leicht auf knapp 974 hPa angestiegen. Die Okklusion reichte hierbei vom Kern über Skandinavien bis zur lettischen Küste. Von dort aus verlief die Warmfront bis zum Schwarzen Meer und die Kaltfront quer über den europäischen Kontinent bis über den Golf von Biskaya. In der zweiten Nachthälfte traten auf Sylt mit 119 km/h und 112 km/h am Kap Arkona auf Rügen nochmals schwere Sturm- und Orkanböen auf. Die höchsten Niederschlagssummen beim Durchgang der Fronten traten dabei bis 07 Uhr MEZ in Südnorwegen und im Küstenumfeld des Skagerraks auf. So wurden in Bergen 24-stündig 29,8 mm und in der schwedischen Stadt Torpup 23,6 mm Niederschlag gemessen. In Deutschland wurde die höchste Niederschlagssumme in Schleswig-Holstein an der Station Glücksburg/Meierwik mit 12,8 mm registriert.

Während sich das Zentrum des Tiefs FRANK nur wenig nordwärts entlang der norwegischen Küste bewegte, bildete sich nördlich des Nordkaps im Tagesverlauf ein zweites Tiefdruckzentrum aus. Der südlichere Kern wurde nachfolgend als Tief FRANK I bezeichnet, der nördlichere als Tief FRANK II. Die Wetteraktivität im Bereich des immer weiter okkludierenden Frontensystems nahm immer mehr ab. So regnete es zwar im Ostseeumfeld länger anhaltend, jedoch traten im Zusammenhang mit dem Tiefdrucksystem keine Orkanböen und nur noch an der norwegischen Küste vereinzelt Sturmböen auf. Nördlich des Polarkreises fiel der Niederschlag durchgängig in Form von Schnee und sorgte dort für einige Zentimeter Neuschnee.

Bis in die Frühstunden des 15.11. hatte sich das Tief FRANK I mit einem weiter angestiegenen Kerndruck von ca. 990 hPa bis über die norwegische Stadt Trondheim verlagert. Das zweite Tiefzentrum befand sich über der in der Barentsee liegenden norwegischen Insel Bjørnøya, zu Deutsch Bäreninsel, mit einem zentrumsnahen Luftdruck von knapp 986 hPa. Die Okklusion reichte vom Kern des Tiefs FRANK II über Skandinavien bis über das Grenzgebiet zwischen Estland und Russland und ging dort in die Okklusion eines Randtiefs über Westrussland über. Von dessen Kern führte eine weitere Okklusion bis zum Schwarzen Meer und weiter als Kaltfront bis zur Adria. Im Bereich der Okklusion traten bis 07 Uhr MEZ Niederschlagssummen von bis zu 20 mm im russisch–weißrussischen Grenzgebiet auf, wie zum Beispiel in der russischen Stadt Dno mit 21 mm. Im nördlichen Schweden und Finnland wurden innerhalb der vorangegangen 24 Stunden 5 bis 10 mm Niederschlag gemessen. Weiter nördlich und in Richtung Spitzbergen regnete und schneite es zu diesem Zeitpunkt noch anhaltend.

Im Verlauf des Tages schwächte sich das südliche Tiefzentrum immer weiter ab und löste sich zum Abend hin auf. Der weiter nördlich gelegene Tiefdruckkern, welcher im nachfolgenden als Tief FRANK bezeichnet wird, verlagerte sich indes nur wenig weiter nordwärts und befand sich am Morgen des 16.11. südlich der Küste Spitzbergens. Der Kerndruck hatte sich mit knapp unter 988 hPa jedoch nur unwesentlich verändert. 24-stündig wurden bis 07 Uhr MEZ aufgrund der immer weiter voranschreitenden Abschwächung des Wirbels nur Niederschlagsmengen von 3 bis 5 mm über Spitzbergen registriert. Das Tief FRANK schwächte sich im Folgenden immer weiter ab. Die an das Tief gebundene Okklusion löste sich immer weiter auf und reichte nur noch bis über den Norden Skandinaviens.

Am 17.11. um 01 Uhr MEZ wurde das Zentrum des Tiefs mit einem Luftdruck von ca. 990 hPa über Spitzbergen analysiert, sorgte aber nur noch vereinzelt für Schaueraktivität in dieser Region. Im Tagesverlauf schwächte sich das Tief dann immer weiter ab und verlagerte sich nordwärts aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.

Das Tief Frank sorgte insgesamt mehrere Tage für stürmisches und regnerisches Wetter in Großbritannien, Mitteleuropa und Nordeuropa und brachte vereinzelt Orkanböen mit sich.

 


Geschrieben am 16.12.2015 von Maximilian Steinbach

Berliner Wetterkarte: 13.11.2015

Pate: Frank Rehwald