Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
FRITZ
(getauft
am 01.08.2017)
Ende Juli 2017 verlagerte sich ein
Tiefdruckgebiet von der Nordostküste Nordamerikas unter Verstärkung über
Neufundland nach Osten. Am 01.08. befand sich dieses Tief mit einem Kerndruck
von ca. 985 hPa zentral über dem Nordatlantik, etwa auf einem Breitengrad mit
London. Da das Tiefdruckgebiet Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa
nehmen sollte, wurde es noch am selben Tag auf den Namen FRITZ getauft.
Seit dem Vortag ist das zum Tief
FRITZ zugehörige Frontensystem zu weiten Teilen okkludiert. Das bedeutet, dass
die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront eingeholt und die
warme Luft angehoben hatte. Dadurch entstand mit der sogenannten Okklusion ein
Frontentyp, welcher die Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Die
Okklusion verlief um 01 Uhr MEZ vom Zentrum des Tiefs FRITZ ausgehend
spiralförmig nördlich um dieses herum, bevor sie sich an dessen Ostflanke nach
Südosten erstreckte, wo sich der Okklusionspunkt befand. Dieser stellt den Ort
dar, an welchem die Warm- von der Kaltfront eingeholt wird. Dabei führte die
sich anschließende Warmfront bogenförmig nach Süden bis zu den Azoren, während
die Kaltfront nach Südwesten reichte, wo sie in die Warmfront eines nachfolgenden
Tiefs über der Karibik überging.
Bis zum Folgetag zog die Zyklone
FRITZ unter leichter Abschwächung auf 990 hPa weiter nach Osten bis etwa 1000
km westlich von Irland. Die Okklusion verlief nun in Richtung Britische Inseln
und teilte sich rund 200 km westlich von Irland in eine bogenförmige und bis
nordwestlich von Spanien reichende Warmfront sowie in eine nach Südwesten bis
nördlich der Azoren führende Kaltfront auf. Bereits bis zum Morgen griffen die
Ausläufer mit leichtem bis mäßigem Regen vornehmlich auf den Süden Irlands, den
Südwesten Englands und die Bretagne über. In einem Beobachtungszeitraum von 12
Stunden konnten dabei 10 l/m² am Flughafen von Cork, 11 l/m² in Camborne und 20 l/m² am französischen Militärflugplatz Lanvéoc-Poulmic gemessen werden. Das Frontensystem
verlagerte sich in der Folge nur langsam weiter gen Osten. Dabei intensivierten
sich die Niederschläge vor allem über dem Süden Englands und dem Nordwesten
Frankreichs nochmals teils deutlich. Während auf Thorney
Island bei Portsmouth in 12 Stunden 23 l/m² Niederschlag registriert werden
konnte, trat der Regen weiter südlich über dem Nordwesten Frankreichs noch
kräftiger auf. Innerhalb von nur 3 Stunden wurden dabei in Brest 24 l/m²
verzeichnet. Auch aus der umliegenden Region wurden vermehrt 3-stündige
Regenmengen von knapp unter 20 l/m² gemeldet. In Ploumanac’h
betrug dieser Wert sogar extreme 42 l/m², wobei allein 37 l/m² davon in nur
einer Stunde fielen. Auch auf den britischen Kanalinseln westlich der Normandie
führte der starke Regen innerhalb von 12 Stunden zu 26 l/m² auf Jersey und 46
l/m² auf Guernsey.
Der Wirbel FRITZ befand sich am
03.08. um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum und einem Druck von ca. 993 hPa knapp
westlich von Irland. Die Okklusion verlief erneut spiralförmig nördlich um das
Zentrum herum, überquerte anschließend den Norden Schottlands und fand ihren
Okklusionspunkt über der westlichen Nordsee. Von dort erstreckten sich
einerseits eine Warmfront bis über Niedersachsen und andererseits eine
Kaltfront über den Südosten Englands, die Bretagne und den Nordwesten Spaniens
bis über den zentralen Nordatlantik. Des Weiteren wurde im Tagesverlauf eine
vorlaufende Luftmassengrenze vom Tief FRITZ aufgenommen, welche zu diesem
Zeitpunkt von Zentralspanien über Frankreich, Deutschland und Polen führte und
zuvor dem Frontensystem der Zyklone ERIK über Karelien angehörte.
