Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FRANZISKA

(getauft am 29.03.2018)

 

Im Laufe des 29.03.2018 entwickelte sich über dem Golf von Genua aus einer Wellenstörung ein Tiefdruckgebiet, wegen seines Entstehungsorts auch als Genua-Tief bezeichnet. Vorangegangen war das Einfließen kalter Luft über die Alpen in den Mittelmeerraum. Ein Genua-Tief bringt häufig ergiebige Niederschläge, da die warme Luft die Feuchtigkeit des Mittelmeers gut aufnehmen kann. Im Tagesverlauf verstärkte sich die Zyklone bei weiterem Druckfall, wodurch für diesen Wirbel eine Einflussnahme auf das europäische Wettergeschehen vorhergesagt wurde. Aus diesem Grund taufte die Berliner Wetterkarte am 29.03.2018 um 20 Uhr MESZ die Zyklone in der Prognose für den 30.03.2018 auf den Namen FRANZISKA.

Bis zum Prognosetag verlagerte sich die Zyklone FRANZISKA nur sehr träge und lag am 30.03.2018 um 02 Uhr MESZ mit ihrem Kern zentral über Genua. Die Ursache für die relativ träge Verlagerung des Tiefdruckgebiets lag an der Konstellation der umliegenden Druckgebilde, genauer gesagt die der Hochdruckgebiete. Die betrachtete Zyklone FRANZISKA wurde vor allem aus südlicher und nördlicher Richtung von Hochdruckkomplexen flankiert, sodass sich eine sogenannte Blockierung einstellte und somit die sonst oftmals ausgeprägte Westströmung abgeschwächt wurde. Das Frontensystem bestand zu diesem Zeitpunkt aus einer kleinskaligen Warm- und Kaltfront. Warm- und Kaltfront bezeichnen hier die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen, an denen durch gegenseitige Hebungsprozesse Kondensations- und somit auch Niederschlagsprozesse einsetzen. Vom Kern des Tiefs, mit einem Luftdruck von knapp unter 1010 hPa, zog sich die Kaltfront zum Analysezeitpunkt in einer leicht gebogenen Bahn in südwestliche Richtung, wo sie sich über Maó mit der Warmfront eines weiteren Tiefdruckgebiets vereinte. Auf der anderen Seite verlief die Warmfront ebenfalls in einer leichten Kurve vom Kern aus in nordöstliche Richtung, bis sie über Budapest schließlich in die Kaltfront der Zyklone ELISABETH überging. Im Bereich dieser kam es vor allem vormittags und mittags zu lokal relativ langanhaltenden Niederschlagsereignissen leichter Intensität. So zum Beispiel auch im österreichischen Villach, wo in einem Zeitraum von 6 Stunden bis 14 Uhr MESZ 3 mm Niederschlag gefallen sind. Im gleichen Zeitraum wurde im slowenischen Ljubljana mit 2 mm ein nur geringfügig niedrigerer Wert registriert. In höheren und exponierten Lagen waren die Niederschläge hingegen im Vergleich dazu nicht besonders langanhaltend, dafür jedoch deutlich intensiver. So wurden in den Abendstunden in Höhen von über 1500 m in einigen Ortschaften der Schweiz wie Buffalora oder Latsch innerhalb einer Stunde 3 mm Niederschlag registriert. Im Bereich der Kaltfront wurden hingegen um einiges höhere Werte erzielt, was nicht zuletzt auch an dem verhältnismäßig stationären Charakter des Kerns lag, wodurch die Niederschläge besonders lang und intensiv ausfielen. Davon betroffen war vor allem die Schweiz und einige wenige Regionen im äußersten Südosten Frankreichs. So wurden in einem
 6-stündigen Zeitfenster bis 02 Uhr MESZ in zahlreichen Ortschaften der Schweiz Regen- und Schneeregenmengen von über 20 mm registriert, wobei in einigen Ortschaften in besonders hohen Lagen wie Goescheneralp, Guttannen und Grimsel Hospiz sogar über 30 mm fielen. Durch topographische Erhebungen dieser Art werden die feuchten Luftmassen entlang des Gebirgszugs zum orographischen Aufstieg gezwungen, wobei es zu Abkühlungs- und Kondensationsprozessen kommt, wodurch die Niederschläge meist intensiver ausfallen, als in ebenen Regionen nahe dem Meeresspiegel. Zudem kam es beim Durchzug der Kaltfront in der Lombardei zur Entstehung von Gewitterzellen, die für von Schauern begleitete Niederschläge sorgten.

