Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet FRIEDHELM
(getauft am 07.12.2011)

In der Nacht zum 07.12.2011 befand sich ein bereits existierendes Frontensystem östlich von Neufundland. In diesem bildete sich ein neues Wellentief, das auf den Namen FRIEDHELM getauft wurde. Die Zyklone wies zu diesem Zeitpunkt einen Kerndruck von knapp unter 1015 hPa auf. In den folgenden Stunden entwickelte sich das Wellentief FRIEDHELM zu einem Sturmtief und lag am 08.12.2011 um 00 Uhr UTC, das entspricht
01 Uhr MEZ, mit einem Kerndruck von etwas unter 985 hPa bereits westlich von Schottland. Zu diesem Zeitpunkt verlief die zum Tief FRIEDHELM gehörende Kaltfront vom Zentrum aus bogenförmig südwestwärts hinaus über den Nordatlantik. Seine etwa halb so lange Warmfront erstreckte sich vom Tiefzentrum ausgehend bogenförmig in südlicher Richtung und lag vor der Westküste Irlands. Innerhalb der folgenden sechs Stunden fiel der Druck im Zentrum des Systems deutlich ab, sodass er um 06 UTC nur noch rund 965 hPa betrug. Langfristiger betrachtet hatte sich der Luftdruck innerhalb von 30 Stunden um rund 50 hPa reduziert, was eine deutliche Verstärkung des Tiefs darstellt.

An der Südflanke des Tiefkernes bildete sich dadurch ein Orkanfeld. Um 09 UTC meldete ein Schiff knapp westlich von Schottland eine mittlere  Windgeschwindigkeit von 65 kn. Das entspricht Windstärke 12. Am Mittag des 08.12.2011 griff das Orkanfeld auf Schottland über. Die auf 564 m Höhe gelegene Station Glen Ogle meldete um 12 UTC einen Mittelwind von 60 kn mit schweren Orkanböen bis 90 kn, was 167 km/h entspricht. An zahlreichen Stationen wurden um 12 UTC Orkanböen gemeldet und auf der Insel Sule Skerry nördlich von Schottland ein 3-stündiger Druckfall von 17,1 hPa registriert. Auch dies ist ein Indiz für ein herannahendes Orkantief. Am 09.12.2011 näherte sich der Orkanwirbel FRIEDHELM mit seinem Zentrum Südnorwegen. Seine Okklusion, d. h. die Mischfront aus Kalt- und Warmfront, erstreckte sich an diesem Tag vom Zentrum aus bogenförmig bis zur Mitte Norddeutschlands. Von dort aus erstreckte sich die zugehörige Kaltfront südwestwärts bis hinaus über den Nordatlantik, westlich von Frankreich, und die Warmfront in Richtung Süden bis zum Alpenvorland. Inzwischen hatte sich der Wirbel FRIEDHELM ein wenig abgeschwächt, sodass in Südnorwegen nicht mehr so hohe Windgeschwindigkeiten gemessen wurden wie weiter westlich. In Deutschland traten die stärksten Böen in List auf Sylt auf, wo in der zweiten Nachthälfte 60 kn registriert wurden, das entspricht Windstärke 11. Nach Süden nahmen die Windgeschwindigkeiten in den tiefen Lagen allmählich ab, erreichten aber in höheren Lagen noch volle Orkanstärke wie auf dem Brocken, dort traten kurz vor Mitternacht mit 89 kn ähnliche Werte wie in Schottland auf.

Infolge des kurzzeitigen Warmluftvorstoßes im sogenannten Warmsektor zwischen der Warm- und der Kaltfront, wurden in fast ganz Deutschland die höchsten Temperaturwerte der vergangenen 24 Stunden erst in der Nacht erreicht. Am Rhein stieg die Temperatur im Warmsektor auf 11 bis 12°C. In Berlin-Dahlem trat der Höchstwert mit 8°C in den frühen Morgenstunden ein. Das Frontensystem von Tief FRIEDHELM war außerdem mit einem großräumigen Regengebiet verbunden, sodass in Lüdenscheid 20 und in Meierwik 21 mm Niederschlag gemessen wurden.

