Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GEORGE

(getauft am 05.08.2017)

 

In den ersten Augusttagen entstand entlang der Kaltfront der Zyklone FRITZ eine wellenförmige Deformation über dem Atlantik, die sich bis zum 05.08.17 um 02 Uhr MESZ nach Osten verlagerte und nach Ausbildung eines Tiefdruckkerns über Nordfrankreich lag. Anhand der Analysekarte für diesen Zeitpunkt wurde das junge Tiefdruckgebiet auf den Namen GEORGE getauft.

Der minimale Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt ungefähr 1014 hPa. Östlich des Zentrums erstreckte sich die leicht bogenförmige Warmfront, an welcher die wärmere Luft am Rande des Warmsektors über die kältere vor der Front aufgleitet. Sie war circa 600 km lang und verlief vom Pariser Becken, quer über das Elsass bis über das bayerische Alpenvorland. Im weiteren Verlauf ging die Warmfront in die Kaltfront der Zyklone FRITZ über. Die Kaltfront des Tiefs GEORGE führte nach Südwesten über den Westen Frankreichs, die Biskaya, Nordwestspanien und anschließend in einem Bogen bis zu den Azoren, wo sich eine kurze Warmfront anschloss. Im Gegensatz zu den Hebungsvorgängen an der Warmfront, wo im Flachland nur vereinzelt messbarer Niederschlag gemessen wurde, wie in St. Dizier mit 0,2 l/m², regnete es im Stau der Alpen bedeutend mehr. Im Osten der Schweiz fiel 4 l/m² in Davos und sogar 9 l/m² in Andeer im Zeitraum von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ. Entlang der Kaltfront fiel vor allem im Nordosten Frankreichs und in Galicien und Asturien Regen. Die höchsten Niederschlagsmengen innerhalb dieser Zeit wurden mit 8 l/m² in Evreux, 9,6 l/m² in Llanes und 12,8 l/m² an der Station Ribadeo Vilaframil 100 km nordöstlich von La Coruña gemessen. Dabei stiegen die Temperaturen im Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront in einer südwestlichen Strömung auf Werte von bis zu 27,4°C in Besançon oder 33°C in Lyon. In Richtung Mittelmeer und Iberische Halbinsel wurde in kontinentaler Tropikluft teilweise die 40°C-Marke überschritten, so in Nîmes mit 40,8°C, in Granada mit 42,6°C oder in Córdoba mit 44°C. Mit dem Durchzug der Kaltfront sank die Temperatur deutlich. So wurden in Oviedo beispielsweise nur noch 16,9°C oder in Santander 19,7°C als Höchstwert gemessen.

Eingebettet in der relativ starken Strömung in 5,5 km Höhe verlagerte sich das Tief GEORGE bis zum 06.08.17 mit Zentrum nach Nordosten. Um 02 Uhr MESZ befand sich der Kern mit einem unveränderten Druck über dem Westen Polens. In der Nähe des Zentrums hatte die kalte Luft bereits begonnen, sich unter die vorlaufende Warmluft zu schieben. Die daraus resultierende Mischfront aus Kalt- und Warmfront, welche als Okklusion bezeichnet wird, erstreckte sich über den Südteil von Polen. Am Okklusionspunkt im Riesengebirge trennten sich Warm- und Kaltfront wieder. Die Warmfront verlief in einem leichten Bogen von West nach Ost über die Karpaten bis über den Südwesten der Ukraine mit einer Länge von rund 1000 km und ging weiterhin in die Kaltfront des Wirbels FRITZ über. Die Kaltfront führte bogenförmig vom Okklusionspunkt in südwestlicher Richtung über Tschechien, den Bayerischen Wald, die östlichen Alpen und Norditalien, entlang der Mittelmeerküste bis über den Osten der Pyrenäen. Dort ging die Front in eine nächste Wellenstörung über. An der Warmfront fiel nur vereinzelt etwas Regen. In Czernowitz im Südwesten der Ukraine betrug die Regenmenge in 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ 0,7 l/m² und nördlich von Cluj in Ocna-Sugatag 2 l/m². Im Bereich der Okklusion kamen dagegen schon im selben Zeitraum 3 l/m² in Warschau oder 6 l/m² in Legnica unweit der deutschen Grenze zusammen. Beachtliche Regenmengen wurden im Einflussbereich der Kaltfront gemessen. So fielen 51 l/m² in Innsbruck oder 68 l/m² am Salzburger Flughafen. Neben der eigentlichen Hebung an der Kaltfront war ein Grund hierfür die orographische Hebung an den Bergen der Nordseite der Alpen. Im weiteren Verlauf der Kaltfront regnete es zum Beispiel an der Station Nîmes Garons 7 l/m² oder 4 l/m² in Toulouse. Hinter der Warmfront stieg die Lufttemperatur teils deutlich über die 35°C-Marke. So betrug die Maximaltemperatur in Szeged 37,8°C, in Belgrad 39,6°C oder in Mostar sogar 41°C. Mit dem Durchzug der Kaltfront kam es teilweise zu einem regelrechten Temperatursturz. In Graz wurden zum Beispiel nur noch maximal 24°C erreicht.

Bis zum darauffolgenden Tag zog die Zyklone GEORGE weiter nach Nordosten. Mit einem weiterhin stabilen Kerndruck von knapp unter 1015 hPa befand sich das Zentrum zwischen St. Petersburg und Moskau. Die Okklusion erstreckte sich von dort über 850 km nach Süden bis über den Norden der Ukraine. Anschließend reichte die Warmfront bogenförmig über die Ostukraine und ging nordöstlich des Asowschen Meeres in eine Kaltfront über. Die Kaltfront des Tiefs GEORGE erstreckte sich verwellt in südwestlicher Richtung über die Nordwestukraine und Ungarn bis zur nördlichen Adria. Weiter westlich ging diese Front in die Warmfront eines anschließenden kleinen Tiefs über. An der Okklusion und der Warmfront kamen verbreitet innerhalb von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ zwischen 2 l/m² in Ostaskov nordwestlich von Moskau und 8 l/m² an der westrussischen Station Borovici zusammen. Im Bereich der Kaltfront regnet es dagegen gewöhnlich mehr. Der Grund dafür ist der größere Temperaturunterschied vor und hinter der Front als an der Warmfront. Das führt zu kräftigen Hebungsvorgängen von Luftmassen und zur verstärkten Bildung von Regenwolken. So fielen bei teils gewittrigen Regengüssen im selben Zeitraum 21 l/m² in Budapest, 29 l/m² in Ljubljana oder bis zu 38 l/m² in Postojna östlich von Triest. Im Warmsektor wurden nochmals sehr hohe Temperaturen erreicht, so in Odessa mit 35,3°C oder 37°C in Dnipropetrowsk. In der deutlich kälteren Luftmasse hinter der Kaltfront wurden nur noch Tageshöchstwerte von 19,5°C in Minsk oder 22,2°C in Budapest verzeichnet.

In der Folge wurde das Tief GEORGE mit einer weiterhin nach Nordosten gerichteten Zugbahn in die Zirkulation der Zyklone FRITZ aufgenommen und konnte am 08.08.17 nicht mehr als eigenständiges Tief auf der Berliner Wetterkarte vermerkt werden.

 


Geschrieben am 22.09.2017 von Matthias Janke

Berliner Wetterkarte: 05.08.2017

Pate: Hans-Georg Holtermüller