Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GERALD
(getauft am 21.08.2015)
Anfang der
dritten Augustdekade befand sich über dem Nordatlantik ein ausgeprägter
Höhenwirbel. Dazu korrespondierte am Boden ein Tiefdruckgebiet etwas südlich
von Island, dessen Fronten sich von dort über die Britischen Inseln bis zur
Iberischen Halbinsel erstreckten. An einer der Fronten entwickelte sich über
der Biskaya ein Wirbel, der das Wettergeschehen in den folgenden Tagen in
Mitteleuropa bestimmen sollte. Daher wurde dieses Tief am 21. August in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen GERALD getauft.
Am 22.
August befand sich der Wirbel GERALD etwas westlich der Bretagne. Vom Kern
reichte eine Kaltfront in südwestliche Richtung bis zu den Azoren, die
Warmfront hingegen ging über England in die Kaltfront des Tiefs bei Island
über. Im Laufe des Tages intensivierte sich das Tief GERALD weiter und es
bildete sich an der Grenze zwischen den Luftmassen subtropischen Ursprungs
östlich der Front und der maritimen Luftmassen polaren Ursprungs über dem
Atlantik eine sogenannte Konvergenzlinie aus. Diese beschreibt eine Zone
zusammenfließender Luft am Boden, die dort aufsteigt und die Bildung von
Gewittern begünstigt. So wurde beispielsweise in Chemoulin
um 21 Uhr UTC, also 22 Uhr MEZ, Gewitter beobachtet, bei denen Böen mit einer
Windgeschwindigkeit von bis zu 50 km/h auftraten, was einer Windstärke von 7 Beaufort entspricht. Am wärmsten wurde es in Le Mans mit 33,4°C, aber auch in Tours,
Chartres oder Paris wurde die 30°C-Marke
überschritten. Die warmen Luftmassen aus dem Süden machten sich auch in
Großbritannien bemerkbar. So wurden in am Flughafen Heathrow in London 30,7°C
als Höchsttemperatur erreicht, in Edinburgh wurden im Einflussbereich der
polaren Luftmassen nur 19,9°C gemessen.
Bis zum
nächsten Tag verstärkte sich der Wirbel GERALD weiter und wies um 00 Uhr UTC
einen Luftdruck im Kern von etwas unter 1005 hPa auf. Vom Kern, der etwa bei
Devon in England lag, ging eine Warmfront nach Nordosten über Schottland aus
bis zur norwegischen Küste bei Trondheim. Die Kaltfront hingegen erstreckte
sich nach Südosten an der Westküste Frankreichs entlang bis zu den Pyrenäen.
Östlich dieser Front befand sich weiterhin die Konvergenzlinie. Vor allem in
der Nacht bildeten sich in Westfrankreich vielerorts Gewitter und in
Zusammenhang mit der Front kamen
Niederschlagsmengen zwischen 10 und 40 mm zusammen. So wurden bis 06 Uhr UTC
innerhalb von 12 Stunden in Dinard 34 mm, in Laval 30 mm oder in La Rochelle 25 mm gemessen. Die Station
St. Germain registrierte sogar 45,6 mm.
Nach dem Durchzug der Warmfront stiegen die Temperaturen in Schottland
im Vergleich zum Vortag auf höhere Werte, wie in Edingbourgh
mit 24,3°C. Im Süden Englands fielen an den Luftmassengrenzen verbreitet 20 bis
40 mm Regen, wie in Plymouth mit 12 mm, in Portland mit 17 mm, in Exeter mit 21
mm oder in Cardinham mit 28 mm im gleichen Zeitraum.
In Cairnwell wurde um 12 Uhr UTC eine Spitzenböe von
120,5 km/h registriert, was Orkanstärke entspricht. Ab etwa 14 Uhr UTC griffen
die Niederschläge auf den Südwesten Deutschlands über. Die Niederschlagsmengen
fielen mit maximal 5 mm meist gering aus. Dennoch wurden an einigen Stationen
auch höhere Werte verzeichnet. Am Feldberg im Schwarzwald wurden innerhalb von
3 Stunden bis 21 Uhr UTC 16 mm gemessen. In Deuselbach
wurden 14 mm im 3-stündigen Bezugsraum davor vermeldet. An einigen Stationen
wurden erneut Gewitter beobachtet wie in Rostock oder München, wo in 3 Stunden
bis 18 Uhr UTC 11 mm erfasst wurden. Im Süden konnte vielerorts ein Sommertag verzeichnet
werden, wofür die Maximaltemperatur mindestens 25°C betragen muss.
