Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GERD

(getauft am 04.03.2021)

 

Am 01. März 2021 bildete sich vor der Nordwestküste Spaniens ein Gebiet tiefen Luftdruckes aus, welches sich in den kommenden Tagen zu einem eigenständigen Tiefdruckgebiet entwickelte, was aber noch schwach auf den Beinen war. Unter Verlagerung nach Norden erreichte es am Abend des 03. März den Ärmelkanal, wo sich eine Warm- und eine Kaltfront bildeten. Da zu diesem Zeitpunkt bereits klar war, dass das Tief mit seinen Ausläufern Einfluss auf das Wettergeschehen Mitteleuropas nehmen würde, tauften es die Meteorologen der Berliner Wetterkarte schließlich am 04. März in der Analyse auf den Namen GERD.

Am Tag der Taufe lag der Kern von Tief GERD mit 1024 hPa um 01 Uhr MEZ südlich von London und besaß bereits drei Fronten. Im Westen über dem Ärmelkanal lag eine Okklusion, welche entsteht, wenn eine Warmfront von einer Kaltfront eingeholt wird. Östlich des Kerns erstreckte sich eine Warmfront über Belgien, den Niederlanden und Niedersachsen und nach Süden verlief eine Kaltfront westlich von Paris zur Biskaya. Bei GERD handelte es sich um ein kaltes Tief, dass sich in der Höhe sogar noch verstärkte und selbst noch in einer Höhe von 500 hPa, was etwa 5,5 km entspricht, zu erkennen war. Von dort aus wanderte GERD südlich des Jetstreams entlang nach Osten. Der Jetstream ist hierbei eine Zone starken Westwindes in der Höhe, welche das Wetter in Europa bestimmt. Um 13 Uhr MEZ hatte sich GERD auf 1018 hPa verstärkt und lag über Frankfurt am Main. Die Warmfront ging von dort aus nach Norden bis nach Kassel, wo sie mit einer Kaltfront, die keinem Tief angehörig war, verbunden war; die zu GERD gehörende Kaltfront lag über Saarbrücken und ging bis Dijon, wo sie sich einer Warmfront anschloss, und die vorherige Okklusion verlief über Luxemburg nach Westen bis nach Frankreich hinein. Durch diese Fronten war eine Luftmassengrenze entstanden, die vor allem im Süden Deutschlands für milde Temperaturen sorgte, während es nördlich davon vergleichsweise kühl blieb. So waren vor allem in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg die Temperaturen im zweistelligen Bereich, die höchste Temperatur wurde in Kitzingen in der Nähe von Würzburg mit 16,6°C und in Ohlsbach mit 16,1°C gemessen. Währenddessen gab es in Erfurt „nur“ 9,1°C oder am Leipziger Zoo 8,0°C. Diese Luftmassenunterschiede lösten entlang der Front Schauer und Gewitter, also konvektiven Niederschlag, aus, etwas weiter abseits davon trat meist stratiformer Regen auf. Die Gewitter gab es zwischen 17 und 19 Uhr MEZ hauptsächlich im Saarland und um Frankfurt am Main herum. Die stärksten Niederschläge bis zum Abend kamen ebenfalls in Kahl am Main mit 28,0 mm in 4 Stunden zusammen, wobei der Großteil (26,7 mm) in einem 1-stündigen Zeitraum am Abend gefallen ist. Auch im nahe gelegenen Offenbach wurden 12,0 mm in einer Stunde gemessen. Ebenfalls viel Regen gab es im Ruhrgebiet, dabei lagen die Maxima bei 25,1 mm in Essen in 12 Stunden und 24,1 mm in Düsseldorf. Die stärksten Windböen an der Front wurden mit 59 km/h am Frankfurter Flughafen, 60 km/h in Würzburg und mit 62 km/h auf dem Weinbiet gemessen.

