Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
GEORGE
(getauft am 15.09.2011)
Tiefdruckgebiete
bilden sich vornehmlich in der Westwindzone der mittleren Breiten. Die
Höhenwinde in 5-10 km Höhe bestimmen dabei die Zuggeschwindigkeit und Richtung
der Druckgebiete. Mit dieser Höhenströmung zog am 14.09. ein bereits voll
entwickeltes Tiefdruckgebiet vom kanadischen Festland über die Labradorsee und
damit in den Ausschnitt der europäischen Wetterkarten. Südwestlich von Grönland
gelegen wurde dieses Tiefdruckgebiet am 15.09. auf den Namen GEORGE getauft.
Während dieser Zeit schwächte sich der Wirbel etwas ab, sodass an Warm- und
Kaltfront neben starker Bewölkung keine nennenswerte Wetteraktivität vorhanden
war. Dies änderte sich jedoch bis zum nächsten Tag.
Auf
seinem Weg gen Osten an der Südspitze Grönlands vorbei, gewann der Wirbel
GEORGE wieder an Kraft. Dies äußerte sich insbesondere darin, dass sein
Kerndruck um 5 hPa innerhalb von 24 h auf ca. 990 hPa sank. Die schneller
ziehende Kaltfront holte dabei langsam die Warmfront ein, wodurch das
Frontensystem vom Tiefzentrum ausgehend immer weiter okkludierte, also eine
Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften bildete. An diesem 16.09.
bildete sich am Okklusionspunkt, dem Punkt, an dem sich die Okklusion in Warm-
und Kaltfront aufspaltet, ein zweiter Kern des Tiefs GEORGE aus. Ursache war
vor allem der verstärkte Antrieb der westlichen Höhenströmung in der
Luftschicht zwischen 5 und 10 km Höhe südlich von Grönland. Sie sorgte für
einen starken Luftdruckfall im Bodenniveau und damit zur Bildung des zweiten
Gebiets tiefen Luftdrucks Namens GEORGE II. Am 17.09. bildeten die Zyklonen
GEORGE I und II somit ein über 1300 km langgestrecktes Tiefdrucksystem vom
Südwesten Islands bis nach Nordirland.
Einen
Teil des Frontensystems von Tief GEORGE bildetet eine Warmfront, die von der
Rheinmündung bis nach Budapest reichte und subtropische Luftmassen von
Südwesten her nach Mitteleuropa führte. So stieg die Tageshöchsttemperatur in
Berlin von nur 16°C am 16.09. nach Durchgang der Warmfront in der Nacht am
17.09. auf 23°C an. Während die Warmfront außer im Stau der Alpen keine
nennenswerten Niederschläge mit sich brachte, sorgten die nachfolgenden
Kaltfronten für mehr Wetteraktivität. Die nordwestliche Höhenströmung
transportierte kalte polare und arktische Luftmassen von Grönland über den
Atlantik bis nach Mitteleuropa. Die Abkühlung erfolgte dann in zwei Phasen. Die
erste Kaltfront überquerte Deutschland von Nordwest nach Südost am 17.09. und
in der Nacht zum 18.09. mit kräftigen Gewittern, örtlichem Starkregen und
Hagel. Aus den mächtigen Gewitterwolken fielen zum Teil über 40 mm Niederschlag
wie z. B. in Carlsfeld im Erzgebirge und dem bayrischen Hof.
Für
den ersten Schnee der Saison sorgte auf den Gipfeln der Mittelgebirge und bis
in die höheren Täler der Alpen schließlich die nachfolgende zweite Kaltfront,
welche am 18.09. Deutschland überquerte. So fielen auf der Zugspitze bis zum
Morgen des 19.09. 40 cm Neuschnee, auf dem Wendelstein (1838 m) 8 cm.
Südöstlich der Linie Stuttgart – Rügen gab es in weiten Teilen des Landes
ergiebigen Dauerregen, mit tief hängenden Schichtwolken. Dabei gab es
verbreitet zweistellige Niederschlagsmengen, so fielen z. B. in Dresden
innerhalb von 24 h, bis zum 19.09. 08:00 Uhr MESZ 19 mm Regen und in
Garmisch-Partenkirchen sogar 45 mm. Zum Start des Oktoberfestes in München
wurden am Samstag den 17.09. bei strahlendem Sonnenschein noch sommerliche
25,8°C gemessen, nur einen Tag später war es bei Dauerregen und nass-kalten
16,6°C fast 10 Grad kälter.
Von
den beiden Tiefkernen hatte sich in der Zwischenzeit der Kern bei Island
aufgelöst, sodass der Wirbel GEORGE am 18.09. mit seinem Zentrum über
Schottland lag. Seine oben beschriebenen Kaltfronten reichten dabei in einem
Bogen von der Nordsee über Deutschland und Frankreich hinweg bis nach Spanien.
Mit der Höhenströmung zogen die Fronten unter Abschwächung weiter gen Osten,
sodass die Frontensysteme vom Tiefzentrum über dem Skagerrak, über Südschweden
hinweg bis nach Polen reichten. Rückseitig der Kaltfront zeigte sich am 19.09.
in der Nordwesthälfte Deutschlands verbreitet die Sonne, einzig in der
Südosthälfte Bayerns konnten sich auch an diesem Tag noch die dicken
Regenwolken von Tief GEORGE halten. Während in München erneut 10 mm Regen bei
kalten 9,2°C Höchsttemperatur fielen, gab es in der frisch eingeflossenen
Kaltluft im Raum Magdeburg durch 8,5 h Sonnenschein sogar maximal 18,5°C. In
der Höhenströmung zog an diesem 19.09. ein stark ausgeprägter Trog von Westen
heran, dessen Tiefdruckgebiet im Bodenniveau der Ex-Hurrikan MARIA war. Dieser
Höhentrog sorgte dafür, dass sich die Zyklone GEORGE stark abschwächte. Zudem
gab es kaum mehr Temperaturunterschiede vor und hinter seinen Fronten, sodass
deren Wetteraktivität immer weiter nachließ. Mit dem Heranziehen des
Ex-Hurrikans MARIA kam es schließlich dazu, dass Tief GEORGE sich mit diesem
großen Tiefdruckkomplex verband und am 20.09. nicht mehr als eigenständiges
Tiefdruckgebiet zu erkennen war. Damit war das Tiefdruckgebiet GEORGE am 19.09.
das letzte Mal auf der Wetterkarte zu sehen.
Geschrieben am 18.10.2011
von Thomas Schubert
Ausgewählte
Berliner Wetterkarte: 19.09.2011
Pate:
anonym