Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
FRIEDERIKE
(getauft am 16.01.2018)
Am 16.01.
wurde anhand einer Prognosekarte für 12 Uhr UTC des folgenden Tages ein über
dem Atlantik liegender Tiefdruckwirbel auf den Namen FRIEDERIKE getauft, dessen
Genese bereits wenige Tage zuvor entlang der Ostküste Nordamerikas begonnen
hatte.
Mit einem
Kerndruck von knapp 1010 hPa lag das Zentrum des Wirbels FRIEDERIKE um 00 Uhr
UTC des 17.01. noch östlich von Neufundland, in etwa auf der Schnittlinie vom
grönländischen Tasiilaq und Paris, etwa 1400
Kilometer westlich der für 12 Uhr UTC prognostizierten Position. Zu diesem
Zeitpunkt reichte eine Warmfront in südöstlicher sowie auch eine Kaltfront in
südwestlicher Richtung über den Atlantik. Hebungsprozesse im Bereich der
Frontenausläufer sowie entlang des Zentrum des Wirbels ließen ein ausgeprägtes
Niederschlagsband entstehen, das sich mit dem Wirbel unter zunehmender
Verstärkung nach Osten verlagerte. Bereits gegen 18 Uhr UTC, dies entspricht 20
Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit, hatte dieses zunächst die Britischen Inseln
und gegen 21 Uhr UTC mit Frankreich auch das Europäische Festland erreicht.
Dabei fielen in einem Zeitraum von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC des folgenden
Morgens im französischen Langres 10 mm, im irischen Finner 12 mm und im walisischen Capel Curig
21,8 mm. Der überwiegend westliche Wind hatte mit Annäherung des sich zu einem
Orkantief verstärkenden Wirbels über den Britischen Inseln zunehmend an Stärke
gewonnen und erreichte ab etwa 18 Uhr UTC über Irland beziehungsweise ab circa
21 Uhr UTC über Südengland an exponierten Lagen Orkanstärke. So maßen die
Anemometer an der Küstenstation am Mace Head Spitzenböen bis 108,1 km/h, in Aberdaron 126,0 km/h und in Capel Curig
Böen von bis zu 150,1 km/h. Bereits tags zuvor wurden am Rande des Tiefs EVI
über den Britischen Inseln von einigen Stationen Orkanböen gemeldet, sodass die
zwischenzeitliche Wetterberuhigung nur von kurzer Dauer war. Über Frankreich
wurden erste Orkanböen in den frühen Morgenstunden des 18.01. registriert, wie
beispielsweise bei Barfluer mit 131,6 km/h, ehe sich
das Sturmfeld nach Deutschland verlagerte.
Durch eine
starke westliche Höhenströmung war das sich zu einem Orkan verstärkende
Sturmtief FRIEDERIKE in Richtung der Britischen Inseln gezogen und befand sich
mit einem auf unter 990 hPa gefallenen Kerndruck am 18.01. um 00 Uhr UTC über
der Irischen See, unweit der Isle of Man. Vom Kern
zog sich eine Warmfront über London und Caen in Richtung der Iberischen
Halbinsel. Die ihr nachfolgende Kaltfront erstreckte sich hingegen über
Cornwall und die keltische See nach Westen und ging anschließend östlich von
Neufundland mit dem Frontensystem eines unbenannten, östlich von Washington
über dem Atlantik liegenden Tiefs über. Das Hauptsturmfeld hatte ab etwa 12 Uhr
UTC Deutschland erreicht, genau 11 Jahre nach dem Orkantief KYRILL, und erstreckte
sich unter Ostverlagerung in einem breiten Streifen von Nordrhein-Westfalen bis
nach Sachsen. An der Messstation auf dem Großen Arber erreichte der Westwind in
den Mittags- und Abendstunden Böen bis 140,5 km/h, auf dem Fichtelberg
bis 172,2 km/h und auf dem Brocken gar bis zu 205,3 km/h. Auch in den tieferen
Lagen wurde verbreitet Orkan mit Windspitzen über 118 km/h gemessen. Dresden
registrierte Böen bis 122,5 km/h, Osnabrück bis 126,1 km/h und Gera bis 136,9
km/h. Auch aus dem Flachland, wie aus Berlin-Dahlem, Bremen oder Lingen wurden
schwere Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufortskala von jeweils bis zu 93,7
km/h gemeldet. Zum Vergleich: Während des Orkantiefs KYRILL waren auf den
Brocken Spitzenböen von 198,1 km/h und an der Station in Berlin-Dahlem von
126,1 km/h gemessen worden. Die Niederschlagsmengen und Intensitäten waren indes