Bis zum 31.03.2018 verlagerte sich die Zyklone FRANZISKA mit einem Kerndruck von knapp unter 1005 hPa in östliche Richtung bis sie schließlich zum Analysezeitpunkt um 02 Uhr MESZ über Mailand lag. Auch in diesem Fall erklärt sich die schleppende Verlagerung des Tiefs durch einen breiten Hochdruckkomplex, der sich nahezu über den gesamten russischen Raum bis zum Roten Meer erstreckte und somit für eine Abschwächung der Westströmung sorgte. Die Kaltfront hatte ihren Einflussbereich bis zu diesem Zeitpunkt deutlich erweitert und verlief vom Kern aus in einem langen Bogen in südwestliche Richtung über Sardinien bis nach Algier, wohingegen die kleinskalige Warmfront vom Kern aus in nordwestliche Richtung verlief, bis sie sich mit der Kaltfront eines Tiefs über München vereinte. Bei diesem, über München zu verortenden, Tief handelte es sich um ein Teiltief, welches von einem nahezu vollständig okkludierten Tief über London gesteuert wurde. Dass sich Kerne im Bereich des Okklusionspunkts entwickeln, wie es auch über München der Fall war, kommt relativ häufig vor, da die Luft an jenem Punkt durch einsetzende Hebungsprozesse und Druckfall am Boden am stärksten aufsteigt. Dieser Punkt beschreibt in der Meteorologie den Ort, an dem Warm- und Kaltfront beginnen sich miteinander zu vereinen, da die Kaltfront die Eigenschaft besitzt schneller zu strömen als die Warmfront und diese mit der Zeit einholt, wodurch eine Mischfront, auch Okklusion genannt, entsteht. Durch die Vereinigung von Wirbel FRANZISKA mit dem Kern im Bereich des Okklusionspunkts und der zusätzlich äußerst dynamischen Verlagerung der Fronten, wurden vor allem im mittel- und osteuropäischen Raum ausgedehnte Niederschlagsfelder und entsprechend hohe Niederschlagsmengen registriert. So wurden an vielen Messstationen in Kroatien, Ungarn und Bosnien-Herzegowina in einem 12-stündigen Messintervall bis 20 Uhr MESZ Regenmengen von 20 mm verzeichnet. Darüber hinaus gab es noch zahlreiche weitere Wetterstationen an denen in den Abendstunden im gleichen Zeitraum Niederschlagsmengen von 8 bis 10 mm erfasst wurden. Zusätzlich sorgte der Frontendurchgang in den soeben genannten Regionen vereinzelt für das Aufkommen kleinräumiger Gewitterzellen, in deren Einflussbereich die Niederschläge durch schauerartige Verstärkung besonders kräftig ausfielen. Bevor die Kaltfront in den Nachtstunden letztlich auch den osteuropäischen Raum ergriffen hat, wurde im Warmsektor vielerorts die 25°C-Marke erreicht und teilweise sogar noch überschritten.