Die dem Tief FRITZ zuzuordnenden
Niederschläge schwächten sich in der Folge ab. Im Bereich des weitreichenden
Frontensystems über Deutschland, Polen, den Benelux-Staaten und der Nordhälfte
Frankreichs wurden in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ meist nur einstellige
Regenmengen registriert. Aus Würzburg konnten noch 10 l/m² vermeldet werden.
Mit Durchzug der Kaltfront änderte sich dies jedoch. Beim Zustrom der kühleren
Subpolarluft in Bereiche, wo zuvor wärmere subtropische und zum Teil auch
tropische Luftmassen vorherrschten, kam es zur Bildung von Schauern und
Gewittern. Dies vollzog sich bereits während der Nacht in Großbritannien, wobei
die Niederschlagssummen aufgrund des schauerartigen Charakters des Regens lokal
sehr unterschiedlich ausfielen. So fielen beispielsweise im walisischen Capel Curig 30 l/m², während im etwa 30 km nordwestlich gelegenen
Mona und in Bala, ca. 25 km südöstlich der Station,
nur jeweils 2 l/m² fielen. Im weiteren Tagesverlauf trat auch über Deutschland
gewittriger und schauerartig verstärkter Regen auf. Dabei konnten 3-stündige
Niederschlagssummen von 14 l/m² in Berlin-Dahlem, 15 l/m² in Cuxhaven und 17
l/m² in Dörnick in Schleswig-Holstein verzeichnet
werden. Gleichzeitig griffen die Ausläufer nun auch auf Südskandinavien über
und sorgten dabei ebenfalls zu teils schauerartigen Niederschlägen, welche in
30 l/m² im schwedischen Hastveda, 33 l/m² in Roskilde
bei Kopenhagen und 39 l/m² an der norwegischen Station Konsmo-Hoyland
resultierten.
Das Tiefdruckzentrum des Wirbels
FRITZ verlagerte sich derweil bis 02 Uhr MEZ am 04.08. über die Nordsee. Der
Kerndruck verblieb dabei unverändert bei knapp unter 995 hPa. Die Okklusion
wies zu diesem Zeitpunkt über Südskandinavien bis zur Ostsee, wo sich über der
estnischen Insel Saaremaa der Okklusionspunkt befand.
Die Warmfront führte weiter nach Südosten über Weißrussland bis zur östlichen
Ukraine. Die Kaltfront verlief hingegen nach Südwesten über Polen, Sachsen und
Frankreich bis Bordeaux, wo sie in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über
der Biskaya überging. Bereits bis zum Morgen bildete sich am Okklusionspunkt
ein weiteres Tiefdruckzentrum aus, wodurch sich die Niederschläge einerseits in
Kernnähe auf Südskandinavien bzw. Südfinnland und andererseits auf das
Baltikum, Weißrussland sowie Nordwest- und Westrussland konzentrierten. Im
Bereich der Tiefdruckzentren konnten dabei durch Schauer und vereinzelte
Gewitter 12-stündige Niederschlagsmengen von meist um 20 l/m² gemessen werden.
Mitunter kamen auch noch höhere Summen zusammen, wie in Konsmo-Hoyland
mit neuerlichen 38 l/m². Aufgrund von starker Konvergenz, das heißt dem
Zusammenströmen von Luftmassen, traten auch die Niederschläge im Warmsektor zwischen
Warm- und Kaltfront als kräftige Schauer und Gewitter auf mit Regenmengen von
ebenfalls über 20 l/m². So wurden in 12 Stunden 23 l/m² im estnischen Ruhnu, 30 l/m² im westrussischen Smolensk und 32 l/m² in Marjina Horka südöstlich von Minsk. Auch entlang der
Kaltfront in Österreich entwickelten sich vereinzelt kräftige Schauer und Gewitter,
welche in nur 6 Stunden bis 19 Uhr MEZ in Obertauern zu 30 l/m², in Saint Veit
im Pongau 47 l/m² und in St. Johann im Pongau zu 51 l/m² führten.
