Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FRIEDER

(getauft am 20.05.2015)

 

Am 20.05.2015 entstand ein mächtiger Tiefdruckwirbel über der Südostküste Grönlands, welcher in der Prognose für den Folgetag auf den Namen FRIEDER getauft wurde.

Am 21.05.2015 zog das Tief FRIEDER mit einem Kerndruck von 995 hPa nach Osten über Island und prägte mit seinen Ausläufern das Wetter über dem Nordatlantik und den Britischen Inseln. An diesem Tag verlief eine Okklusion, d.h. eine Front mit Eigenschaften einer Kalt- und Warmfront, vom Kern aus über die Nord- und Ostküste Islands, wo sie sich in zwei Fronten aufspaltete. Eine davon verlief als Warmfront weiter über die Westküste Irlands, die andere nach Südwesten und verband sich mit der Warmfront eines unbenannten Tiefs über der Labradorsee. Eine weitere Okklusion, die nur in der Höhe wetteraktiv war, verlief etwas weiter östlich vom Okklusionspunkt über die englischen Midlands bis nach Südwales. Nach Island transportierte das Tief FRIEDER an diesem Tag maritime Luftmassen arktischen Ursprungs, erst aus südlichen, später aus westlichen Richtungen. Keine Wetterstation auf der ganzen Insel meldete Temperaturen unter null Grad. Auf den Färöern, die sich um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, zwischen den zwei Fronten befanden, traten am Abend stürmische Böen auf. In Thorshavn wurde dreimal eine Windgeschwindigkeit von 77,8 km/h gemeldet. In Schottland fiel die größte Niederschlagsmenge in Aultbea mit 18 mm in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC, aber im Süden Englands und Irlands blieb es aufgrund des Hochdruckeinflusses über dem Westen Europas trocken. Im Verlauf des Tages erreichte der Wirbel FRIEDER die Westküste Norwegens und an der Warmfront, die maritime Luftmassen aus Südwesten dorthin transportierte, setzte Regen ein. In Liarvatnet bei Stavanger in Südnorwegen fielen 32 mm an diesem Tag, davon 26 mm zwischen 18 und 00 Uhr UTC, als die Warmfront an der Küste angekommen war. Auch in Bergen, das für sein regnerisches Wetter bekannt ist, wurde Niederschlag beobachtet, dort fielen 13 mm im gleichen Zeitraum wie zuvor.

Bis zum 22.05. zog das Tief FRIEDER weiter nach Osten. Vom Kern erstreckte sich eine rückläufige Okklusionsfront nach Westen über Island. In östliche Richtung reichte die Warmfront nach Süden an der norwegischen Küste entlang. Die Kaltfront zog sich über die Färöer und Schottland und verband sich mit der Warmfront eines unbenannten Tiefs über der Labradorsee. Besonders in Südnorwegen trat reichlich Niederschlag auf, wo maritime Luft aus Norden herantransportiert wurde. In Trondheim wurden bis 12 Uhr UTC 14,4 mm in 12 Stunden gemessen. Der Wind drehte im Verlauf des Tages von Süd auf Nordwest und die Wetterstation in Takle an der Küste nördlich von Bergen meldete 59 mm Niederschlag in 24 Stunden bis 18 Uhr UTC. Im gleichen Zeitraum meldete die Station in Liarvatnet 70 mm. In Deutschland blieb es meist trocken, da sich dort immer noch Hochdruck durchsetzte, doch etwas nördlicher, an der Nordküste Jütlands in Tylstrup, wurden 18 mm Niederschlag gemeldet. Davon fielen 16 mm zwischen 18 und 21 Uhr UTC, als die Okklusion passierte und die stärksten Böen von 53,7 km/h wurden um 15 und 18 Uhr UTC gemeldet, was der Stärke 7 auf der Beaufortskala entspricht. An einigen Stationen wurden noch höhere Windgeschwindigkeiten registriert, wie in Jan Mayen mit 72 km/h, in Krakenes mit 111,7 km/h oder in Synoy mit 100,9 km/h.