Am 05. März hatte sich Tief GERD auf einen Druck von 1012 hPa verstärkt und lag bereits südöstlich von Warschau. Die Warmfront verlief von dort aus nach Osten und war südlich von Kiew mit einer Kaltfront verbunden, während die Kaltfront von GERD nach Westen über München ging und etwa südlich von Paris endete. Vor allem entlang der Kaltfront gab es immer noch Niederschläge, die aber vor allem als leichter Regen fielen. In Prag fielen bis zum frühen Morgen nochmal 13,0 mm, in Neustadt am Kulm-Filchendorf gab es sogar noch 18,0 mm. Die meisten Regenfälle gab es hierbei noch an der Front, zweistellig waren diese vor allem in einer geraden Linie von Aschaffenburg über Bamberg und Bayreuth bis Prag zu finden. Den meisten Regen in 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ des Folgetages gab es in Kahl am Main mit insgesamt 34,5 mm. Abgesehen von den vorher genannten Regionen lagen die meisten Niederschlagssummen im einstelligen Bereich. Auch in den Tiefsttemperaturen der Nacht war die Luftmassengrenze noch zu erkennen. Südlich der Front sank die Temperatur nicht unter den Gefrierpunkt, so kühlte es sich in Bad Kissingen nur auf 2,5°C ab. Etwas weiter nördlich in Neuhaus am Rennweg wurden hingegen bis zu -2,2°C gemessen. Ab dem Morgen verlagerte sich GERD weiter nach Osten, allerdings etwas langsamer als am Vortag. Der Kern des Tiefdruckgebiets lag immer noch innerhalb des Jetstreams, allerdings hatte dieser sich etwas abgeschwächt. Die Kaltfront an der Rückseite der Zyklone wanderte weiter nach Süden an den Nordrand der Alpen, wo es einige Stauniederschläge gab. Entlang der Warmfront traten auf der Vorderseite auch noch einige Niederschläge auf, vor allem über dem Westen der Ukraine. Hier wurden bis zum Abend meist Regenmengen von 5 bis 8 mm gemessen, am meisten fiel in Ivano-Frankivsk mit 12,0 mm. An den Alpen wurden ebenfalls in 12 Stunden meist knapp über 10 mm registriert, am meisten fiel in Oberstdorf mit 16,4 mm und in Inzell mit 14,7 mm. Durch die nach Süden verschobene Kaltfront kühlte es sich an diesem Tag in den Regionen, wo es am Vortag noch zweistellige Temperaturen gab, deutlich ab. In Nürnberg und München wurden beispielsweise nur noch 4,8°C beziehungsweise 4,7°C erreicht.

Am 06. März lag das Tiefdruckgebiet GERD mit einem Kerndruck von 1013 hPa nordöstlich der Krim. Die Warmfront lag weiterhin auf der Vorderseite und verlief nach Osten über Wolgograd nach Russland hinein, während die Kaltfront nach Südwesten abging und das Schwarze Meer sowie den Norden Griechenlands streifte, wo sie mit einer Warmfront eines Tiefs verbunden war, welches sein Zentrum über dem Ägäischen Meer hatte. Entlang der Warmfront gab es vereinzelt leichte Schneefälle bei Temperaturen um den Gefrierpunkt über Russland. Die Kaltfront selbst hatte sich ebenfalls abgeschwächt und war kaum noch wetteraktiv. Von der Krim aus bewegte sich GERD weiter nach Osten. Dabei gab es vor allem im Tagesverlauf entlang der beiden Fronten einzelne Schauer, die aber nur geringe Intensitäten aufwiesen und meist weniger als 1 mm in 12 Stunden brachten. Die größte Niederschlagsmenge wurde hierbei noch in Mariupol am Schwarzen Meer mit 3,0 mm gemessen. Auch westlich des Schwarzen Meeres gab es noch ein paar Schauer, hier wurden in Bukarest beispielsweise noch 3 mm und in Varfu Omu in Rumänien sogar 10 mm registriert. Am Nachmittag erreichten die Schauer auch die Türkei, wo sich vor allem in Mittelmeernähe noch einiges an Regen aufsummierte. An der Station Balikesir-Edremit/Korfez wurden innerhalb von 12 Stunden 23,0 mm gemessen und am Flughafen Balikesir noch 18,0 mm. Ansonsten waren die Niederschlagssummen eher gering, mit zum Beispiel 5 mm in Istanbul.

 

In der Nacht zum 07. März verließ das Tiefdruckgebiet GERD schließlich Europa und zog nach Osten in Richtung Asien. Die Reste der Kaltfront lagen jetzt noch südlich des Schwarzen Meeres und verliefen von dort aus über die Türkei, südlich an Ankara vorbei, weiter über die Ägäis bis nach Rom. Während sie über Griechenland und Italien keine Niederschläge mehr brachte, gab es vereinzelte Schnee- und Regenfälle über der Türkei. Vor allem an der Küste des Schwarzen Meeres kamen zum Teil noch zweistellige Niederschlagssummen zusammen, z.B. 14 mm in İnebolu nördlich von Ankara und 25 mm in Hopa. Zum Abend hin verlagerte sich die Front weiter nach Süden und schwächte sich erneut deutlich ab, sodass im Landesinneren der Türkei nur noch Regenmengen von 1 bis 5 mm ankamen. Von dort aus zog die Kaltfront abgeschwächt weiter nach Südosten und verließ ebenfalls den Europäischen Kontinent, so dass am darauffolgenden Tag, den 08. März, auch die letzten Reste von Tief GERD auf der Berliner Wetterkarte verschwunden waren.