Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GEORGIA

(getauft am 21.01.2018)

 

Zum Ende der zweiten Januardekade entwickelte sich vor der Ostküste der USA, nördlich der Bermudas, ein Tiefdruckgebiet, das im weiteren Verlauf in der Westwindzone unserer Breiten Richtung Europa zog und anhand der Analysekarte für den 21.01.18 um 01 Uhr MEZ auf den Namen GEORGIA getauft wurde.

Der Kern der Zyklone GEORGIA befand sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Druck von knapp 974 hPa über dem zentralen Nordatlantik, rund 1000 km südwestlich von Island. In diesem Gebiet verlief auch die Okklusion, die teilweise nur in der Höhe ausgeprägt war und der Okklusionspunkt lag wenig entfernt östlich des Zentrums. Als Okklusion wird eine Mischform aus Kalt- und Warmfront bezeichnet. Sie entsteht, wenn die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront einholt und von Boden anhebt. Der Punkt, an dem dies geschieht, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Die Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt in einem großen, etwa 2000 km langen Bogen über den Nordatlantik, wo sich im weiteren Verlauf eine Warmfront anschloss. An der Warmfront der Zyklone GEORGIA glitt langsam die warme Luft des Warmsektors über die kühlere Luftmasse davor auf. Diese Zone reichte vom Nordatlantik über Irland bis zur Bretagne. Dort ging sie in eine Kaltfront eines Tiefs über dem Alpenraum über. Bei länger anhaltendem Regen kamen so in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ in Belmullet 15 l/m² und 23 l/m² an der Station Mace Head, jeweils an der Westküste Irlands, zusammen. Im südlichen Abschnitt der Warmfront regnete es im selben Zeitraum nur 2 l/m² in Brest, 1 l/m² in Nantes oder 0,8 l/m² in Rennes. Vor dieser Front wurde noch maritime Arktikluft nach Süden bis zu den Britischen Inseln transportiert, womit die Höchstwerte nur knapp über dem Gefrierpunkt lagen, wie beispielsweise in Nottingham mit 1°C oder 3°C in Birmingham. Mit dem Passieren der Warmfront drehte die Strömung auf Südwest und in der nun vorherrschenden maritimen Subtropikluft stiegen die Temperaturen auf bis zu 13,3°C in Exeter, 12,7°C in Cork oder 11,9°C in Quimper.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich das Tief GEORGIA in Richtung Nordosten und lag nun mit den beiden Kernen, die rund 550 km voneinander getrennt waren und einen Druck von 980 bis 985 hPa aufwiesen, südlich von Island. Die Okklusion reichte von dort nach Osten bis etwa zu den Shetland-Inseln und anschließend südostwärts bis zur niederländischen Nordseeküste, wo der Okklusionspunkt lag. Im Bereich dieser Front wurde die wärmere Luft bereits vollständig durch die einholende kalte Luftmasse ausgetauscht, was bedeutet, dass die warme Luft vom Boden gehoben wurde. Die Warmfront verlief über den Benelux-Ländern bis zu den Westalpen, wo sich eine Wellenstörung anschloss. Die Kaltfront erstreckte sich in einem kleinen Bogen über Belgien und der Normandie. Im Anschluss ging sie in eine Warmfront eines jungen Tiefdruckgebietes über. Entlang den Fronten fiel in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ meist zwischen 2 l/m² in Beauvechain bei Brüssel, 7 l/m² in Charleroi und 11 l/m² Niederschlag in Lerwick auf den Shetland-Inseln. Dabei bestand dieser meist aus Regen, nur über der Nordsee und bei Schottland mischte sich etwas Schnee darunter. Durch die zusätzliche Hebung am Gebirge regnete es beispielsweise in Sion 43,9 l/m² oder lokal sogar bis zu 78,3 l/m² in der selben Zeit an der Station Goldau-Tierpark zwischen Engelberg und Zürich. An der Kaltfront sorgten zudem Regenschauer für 16 l/m² in Rouen oder 20 l/m² in Deauville bei Le Havre im genannten Zeitraum. In maritimen Luftmassen stieg die Temperatur auf Werte zwischen 9,7°C bei Bristol und 14,8°C am Pariser Flughafen Orly. Da nördlich des Polarkreises in vielen Gebieten recht hoher Luftdruck herrschte, resultierte ein erwähnenswerter Druckgradient. Dieser machte sich durch lokale Orkanböen im Süden von Island bemerkbar.

Am 23.01.18 um 01 Uhr MEZ lag die Zyklone GEORGIA bei den Färöer-Inseln. Mit einem Kerndruck von rund 993 hPa hatte sich das Tief leicht abgeschwächt. Die Okklusion, die größtenteils eine Mischfront mit Warmfronteigenschaften war, verlief bogenförmig von den Färöern bis nach Südnorwegen und dann nach Südosten quer über Norddeutschland bis nach Österreich. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Luft hinter der Okklusion eine höhere Temperatur aufweist als davor. Vom Okklusionspunkt in Österreich erstreckte sich die kurze Warmfront bis zur südlichen Adria und die Kaltfront lag quer über den Alpen. Am wenigsten Regen fiel an der Warmfront, wie in Rijeka, wo in der am Vortag erwähnten Zeitspanne nur 0,5 l/m² zusammenkamen. Deutlich mehr Niederschlag in fester und auch flüssiger Form wurde im Einflussbereich der Warmfrontokklusion gemessen. Im gleichen Zeitraum waren es 13 l/m² in Modalen oder 12,4 l/m² in Marienberg-Kühnhaide im Erzgebirge. An der Kaltfront, wo sich die kältere Luft unter die vorlaufende warme Luft schob und es infolge der orographischen Hebung am Gebirge zu verstärkter Konvektion kam, gab es länger anhaltenden Regen und Schneeregen sowie Schnee in höheren Lagen. Zum Beispiel betrug die 12-stündige Niederschlagsmenge 34,8 l/m² in Gersau bei Luzern oder 21,8 l/m² in Weesen im Kanton St. Gallen. Im Warmsektor stiegen die Temperaturen auf bis zu 17,2°C in Florenz und 16,4°C in Bastia an, während es mit dem Durchzug der Kaltfront kälter wurde und nur noch 10,3°C in Besancon, 9°C in Baden-Baden oder 13,2°C in Clermont-Ferrand in einer maritim erwärmten Subpolarluft erreicht wurden. Das Gebiet mit den stärksten Windböen verlagerte sich von Island nach Südwestnorwegen. Zwischen Stavanger und Bergen wurden schwere Sturmböen der Stärke 10 auf der Beaufort-Skala gemessen.

Von Westen näherte sich das Tiefdruckgebiet HELENE, was weiter Richtung Osten zog und auf den Wirbel GEORGIA auflief. Mit dieser Vereinigung der beiden Tiefdruckkomplexe verschwand das Tief GEORGIA von der Berliner Wetterkarte.