lokal sehr unterschiedlich ausgeprägt, bedingt auch durch die hohe
Zuggeschwindigkeit des Orkanwirbels. Die höheren Niederschlagsintensitäten
konzentrierten sich dabei südlich des über Norddeutschland hinweg nach Osten
ziehenden Wirbels, die größeren Niederschlagssummen hingegen wurden im Stau der
Alpen und Mittelgebirge registriert. Waren durch Regen und Sprühregen in Berlin
6,1 mm, durch in Regen übergehender Schneefall in Lübeck-Blankenesee
16 mm und durch Regen und Schneeregenschauer bei Nordholz 18,4 mm gefallen,
führte anhaltender Regen in Kempten zu 25,8 mm, in Freudenstadt 40,3 mm und auf
dem Großen Arber, in Schneefall übergehend, 45,6 mm mit sich. Mit dem Wirbel FRIEDERIKE
verlagerten sich auch die Niederschläge im Tagesverlauf von Deutschland nach
Polen, wobei diese auf dem Weg nach Osten zunehmend an Intensität verloren und
verbreitet begannen in Schneefall überzugehen. Beispielsweise brachten Regen
und Schneeregen in Stettin 11,5 mm, in Warschau 9,2 mm und Schneeschauer in
Lublin 4,9 mm Niederschlag. Auch der Wind hatte an Stärke verloren. Orkan- oder
orkanartige Böen wurden lediglich noch entlang der Hochlagen der Westkarpaten
registriert. So etwa bei Bielsko-Biala mit 115,3 km/h,
auf dem Kasprowy Wierch mit
126,1 km/h oder der Schneekoppe mit 133,3 km/h. Stürmische bis schwere
Sturmböen der Stärken 8 bis 10 maßen unter anderem die Anemometer in Krakau mit
Windspitzen von 72,0 km/h, in Breslau von 93,7 km/h und in Hirschberg von 100,9
km/h. In der Nordhälfte Polens hingegen überschritt der Westwind mit Spitzen
zwischen 46 und 54 km/h nur noch vereinzelt die Stärken 6 bis 7.
Gegen 00 Uhr
UTC des 19.01. lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels FRIEDERIKE mit nur geringfügig
verändertem Kerndruck unweit von Warschau. Dessen Warmfront war in den
vergangenen Stunden von der ihr nacheilenden Kaltfront weitestgehend eingeholt
worden, sodass sich entlang derer eine weitreichende Okklusionsfront
ausgebildet hatte. Diese reichte östlich des Kerns ausgehend in einem Bogen
über Krakau und Budapest bis nach Zagreb. Über den Ostalpen zwischenzeitlich
den Charakter einer Warmfront annehmend ging diese anschließend in eine
Kaltfront über, die sich über Liechtenstein, Genf und Bordeaux nach Südwesten
zog und sich über dem Atlantik mit dem Frontensystem eines vor Neufundland
liegenden Tiefs verband. Über dem Alpenraum setzte im Tagesverlauf entlang
dieser Front die Entwicklung neuer Tiefdruckzentren ein, die anschließend für
die Balkanregion wetterbestimmend wurden. Während sich das Tief FRIEDERIKE
weiter nach Osten in Richtung Weißrussland verlagerte, wurden an dessen
Rückseite Luftmassen subpolaren Ursprungs nach Mitteleuropa gelenkt, wodurch
sich nach Abzug des Tiefs über Deutschland ein kühlerer und wechselhafterer
Witterungsabschnitt einstellte. Jedoch wurden bis auf einige Ausnahmen im
Bereich der Gebirgs- und Küstenregionen nur selten Niederschlagsmengen von zwei
Millimetern in 24 Stunden überschritten. So meldete die Messstation am
Flughafen Köln-Bonn bis 06 Uhr UTC lediglich 0,1 mm, Hannover 0,7 mm, und
Berlin-Dahlem 2,0 mm, wohingegen im selben Zeitraum in Leck anhaltender Regen
7,7 mm, in Göttingen in Schneefall übergehender Regen 11,2 mm und in Schmücke
Schneeschauer 20,4 mm mit sich brachten. Über Polen waren die Niederschläge
überwiegend und über Weißrussland gänzlich in Schnee übergegangen. Innerhalb
von 24 Stunden fielen dabei in Minsk 3,0 mm, in Zytkavicy 6,0 und im
polnischen Milejewo 10,8 mm. Der Wind hatte ebenso an
Intensität verloren, erreichte über Weißrussland in Böen die Stärken 5 bis 6
und über Polen, mit Ausnahme einiger besonders exponierter Lagen, die Stärken 6
bis 7, vereinzelt auch 8. Beispielsweise wurden in Minsk Windspitzen von 36,0
km/h, in Warschau und Lodz von jeweils 54,0 km/h und am Sportflughafen nahe des
polnischen Radawiec Böen bis 64,8 km/h gemessen.