Die Zyklone FRIEDHELM verlagerte sich aufgrund der starken wetterbestimmenden Höhenströmung in rund 5500 m rasch weiter nordostwärts. Am 10.12.2011 um 00 UTC befand sie sich dadurch bereits über Südskandinavien und wies dort zwei Zentren auf. Die Kaltfront von Tief FRIEDHELM kam infolge von mehreren Wellenbildungen, also Entwicklungen von neuen, kleinräumigen Tiefs, nur bis Frankreich und den Alpen voran. Hier kam es aber trotzdem zu Niederschlägen, die im Schwarzwald recht ergiebig waren. Die Station auf dem Feldberg meldete eine 24-stündige Niederschlagshöhe von 70 mm. In der Nacht zum 10.12.2011 fielen im Süden Baden-Württembergs und Bayerns bis in die Niederungen herab Schnee, der in Augsburg früh morgens zu einer 2 cm und in Lechfeld zu einer 3 cm hohen Schneedecke führte.

In den küstennahen Gebieten der Nordsee entstanden wiederholt Schauer und sogar Gewitter, die zum Teil recht kräftig waren und von schweren Sturmböen begleitet wurden. Helgoland registrierte am frühen Morgen des 10.12.2011 beispielsweise 54 kn. Begünstigt wurde die Entwicklung dieser sogenannten konvektiven Zellen durch die immer noch relativ hohen Wassertemperaturen der Nordsee von rund 10°C. Hier herrscht durch die kühle darüber streichende Luft ein großer Temperaturunterschied im Bereich über der Wasseroberfläche, der zu einer verstärkten Verdunstung des Nordseewassers und damit zu einer energiereichen Atmosphäre führte. Gebietsweise fielen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern durch die kalte Luft auch Schnee oder Graupel, wobei am frühen Morgen örtlich eine Schneedecke von bis zu 1 cm Höhe entstand.

Am 11.12.2011 lag der Tiefdruckwirbel FRIEDHELM nahezu stationär über Südfinnland und schwächte sich dort langsam ab. Die im Bereich seiner Ausläufer bis in die vergangene Nacht hinein beobachteten Niederschläge im Süden Deutschlands und in den Alpen fielen größtenteils als Schnee oder Schneeregen. Im Münchner Raum wurden am frühen Morgen um 06 UTC etwas mehr als 10 mm Niederschlag in 24 Stunden registriert, im Bodenseeraum lagen die Werte zwischen 16 und 20 mm und im Allgäu waren es knapp 25 mm. Die Schneedecke wuchs vor allem südlich der Donau um 1 cm bis 3 cm weiter an, auf der Zugspitze waren es sogar 5 cm Neuschnee.

Unter voranschreitender Abschwächung zog die Zyklone FRIEDHELM bis zum 12.12.2012 zur Barentssee weiter. Das inzwischen fast vollständig aufgelöste Tiefdruckgebiet FRIEDHELM verlagerte sich geringfügig nach Osten und lag am nächsten Tag westlich der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja. Die Okklusionsfront des Tiefs erstreckte sich dabei trotzdem noch rund 3000 km parallel zum Ural nach Süden und sorgte auch in diesen Regionen für weitere Schneefälle. In Archangelsk am Weißen Meer wurde in der Nacht zum 13.12.2011 eine Neuschneehöhe von 2 cm registriert. Das Tief FRIEDHELM verlagerte sich bis zum Folgetag weiter in Richtung Osten außerhalb des Analysebereiches der Berliner Wetterkarte und konnte somit nicht weiter analysiert werden.

 

 

Geschrieben am 17.12.2011 von Jasmin Krummel

Berliner Wetterkarte: 09.12.2011

Pate: Claudia Schneider