Beispielsweise stieg die Temperatur in Mannheim auf 29,3°C oder in Trier auf
28,8°C.
Bis zum 24.
August hat sich das Tief GERALD bis zur irischen Nordküste verlagert und mit einem
Druck von 995 hPa intensiviert. Vom Kern erstreckte sich eine Warmfront über
das Europäische Nordmeer bis nach Norwegen. Vom Kern ging ebenfalls eine
Okklusionsfront aus, die entsteht, wenn die schneller ziehende hintere
Kaltfront die Warmfront einholt, diese anhebt und sich dabei eine Mischfront
bildet mit Eigenschaften beider Frontentypen. Diese reichte bis zu den
Niederlanden, wo sie sich am Okklusionspunkt in Warm- und Kaltfront
aufspaltete. Die Warmfront erstreckte sich über Deutschland bis nach Tschechien
und die Kaltfront reichte am Rhein entlang nach Süden. In Irland in Malin Head konnten in 6 Stunden bis 12 Uhr UTC 20 mm registriert
werden. In Kenley in Großbritannien fielen hingegen
in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 41 mm. An der Kaltfront konnten jedoch auch einige
hohe Windgeschwindigkeiten beobachtet werden, wie in Cairngom,
wo um 00 Uhr UTC ein Mittelwind von 120,5 km/h gemeldet wurde. In Cairnwell wurden vergleichsweise nur 70,4 km/h als Mittlewind gemessen und es traten Böen von 124,2 km/h auf.
Die höchste Temperatur meldete die Station in Gottfrieding
in Bayern mit 30,1°C. Weiter im Norden stiegen die Temperaturwerte auf ein
nicht ganz so hohes Niveau, beispielsweise wurden am Leuchtturm Kiel nur 20,8°C
gemessen. Dies kam durch die unterschiedlichen Luftmassen zustande, die in den
Regionen vorherrschten. Hinter der Warmfront von Tief GERALD flossen maritime
Luftmassen subtropischen Ursprungs ein, vor der Front waren es Luftmassen der
gemäßigten Breiten. In Deutschland wurden pro Stunde meist nur wenige
Millimeter Regen gemessen. In Nordrhein-Westfalen in Ostbevern-Schrilheide
sowie an der wenige Kilometer entfernten Station
Lienen-Kattenvenne konnten 13,4 mm bzw. 10,8 mm bis 06 Uhr UTC verzeichnet
werden. Bis zum Nachmittag hatte die Front Deutschland jedoch überquert und
hatte dort keinen Einfluss mehr.
Unter
leichter Verstärkung auf 995 hPa zog das Tief GERLAD weiter nach Nordwesten.
Vom Kern ausgehend erstreckte sich eine Warmfront zunächst in Richtung
Nordwesten über Island, Jan Mayen bis zur norwegischen Küste und ging dort in
die Kaltfront eines unbenannten Tiefs über Russland über. Beim Durchgang der
Kaltfront kamen meist nur geringe Mengen zusammen, wie in Dalatangi mit 1,8 mm.
Eine Ausnahme stellte Reykjavik dort fielen in der Nacht innerhalb von 3
Stunden 14,9 mm Niederschlag. Am stärksten erwärmte sich die Luft in Akureyri, von 7,5°C stieg die Temperatur auf 19,6°C und war
damit auch die höchste Temperatur, die in Island an diesem Tag gemessen wurde.
In der Nacht
zum Folgetag hatte sich der Wirbel GERALD leicht retrograd, also nach Westen,
unter gleich gebliebenem Druck verlagert. Vom Kern erstreckte sich eine
Okklusion zunächst nach Nordwesten und ging nahe Reykjavik in die Okklusion des
Tiefs HANS bei den Färöer über. Vorher spaltete sich eine bis nach Angmagssalik reichende Warmfront ab.
Im
Tagesverlauf schwächte sich das Tief GERALD jedoch immer weiter ab und wurde
bis zum nächsten Tag in die Zirkulation des Tiefs HANS aufgenommen, so dass der
Wirbel GERALD nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden
konnte.
Geschrieben
am 29.08.2015 von Daniela Schoster
Berliner Wetterkarte: 23.08.2015
Pate: Gerald Weyer