Stärker wehte der Wind in den Hochlagen der Gebirge. Auf dem Kasprowy Wierch wurden Sturmböen
der Stärke 9 bis 79,3 km/h erreicht, aus Kaliningrad hingegen, auf der
Nordseite des Wirbels gelegen, wurden nur 25,2 km/h gemeldet, Stärke 4.
Am 20.01.
befand sich der sich allmählich auffüllende und somit abschwächende
Tiefdruckwirbel FRIEDERIKE um 00 Uhr UTC mit einem auf 1005 hPa angestiegenen
Druck über Weißrussland, östlich von Minsk. Sein Frontensystem hatte begonnen
sich stark einzudrehen: Die zunächst südöstlich des Kerns ausgehende
Okklusionsfront beschrieb einen engen Bogen um den Kern über Brest, Riga und
Smolensk nach Südwesten bis nach Wolgodonsk, wo sie anschließend scharf nach
Westen abbog und über dem Schwarzen Meer in die Warmfront eines am Vortag
südlich der Alpen entstandenen Tiefs überging. Eine zweite Okklusionsfront ging
bei Riga von der ersten ab, die das Tief FRIEDERIKE mit dem Kern eines südlich
von Murmansk liegenden, unbenannten Wirbels verband. Durch die am Rande des
Wirbels nach Mitteleuropa geführten subpolaren Luftmassen gingen die
Temperaturen über Deutschland nach vorübergehender Erwärmung wieder spürbar
zurück. Betrugen die Tageshöchstwerte in Essen 48 Stunden zuvor noch 9,7°C und
in Andernach 12,5°C, stieg das Quecksilber im Laufe des 20.01. nur noch auf
maximal 3,3°C und 4,4°C. Die dem Tiefdruckwirbel FRIEDERIKE zuzuordnenden
Niederschläge konzentrierten sich im Wesentlichen noch entlang des sich unter zunehmender Abschwächung nach Russland verlagernden
Zentrums. Größere Niederschlagsmengen wurden durch den anhaltenden, meist
leichten Schneefall jedoch nur selten registriert. Minsk meldete bis 06 Uhr UTC
binnen 24 Stunden 1,2 mm, Smolensk 1,5 mm und Moskau 7,0 mm. Der Wind hatte
ebenso nachgelassen. Böen der Stärken 5 bis sehr vereinzelt 6 wurden lediglich
nur noch über dem westrussischen Raum gemessen.
Zum 21.01.
zog das Zentrum des Tiefdruckwirbels FRIEDERIKE nach Westrussland und lag mit
einem auf etwa 1010 hPa gestiegenen Druck über Smolensk, unweit der Grenze zu
Weißrussland. Vom Kern erstreckte sich eine nur noch geringfügig wetterwirksame
Warmfront über Moskau und Ufa nach Osten, die in der Höhe den Charakter einer
Okklusionsfront annahm. Im Laufe des 21.01. verlor das einstige Orkantief rasch
an Stärke, sodass dieses am 22.01. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als
eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich
verzeichnet werden konnte. Eine sich aus dem Schwarzmeerraum nach Norden
verlagernde, unbenannte Zyklone wurde nachfolgend für die Region
wetterbestimmend, in dessen Zirkulation das nun schwache Tief FRIEDERIKE
bereits bis etwa 09 Uhr UTC übergegangen war.