Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GABI

(getauft am 31.03.2018)

 

Auf der Vorderseite eines Troges, etwa 500 km östlich von Neufundland, bildete sich am 30.03. ein Tiefdruckgebiet. Ein Trog bezeichnet einen Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden. Das Gegenstück ist ein Keil, welcher einen Vorstoß warmer Luftmassen nach Norden bezeichnet.

Dieses neu entstandene Tief bewegte sich zum folgenden Tag um etwa 1500 km nach Osten und verstärkte sich gleichzeitig, sodass ihm eine zukünftige Einflussnahme auf das europäische Wettergeschehen zugesprochen wurde. Auf Grund dessen wurde das Tiefdruckgebiet in der Analyse vom 31.03. um 02 Uhr MESZ auf den Namen GABI getauft.

Am nächsten Tag, dem 01.04.2018, hatte sich die Zyklone GABI wieder Richtung Osten verlagert und lag nun mit einem Kerndruck von 990 hPa ca. 1500 km südwestlich von Irland. Es hatte sich bereits eine kleine Okklusion ausgebildet und der Okklusionspunkt lag etwa 700 km östlich des Kerns. Dieser Punkt beschreibt in der Meteorologie den Ort, an dem Warm- und Kaltfront beginnen sich miteinander zu vereinen, da die Kaltfront die Eigenschaft besitzt schneller zu strömen als die Warmfront und diese mit der Zeit beginnt einzuholen. Eine Okklusion bezeichnet demnach eine Mischfront mit Eigenschaften beider Frontentypen. Die Warmfront hatte nur eine geringe Ausdehnung und endete vor der portugiesischen Küste. Die kurze Kaltfront verlief nach Süden, wo sie über dem Atlantik in eine Warmfront überging. Vor allem der Frontendurchgang der Warmfront sorgte an der Küste in der nordwestlichen Region der Iberischen Halbinsel für signifikantes Wetter. Hebungsprozesse durch das Aufgleiten auf der Landmasse sorgten für Niederschlagsbildung. Es wurden an mehreren Stationen mehr als 20 mm innerhalb von 12 Stunden gemessen, wobei vor allem der Ort Casas Do Porto mit 42 mm heraussticht. Hinzu kamen einige Sturmböen an den direkten Küstenorten am späten Nachmittag. Spitzenwerte lagen in Fisterra und Cabo Vilan zwischen 80 und 90 km/h in Böen, dies entspricht Windstärke 9 bis 10 auf der Beaufort-Skala.

Der Wirbel GABI hatte sich am 02.04. bis 500 km südwestlich von Irland fortbewegt und nahm nun stärkeren Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa. Der Kerndruck blieb identisch bei 990 hPa. Die Okklusion hatte sich kaum verändert, sodass der Okklusionspunkt weiterhin in unmittelbarer Nähe des Kerns lag. Während die Warmfront bogenförmig nach Südosten bis östlich von Bordeaux verlief, erstreckt sich die Kaltfront verlief in südliche Richtung entlang der portugiesischen Küste und vorbei an den Kanaren, bevor sie den Kartenausschnitt der Berliner Wetterkarte verließ. Vor allem die Warmfront sorgte für typisch britisches Wetter auf den Britischen Inseln. Es herrschten ungemütliche Zustände vor allem in Zentralgroßbritannien mit Sturmböen und starken Niederschlägen. Zwischen Wales und Sunderland regnete es immer wieder, sodass am Ende des Tages bis zu 50 mm zusammenkamen. Die größte Menge wurde in Wales an der Station Capel Curig gemessen mit 47 mm in 24 Stunden. Des Weiteren wurde die Niederschlagsmenge von 30 mm in 24 Stunden aber auch in anderen Orten quer verteilt auf Großbritannien überschritten, wie in Lake Vyrnwy oder nördlich von Sheffield. Außerdem gab es durch den Warmsektor, dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, eine erhebliche Erwärmung der Höchsttemperaturen im Vergleich zum Vortag um teilweise 5 Grad. Dadurch wurde in mehreren Orten in Südengland ein zweistelliger Temperaturwert erreicht. Die Station Staverton Private ist mit 14°C der Ort mit dem Tagesrekord. Sturmböen traten vor allem an exponierten Stellen wie der Hügellandschaft Pennines, einer Gebirgskette im Norden Englands auf. An der Station auf der Erhebung Great Dun Fell, dem zweitgrößten Hügel des Gebirges, wurden 96 km/h, Windstärke 10, erreicht. Dieser Wert ist allerdings alltäglich bei einem Frontendurchgang und wird bei schweren Stürmen deutlich überschritten.

