Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
GÜNTHER
(getauft
am 12.11.2019)
Am 11.11.2019
entstand aus einer Wellenstörung über Neufundland ein unbenanntes Tiefdruckgebiet.
Das Tief entstand an der Vorderseite eines sich in der oberen Troposphäre
befindlichen Trogs, dieser ist ein Luftmassenvorstoß kalter Luft von Norden
nach Süden, welches typischerweise ein Auseinanderströmen der Luft in der Höhe
auslöst, und Zyklogenese, eine Bildung bzw. Verstärkung von Tiefdruckkomplexen,
zur Folge hat.
Auf der
Wetterkarte vom 12.11. um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, wurde
analysiert, dass das Tief im weiteren Verlauf das Wetter Mitteleuropas
beeinflussen würde, und wurde auf den Namen GÜNTHER getauft. Zu diesem
Zeitpunkt befand sich das Tief bei einem Kerndruck von knapp 990 hPa südlich
von Grönland. Eine Okklusionsfront zog sich vom Kern des Tiefdruckgebietes in
einem Bogen nach Süden über den Nordatlantik. Eine Okklusion, oder auch Okklusionsfront,
ist eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront
entsteht. Die kalte Luft schiebt sich unter die Warmluft und hebt diese an. Durch
diese Hebung kommt es meist zur Bildung dichter Wolkenfelder, die oft mit
Niederschlag verbunden sind.
Bis zum 13.11.
um 01 Uhr MEZ verschob sich das Tiefdruckgebiet GÜNTHER weiter nach Osten und
befand sich mit einem Kerndruck von unter 995 hPa südwestlich von Island. Die
Okklusionsfront verlief von der Südspitze Grönlands südöstlich durch den Kern
der Zyklone bis zum Okklusionspunkt, also dem Punkt an dem Kalt- und Warmfront
aufeinandertreffen, welcher einige hundert Kilometer westlich von Irland zu
verorten war. Von dort aus verlief die Warmfront weiter nach Süden und die
Kaltfront nach Südwesten, wo sie in die Warmfront eines sich über Neufundland
befindlichen, unbenannten Tiefdruckgebietes überging. Unter weiterer
Verlagerung der Zyklone nach Osten erreichten die Fronten am Nachmittag die Britischen
Inseln und brachten Regenschauer und Gewitter mit sich. Die Maximalen
Niederschlagsmengen gab es in Mullingar in Irland,
hier fielen bis um 19 Uhr MEZ 12-stündige Niederschlagsmengen von bis zu 17 mm.
Auch im Nordwesten Frankreichs sorgte Tief GÜNTHER für signifikantes Wetter,
hier wurden mit 11 mm bis 19 Uhr MEZ die meisten Niederschläge in Quimper
gemessen. Entlang den Küstenregionen wurden zum Teil Sturmböen der Windstärke 9
bis 10 gemessen. Auf der Insel Le Palais wurde sogar eine maximale
Windgeschwindigkeit von 106 km/h gemessen, was der Windstärke 11 entspricht.
Am 14.11. um
01 Uhr MEZ befand sich der Kern der Zyklone bei einem Druck von knapp 990 hPa über
der Südküste Irlands, die Okklusionsfront verlief spiralförmig über den Nordatlantik
südlich von Irland, anschließend über die Britischen Inseln bis zum
Okklusionspunkt über Frankreich. Von dort aus erstreckte sich die Warmfront von
Tief GÜNTHER bis über den nördlichen Teil Spaniens und die Kaltfront
südwestlich über Spanien bis über den Nordatlantischen Ozean. Die Fronten
brachten viel Regen und teils kräftige Regenschauer mit sich. Bis 19 Uhr MEZ
wurden in Le Luc in Südfrankreich maximale 12-stündige Niederschlagsmengen von bis
zu 57 mm erreicht, in Spanien wurden Maximalwerte von 35 mm gemessen und in
England wurden in Liscombe immerhin 27 mm erreicht.
Entlang der Küste und im Gebirge wurden im Verlauf des Tages teils hohe
Windgeschwindigkeiten gemessen, im Nordwesten Spanien in der Nähe von Viveiro wurden um 02 Uhr MEZ Windböen mit einer
Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h aufgezeichnet. Entlang der Alpen gab es teils
mittlere Windgeschwindigkeiten der Stärke 11 in Patscherkofel
südlich von Innsbruck, Windböen erreichten dort Geschwindigkeiten von bis zu
152 km/h um 21 Uhr MEZ.
Bis um 01 Uhr
MEZ des folgenden Tages spaltete sich die Zyklone GÜNTHER in drei Kerne auf.
GÜNTHER I befand sich über der Westküste Frankreichs, GÜNTHER II über Barcelona
und GÜNTHER III über der Schweiz in der Nähe von Genf. Der Luftdruck in den
drei Kernen lag bei unter 1000 hPa, die Zyklone schwächte sich also bereits ab.
Über der französischen Insel Korsika im Mittelmeer lag außerdem das Tief HEINER
und bildete zusammen mit den drei Kernen von GÜNTHER ein ausgeprägtes
Tiefdruckkomplex über Frankreich. Die
daraus resultierende Föhn-Wetterlage sorgte für viel Niederschlag an der
Südseite der Alpen. Maximale 12-stündige Niederschlagsmengen bis 19 Uhr MEZ
wurden in Castana in Norditalien mit 180 mm erreicht.
Auch der Norden Spaniens war von kräftigen Regenschauern betroffen, hier gab es
bis zu 46 mm an Niederschlag in Camuno. Bis auf höher
gelegene Regionen in den Alpen, wo weiterhin Windböen mit Geschwindigkeiten von
bis zu 156 km/h gemessen wurden, brachte das Tief nur schwache bis mäßige Winde
mit sich.
Bis zum 16.11.
um 01 Uhr MEZ fielen die drei Kerne von GÜNTHER wieder in eines zusammen und
das Tief befand sich mit einem Kerndruck von fast 1000 hPa im Norden
Frankreichs. Eine Okklusionsfront erstreckte sich von dort aus nordöstlich über
der Südostspitze Englands, in die Nordsee verlaufend, wo sie in die Warmfront
des sich über München befindlichen Tiefs HEINER überging. Der durch die Zyklone
verursachte Nordwind in Spanien brachte vor allem im Kantabrischen Gebirge
starken Regen mit sich. Hier gab es bis 13 Uhr MEZ 6-stündige Niederschlagsmaxima
von 39 mm an der Station Soba-Alto Miera.
Unter starker
Abschwächung verlagerte sich das Tiefdruckgebiet GÜNTHER bis zum 17.11. um 01
Uhr MEZ leicht südwärts und befand sich mit einem Kerndruck von 1010 hPa über
dem Zentrum Frankreichs. Eine Okklusionsfront verlief vom Kern des Tiefs bogenförmig
zunächst über Südfrankreich entlang der Französischen Westküste, wo es in die
Okklusionsfront von Tief HEINER überging, welcher sich zu diesem Zeitpunkt
zwischen Dänemark und Schweden befand. Durch die enorme Abschwächung der
Zyklone hatte sie keinen nennenswerten weiteren Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa.Bis zum 18.11. 01 Uhr MEZ löste sich
Tiefdruckgebiet GÜNTHER komplett auf, und wurde dementsprechend nicht weiter
namentlich auf den Wetterkarten der Berliner Wetterkarte e.V. erwähnt.