Bis zum 23.05. verlagerte sich der Wirbel FRIEDER der Höhenströmung in 5,5 km folgend mit einem Kerndruck von etwas unter 995 hPa weiter nach Nordskandinavien. Dabei verlief eine Front, die zwischen dem Tief FRIEDER und dem Tief GUNNAR, was über der Südspitze Grönlands lag, über Nordeuropa. Diese Front zog sich als Okklusion über Skandinavien und Norddeutschland bis zu den Niederlanden. In der Nähe von Amsterdam spaltete sie sich in eine Warmfront, die bis zur Bretagne reichte, und eine Kaltfront über England bis zur Nordküste Irlands auf. In Berlin war die Passage der Okklusion am Temperaturprofil zu beobachten. An der Wetterstation in Dahlem wurde am Mittag eine Temperatur von 20,9°C gemeldet. Diese sank jedoch um ganze 4 Grad in den folgenden 4 Stunden, während der Wind von West auf Nord drehte. In Nordskandinavien setzte bei Zuströmung von arktischer Meeresluft teilweise steifer Wind ein und in Murmansk wurden am Nachmittag Böen von bis zu 64,8 km/h gemeldet. Im nordnorwegischen Hammerfest fielen 21 mm Niederschlag und es wurde eine Tageshöchsttemperatur von nur 5,2°C gemeldet.

Am 24.05.2015 verlagerte sich das Tief FRIEDER etwas nach Osten und vertiefte sich im Verlauf des Tages auf unter 990 hPa. Dabei zog sich die Okklusion über Finnland, Russland, dem Baltikum, Polen und Deutschland bis zur Nordseeküste der Niederlande. Hauptsächlich in Nordskandinavien machte sich das Tief FRIEDER bemerkbar. In Hammerfest sank die Temperatur von 4,4°C um 00 Uhr UTC auf 1,9°C um 10 Uhr UTC. Durch die arktischen Luftmassen erwärmte sich die Luft nur noch auf 3,2°C. Dort wurden am frühen Morgen Sturmböen von 75,6 km/h gemeldet und es fielen 40,0 mm Niederschlag bis 06 Uhr UTC innerhalb von 12 Stunden. Die Wetterstation in Grasmyrskogen knapp südlich von Trondheim meldete an diesem Tag eine Mitteltemperatur von nur -9 °C. In Murmansk fiel der Druck am frühen Morgen sogar zeitweise auf unter 990 hPa.

Im Laufe des Tages blieb der Kern relativ stationär über der Barentssee. Die mit dem Tief FRIEDER verbundene Okklusion verlief in einen Bogen über Russland und westlich des Südurals weiter als Kaltfront bis südlich von Moskau, wo sie mit einer Warmfront eines über den Karpaten liegenden unbenannten Wirbels verbunden war. In Perm fielen beim Durchgang der Okklusionsfront 16 mm in 12 Stunden bis 03 Uhr UTC. Die Temperatur stieg auf 12,5°C an. Am Folgetag, als das Hoch VIOLA dominierte, wurden noch 18,6°C gemessen.

Bis zum 26.05. spaltete sich das Zentrum des Tiefs FRIEDER in zwei Kerne und verlor etwas an Intensität. Am Abend lagen die zwei Kerne über der Doppelinsel Nowaja Semlja mit einem Kerndruck von je 1000 hPa. Eine Okklusion verlief in einen Bogen über Workuta östlich um das Uralgebirge herum, wo sich das Hoch Viola befand. In Workuta, wo die Okklusion am Abend des 25.05. ankam, dominierten nördliche Windrichtungen bei Niederschlagsmengen von 44 mm in 12 Stunden bis 03 Uhr UTC.

Im weiteren Verlauf schwächte sich der Wirbel FRIEDER zusehends ab, so dass das Tief am 27.05.2015 nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.


Geschrieben von Arnór Tumi Jóhannsson am 07.07.2015

Berliner Wetterkarte: 23.05.2015

Pate: Frieder Klinghardt