Am nächsten Tag hatte sich das Kerngebiet von Zyklone GABI mit einem Druck von 985 hPa bis westlich der irischen Küste fortbewegt. Die Okklusion hatte sich weiterhin ausgedehnt und verlief nun über Dublin und Sheffield bis zur Ostküste Englands. Dort veränderte sich die Mischfront in eine Warmfront, welche sich über Hamburg bis östlich von München erstreckte. Eine Okklusion sorgt meistens auch für einen Energieverlust der Zyklone, weil sich Tiefdruckgebiete durch Temperaturgegensätze verstärken und diese bei Mischfronten weniger ausgeprägt sind. Das ist auch an den Messwerten erkennbar, welche am 04.04.2018 nicht mehr außergewöhnlich waren. Am Abend regnete es im Küstenraum um Alkmaar nochmal ordentlich, dort kamen innerhalb von einem sechsstündigen Messintervall 15 mm zusammen. Der Wind erreichte lediglich am Brocken nennenswerte Windgeschwindigkeiten von 89 km/h. Der Rekord für den Brocken liegt übrigens bei 263 km/h aus dem Jahr 1933. Stattdessen sorgte Wirbel GABI vor allem in Ostdeutschland für einen angenehmen Tag. Der Grund hierfür war, dass nach dem Warmfrontdurchgang erstmals im Jahr 2018 in Deutschland die 20°C-Marke geknackt wurde. In Berlin-Dahlem wurden zwar nur 18°C erreicht, trotzdem gab es einen beachtlichen Temperatursprung um 9 Grad zum Vortag. Die Höchsttemperaturen für Deutschland wurden in Dresden mit 22 °C und im Breisgau mit 21 °C verortet.

Im weiteren Verlauf spaltete sich das Tiefdruckgebiet GABI in zwei Teiltiefs auf. Tief GABI II befand sich nordöstlich von Tief GABI I und lag westlich der norwegischen Westküste. Wirbel GABI I konnte in unmittelbarer Nähe zu Dublin verortet werden. Ausgehend vom Tief GABI I erstreckte sich eine Okklusion Richtung Nordosten, welche Tief GABI I mit GABI II verband. Von Zyklone GABI II verlief die Mischfront weiter nach Südosten bis zum Okklusionspunkt, an der Südküste Norwegens. Dort begann eine Warmfront, welche über Schweden und Litauen bis südöstlich von Kiew verlief. Die Kaltfront erstreckte sich über Hamburg und Köln, bevor sie in das Frontensystem der Zyklone HYPATIA mündete. Vor allem in Deutschland sorgte das Frontensystem von Zyklone GABI für ungemütliches Wetter. Es regnete in großen Teilen, wobei es vor allem in Mecklenburg zu schauerartigem Niederschlag kam. In Wulfersdorf, in der Nähe von Wittstock, regnete es zum Beispiel 16 mm innerhalb von 24 Stunden. Aber auch in Südschweden, in der Nähe des Okklusionspunkts, wo in der Regel die größten Niederschlagsmengen festgestellt werden, regnete es zum Teil ergiebig. Im schwedischen Kettstaka wurden beispielsweise 20 mm registriert. Dadurch, dass die Kaltfront Ostdeutschland erst am späten Abend erreichte, war Berlin den ganzen Tag im Warmsektor, sodass die Tageshöchsttemperatur die 20°C-Grenze diesmal überschritt.

Bis zum Donnerstag, den 05.04., hatte sich Wirbel GABI I wieder aufgelöst, sodass nur noch ein Kern an der nordwestlichen Küste Norwegens verzeichnet werden konnte. Der Luftdruck des Tiefs GABI war mit unter 995 hPa nahezu identisch geblieben. Die Okklusion erstreckte sich nach Südosten bis Tallinn, der Hauptstadt von Estland, bevor sie in eine Kaltfront überging, welche zum Frontensystem der Tiefdruckzone HYPATIA gehörte. Vor allem die Skandinavische Halbinsel meldete an diesem Tag wiederholt signifikantes Wetter, welches durch die Zyklone GABI verursacht wurde. Im Zentrum von Schweden und Norwegen regnete es über größere Zeiträume mit einem Gesamtniederschlag von bis zu 20 mm. Diese Niederschlagsmengen wurden durch Hebungsprozesse verursacht, welche durch das skandinavische Gebirge in Norwegen bedingt waren. Orographische Hindernisse zwingen Luftmassen zum Aufstieg, sodass die Bildung von Wolken erleichtert wird. Auf der 1200 m über NN gelegenen norwegischen Station Mannen wurden 20 mm gemessen, im Tal nur 7 mm. In Mannen lag die Temperatur um 16 Uhr zum Beispiel bei -5°C, wodurch der Niederschlag dort als Schnee fiel. Im Tal wurden dagegen Tageshöchstwerte von immerhin 2°C erreicht.

Am nächsten Tag lag Zyklone GABI  über der Nordküste Norwegens, wobei sie sich nun in Richtung Russland fortbewegte und für das Wetter in Mitteleuropa an Bedeutung verlor.  Hinzu kam eine deutliche Abschwächung, erkennbar auch am Kerndruck, welcher auf unter 1005 hPa anstieg. Das Tief verfügte zu diesem Zeitpunkt nur noch über eine Warmfront, welche sich nach Südosten über die Barentssee erstreckte. Dieses Frontensystem brachte aber auf Grund der schwachen Ausprägung kaum signifikantes Wetter. Im Laufe des Tages löste sich das Tief GABI auf und konnte daher nicht weiter namentlich auf der Berliner Wetterkarte erwähnt werden.