Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GABY

(getauft am 20.03.2016)

 

Am 20.03. befand sich in der 500-hPa-Fläche, die einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht, ein breiter Kurzwellentrog, d.h. ein ausgedehntes Gebilde geringen Luftdrucks, welcher sich von der Iberischen Halbinsel hinweg bis nach Algerien erstreckte. Unter diesem bildete sich im Laufe des Tages im Bodenniveau über Westalgerien ein neuer Tiefdruckwirbel. Aufgrund des vorhergesagten Einflusses auf das Wettergeschehen in Europa, wurde der Wirbel in der Prognose für den Folgetag auf den Namen GABY getauft.

Das Tiefdruckgebiet GABY war am 21.03. das erste Mal auf der Berliner Wetterkarte zu sehen. Es befand sich dabei um 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, über Nordalgerien und besaß einen Kerndruck von etwa 1010 hPa. Vom Kern aus verliefen die Kaltfront nach Südwesten und die Warmfront nach Nordosten, wo sie über dem Tyrrhenischen Meer in die Kaltfront eines über Korsika liegenden Tiefs überging. Beim Durchgang der Warmfront der Zyklone GABY meldete die Wetterstation im algerischen Ghazaouet vom Morgen bis zum frühen Abend andauernden leichten Regenfall. Dabei fielen innerhalb von 12 Stunden 8 mm Regen.

Das Zentrum des Tiefs GABY verlagerte sich bis zum Folgetag kaum, allerdings verringerte sich der Kerndruck und wies nun einen Wert von rund 1000 hPa auf. Die Kaltfront verlief nach Süden und die Warmfront erstreckte sich in einem leichten Bogen nach Nordosten über Sardinien hinweg bis nach Montenegro, wo diese in einer Kaltfront endete. In Tunis stieg mit Durchzug der Warmfront die Tageshöchsttemperatur von 20°C am Vortag auf 28°C an. Dabei fielen innerhalb von 24 Stunden 0,4 mm Niederschlag. Des Weiteren erreichte der Wind in Spitzen Werte von bis zu 65 km/h, was der Stärke 8 auf der Beaufortskala und damit stürmischem Wind entspricht. In der darauf folgenden Nacht kam es in Italien zu teils ergiebigen Regenfällen, die bis 06 Uhr UTC des Folgetages für 12-stündige Mengen von 26 mm am Monte Argentario und je 32 mm in Pescara sowie im nahe gelegenen San Giovanni Teatino sorgten.

Bis zum 23.03. verlagerte sich der Wirbel GABY nach Nordosten und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem minimalen Kerndruck von ca. 985 hPa über dem Ionischen Meer. Die Zyklone GABY erreichte damit den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Vom Kern aus verliefen jeweils eine Okklusionsfront, d.h. eine aus Warm- und Kaltfront zusammengesetzte Front, bogenförmig nach Osten sowie nach Süden. Eine Okklusion entsteht, wenn die etwas langsamere Warmfront von der schnelleren Kaltfront am sogenannten Okklusionspunkt eingeholt wird. Die Kaltfront erstreckte sich von der nach Osten verlaufenden Okklusionsfront nach Süden über das Mittelmeer bis nach Libyen. Von der nach Süden verlaufenden Okklusionsfront aus reichte die Warmfront von Sardinien über Albanien hinweg bis zur bulgarischen Küste des Schwarzen Meeres, wo sie in die Kaltfront des über dem Schwarzen Meer liegenden Tiefdruckgebietes FRAUKE überging. Durch den Einfluss der Zyklone GABY entwickelten sich dabei Gewitter, wie sie beispielsweise in Algier beobachtet wurden. Auch die Wetterstation in Rom meldete ein Gewitter um 06 Uhr UTC sowie Regen am Vormittag. Dabei kamen in 6 Stunden bis 12 Uhr UTC jedoch lediglich 0,6 mm zusammen. Auch in Grazzanise nahe Neapel wurden Gewitter registriert, dort summierte sich der Niederschlag bis 18 Uhr UTC auf nur 1,0 mm in 12 Stunden. Mit der Kaltfront wurden außerdem kühlere Luftmassen nach Italien herangeführt. Die Höchsttemperatur erreichte an diesem Tag dadurch in Rom nur noch 14°C, obwohl diese am Vortag noch 21°C betrug. Auch in der sardinischen Stadt Cagliari wurde eine um 3 Grad niedrigere Tageshöchsttemperatur von 17°C gemessen.