Der Niederschlag in der Region
Österreich hielt auch in der folgenden Nacht weiter an. Bis 22 Uhr MEZ fielen
dabei in Präbichl weitere 42 l/m² in 3 Stunden, wovon
allein 34 l/m² in einer Stunde beobachtet wurden. Dies geschah auch andernorts
ähnlich, wodurch bis 01 Uhr MEZ am Folgetag von vielen Stationen Regenmengen
von über 30 l/m² gemeldet wurden, welche meist in nur wenigen Stunden
zusammenkamen. Die Zyklone FRITZ besaß zu diesem Zeitpunkt zwei Kerne mit je
rund 995 hPa, die sich über Südwestnorwegen und Südfinnland befanden. Das
westlichere Zentrum löste sich jedoch bis zum Morgen auf und konnte von da an
nicht weiter analysiert werden. Vom östlicheren Zentrum des Tiefs FRITZ verlief
weiterhin eine Okklusion bogenförmig nach Osten, später nach Südosten und
überquerte dabei Finnland und Karelien. Nordöstlich von Moskau teilte sie sich
dann in eine kurze nach Südosten weisende Warmfront und in eine Kaltfront auf,
die sich über die nördliche Ukraine, Südostpolen, die Slowakei und Österreich
erstreckte. Südlich von München verband sich die Kaltfront schließlich mit der
Warmfont des sich nahe Paris befindenden Wirbels GEORGE.
Die Schauer- und Gewittertätigkeit
hielt auch an diesem Tag im Bereich des Tiefs FRITZ weiter an. Zwar konnten
entlang der Kaltfront nur schwache Niederschläge mit Mengen im niedrigen
einstelligen Bereich verzeichnet werden, so wurden in Kernnähe in Skandinavien,
Finnland und Russland erneut Werte von über 20 l/m² registriert. Innerhalb von
12 Stunden wurden an diesem Tag im finnischen Möksy
21 l/m², in Lodeinoje Pole im nordwestrussischen
Oblast Leningrad 26 l/m² und im ostschwedischen Kuggören
27 l/m² gemessen. Das Frontensystem verlagerte sich im Tagesverlauf weiter nach
Osten, wodurch auch im Südosten des europäischen Teils Russlands durch
gewittrige Niederschläge 18 l/m² in Ischewsk in der Republik Udmurtien und 19 l/m² in Chelno-Vershinsky
im Oblast Samara erreicht wurden.
Das Tief FRITZ verblieb in den
folgenden beiden Tagen unter kontinuierlicher Abschwächung auf etwa 1005 hPa
fast stationär über Nordosteuropa. Dabei zog es vom Süden Finnlands nur wenig
weiter nach Osten bis über Karelien. Das zugehörige Frontensystem in Form einer
nach Osten weisenden Okklusion zog sich von Finnland über den Norden Russlands
bis zum zentralen Uralgebirge.
Durch die Stationarität des Tiefdruckwirbels FRITZ und der Entwicklung
kleinräumiger Tiefdruckzentren an dessen Westflanke sorgte der dadurch
anhaltende Niederschlag in Skandinavien, Finnland und Nordrussland erneut für
Mengen von über 20 l/m². Auf der schwedischen Ostseeinsel Holmön
und in Kandalakscha im Oblast Murmansk fielen
12-stündig jeweils 30 l/m², in Archangelsk waren es noch 22 l/m². Am
kräftigsten traten die mitunter schauerartig verstärkten Niederschläge aufgrund
der Lage des Tiefdruckzentrums in Finnland auf. In Artukainen
bei Turku sowie am Flughafen in Mikkeli summierte sich der Regen auf je 35 l/m²
und in Yltöinen auf 42 l/m².
Am 08.08. wurde das Tief FRITZ mit
seinem Zentrum und einem weiter abgeschwächten Druck von 1010 hPa über dem
Norden Russlands analysiert. Die Niederschläge begannen nun sich ebenfalls
deutlich abzuschwächen, wobei nur noch maximal 10 l/m² in Shangaly
im Oblast Archangelsk registriert werden konnten. Im weiteren Verlauf schloss
sich die Zyklone FRITZ mit einem unbenannten Wirbel über dem zentralen
Uralgebirge zusammen und verlagerte sich rasch bis außerhalb des
Analysebereichs der Berliner Wetterkarte, wodurch das Tief FRITZ am Folgetag
nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte.
Geschrieben
am 12.10.2017 von Sebastian Wölk
Berliner
Wetterkarte: 04.08.2017
Pate:
Fritz Link