Bis zum 01.04.2018 um 02 Uhr MESZ verstärkte sich der Wirbel FRANZISKA weiterhin und verlagerte sich bis zum Analysezeitpunkt etwas in östliche Richtung, bis er schließlich mit seinem Kern und einem Druck von 995 hPa über Warschau lag. Die Okklusionsfront verlief zu diesem Zeitpunkt vom Kern aus in westliche Richtung und reichte etwa bis nach Hamburg. In deren Einflussbereich sorgten die Wolkenfelder aufgrund der niedrigen Temperaturen um den Gefrierpunkt sowohl für festen als auch für flüssigen Niederschlag. So sorgten die Niederschlagsfelder in der Region rund um den Nordosten Deutschlands in einem 3-stündigen Zeitfenster bis 17 Uhr MESZ für Niederschlagshöhen von 3 bis 4 mm. Der Schwerpunkt der Wetteraktivität konzentrierte sich jedoch auf die Zyklonenvorderseite, wo der Durchgang der Warm- und Kaltfront durch Einsetzen von Hebungsprozessen für deutlich intensivere Niederschläge verantwortlich war. Dieses äußerst ausgedehnte Niederschlagsband reichte von Lettland über Polen und Ungarn bis in die Türkei, wobei die höchsten Regenmengen im Nordosten Europas erfasst wurden. So sorgten die Wolkenfelder in einem 6-stündigen Zeitintervall bis 14 Uhr MESZ verbreitet für Regenmengen von 11 bis 15 mm. Diese Niederschläge setzten sich auch in den folgenden Stunden fort, nahmen dabei jedoch stetig an Intensität ab, sodass in einem Zeitfenster von 6 Stunden bis 02 Uhr MESZ lediglich Höhen von 2 bis 8 mm erreicht wurden. Lediglich im polnischen Raum ließen die Niederschlagsmengen auch zum Abend und in die Nacht hinein nur kaum nach.

Bis zum 02.04.2018 intensivierte sich die Zyklone FRANZISKA bei weiterem Druckfall und verlagerte sich mit ihrem Kern in nordöstliche Richtung, bis sie letzten Endes zum Analysezeitpunkt um 02 Uhr MESZ ungefähr 100 km südwestlich der Stadt Minsk zu lokalisieren war. Zum Zeitpunkt der Analyse besaß das Tiefdruckgebiet eine überaus komplexe Frontenstruktur mit einer ausgeprägten Warm- und Kaltfront sowie mehreren okkludierten Fronten. An diesem Tag fielen die Niederschläge im Vergleich zu den vorherigen Tagen im gesamten Einflussgebiet deutlich niedriger aus, was nicht zuletzt auch am stark okkludierten Charakter der Front lag, sodass die nötige Energiezufuhr gedrosselt wurde. So wurde in einem 12-stündigen Zeitfenster bis 20 Uhr MESZ nur vereinzelt und auf kleine Regionen beschränkt Regenmengen von 12 bis 16 mm erreicht. Der weitaus größte Teil der Wetterstationen im Einflussgebiet registrierte hingegen im selbigen Zeitraum Mengen von 2 bis
9 mm.

Zum folgenden Tag, dem 03.04.2018, verlagerte sich der Wirbel FRANZISKA stetig Richtung Norden bis er schließlich um 02 Uhr MESZ etwa 200 km nordwestlich der Stadt Helsinki zu lokalisieren war. Im Laufe des Tages verlor der Tiefdruckkomplex bei einem Druckanstieg weiter an Intensität und es wurden in dem doch äußerst großen Einflussgebiet lediglich 12-stündige Regenmengen von unter 10 mm festgestellt.

Ein sehr ähnliches Bild ergab sich auch am folgenden Tag, an dem die Zyklone FRANZISKA bei weiterer Abschwächung Energie verlor und sich in Richtung Weißes Meer verlagert hat. Nun erreichten die 12-stündigen Niederschlagsmengen nicht einmal mehr die 5 mm Marke.

Am 05.04.2018 verlagerte sich der Tiefdruckkomplex, bei einer Aufteilung in zwei einzelne Teiltiefs, weiter in östliche Richtung bis zum Föderationskreis Ural. An diesem Tag blieben die Niederschlagsmengen in einem 24-stündigen Zeitfenster im einstelligen Wertebereich.

Bis zum 06.04.2018 verließ die Zyklone FRANZISKA den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte und konnte somit nicht weiter namentlich auf dieser erwähnt werden.