Bis 00 Uhr UTC des folgenden Tages hatte das Tiefdruckgebiet GABY zwei Kerne ausgebildet, GABY I und GABY II. Das westlichere Tief GABY II lag über Nordwestgriechenland. Von diesem ausgehend erstreckte sich die Okklusionsfront in einem Bogen über das Ionische und das Adriatische Meer sowie über Rumänien hinweg. An der rumänischen Küste des Schwarzen Meeres befand sich das östlichere Tief GABY I am Okklusionspunkt. Von diesem ausgehend verlief die Kaltfront nach Süden über die Türkei und Ägypten. Die Warmfront erstreckte sich nach Osten über das Schwarze Meer. Unter Einfluss des Wirbels GABY I meldete die Wetterstation in Konstanza von 03 Uhr UTC beginnend den ganzen Tag über Regenfall, so zeichnete diese am 25.03. um 06 Uhr UTC eine 24-stündige Niederschlagsmenge von 16 mm auf. In Istanbul war die Wettersituation ähnlich. Dort gab es den ganzen Tag lang leichte bis mäßige Regenschauer, so dass im gleichen Zeitraum 36 mm Niederschlag registriert werden konnten, was etwa der mittleren Regenmenge für den Monat März in dieser Region entspricht. Aber auch andere Orte waren in diesem Gebiet von größeren Regenmengen betroffen. Die Stationen in Bukarest meldeten 22 mm, Varna 13 mm sowie in Ankara und in Izmir fielen 8 mm Regen.

Bis zum 25.03. löste sich das Tief GABY II auf. Das Zentrum der Zyklone GABY befand sich um 00 Uhr UTC über der Ostukraine, wobei der Kerndruck rund 1000 hPa betrug. Die Warmfront verlief vom Kern ausgehend nach Südosten, die Kaltfront reichte dabei nach Südwesten über das Schwarze Meer und die Türkei bis zur albanischen Mittelmeerküste. Die Warmfront brachte eine leichte Erwärmung in Wolgograd mit sich, so dass die Tageshöchsttemperatur auf 12°C im Vergleich zu 9°C am vorigen Tag anstieg. Darüber hinaus gab es an diesem Ort vermehrt Regenschauer. Bei einer Kaltfront schiebt sich kalte Luft unter die wärmere Luftmasse, dabei kommt es im Bereich der Kaltfront zu verstärkten vertikalen Luftbewegungen. Die dadurch auftretenden starken Quellbewölkungen, kräftigen Niederschläge mit Gewittern und teilweise heftigen Windböen weisen auf einen Kaltfrontdurchgang hin. So sorgte das Tiefdruckgebiet GABY in Sotschi bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgens innerhalb von 24 Stunden für eine extreme Regenmenge von 150 mm. Zum Vergleich beträgt die mittlere monatliche Regenmenge im März dabei etwa 123 mm. In Istanbul und in Ankara fiel ebenfalls weiterhin schauerartiger Regen und die Stationen registrierten 24-stündige Niederschlagsmengen von 10 bzw. 27 mm.

Das Zentrum der Zyklone GABY verlagerte sich bis zum Folgetag nur geringfügig nach Nordosten und befand sich somit zwischen Moskau und Wolgograd. Der Kerndruck stieg dabei weiter an und wies einen Wert von etwa 1010 hPa auf. Vom Kern aus verlief die Warmfront nach Norden, die Kaltfront erstreckte sich nach Süden und ging über dem Schwarzen Meer in die Warmfront eines über der Türkei liegenden Tiefdruckgebietes über. Entlang der Kaltfront fiel weiterer Niederschlag in Sotschi, aber die 24-stündliche Regenmenge betrug im Vergleich zum Vortag nur noch 16 mm. Die Wetterstation in Ankara meldete im gleichen Zeitraum eine Niederschlagsmenge von 20 mm, welche durch Regenschauer hervorgerufen wurde. Die Tageshöchsttemperatur ging dabei um 6 Grad auf 9°C zurück.

Der Zugrichtung folgend verlagerte sich das Zentrum der Zyklone GABY bis zum 27.03. weiter nordostwärts, sodass dass Tiefdruckgebiet an diesem Tag nicht mehr auf den europäischen Wetterkarten zu sehen war. Nach 6 Tagen Wetteraktivität über Europa wurde das Tiefdruckgebiet GABY somit am 26.03. das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.

 

 

Geschrieben am 20.05.2016 von Barbara Szénási

Berliner Wetterkarte: 24.03.2016

Pate: Gabriele Bürk