Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GERD

(getauft am 13.01.2019)

 

An einer Luftmassengrenze über der Labradorsee zwischen Grönland und Neufundland bildete sich in der zweiten Januardekade 2019 ein Tiefdruckgebiet, das anhand der Prognosekarte für den 14.01. auf den Namen GERD getauft wurde.

Um 01 Uhr MEZ des 14.01. lagen die beiden Kerne des Tiefs GERD wenig voneinander entfernt südlich von Grönland. Die Zentren wiesen jeweils einen Druck von knapp 990 hPa auf und waren durch eine Okklusion verbunden, eine Mischform aus Warm- und Kaltfront, welche Eigenschaften beider in sich vereint. Östlich der Kerne lag der Okklusionspunkt, wo sich Warm- und Kaltfront trennten. Die Warmfront, an welcher warme Luft langsam über die vorlaufende kühlere Luftmasse aufstieg, verlief über den Nordostatlantik bis nordwestlich der Bretagne. Dort ging sie in die Kaltfront des Tiefdruckgebietes FLORENZ I über. Die Kaltfront erstreckte sich bogenförmig über den zentralen Nordatlantik. Außer dichten Wolken kam es entlang der Warmfront zu keinem erwähnenswerten Niederschlag. Dabei stieg die Temperatur auf Werte um 10°C, wie z.B. auf Sherkin Island mit 10,2°C oder 9,8°C an der Station Mace Head, die beide in Irland liegen.

Bis zum nächsten Tag vergrößerte sich der Abstand der einzelnen Tiefzentren und nach einer Verlagerung nach Osten lag der Kern des Tiefs GERD I mit knapp 985 hPa südöstlich von Grönland und der Kern der Zyklone GERD II über der Südostküste Islands, wo ein Druck von knapp 990 hPa gemessen wurde. Die Mischfront verband beide Zentren miteinander und verlief somit unter anderem quer über Island, während sich der Okklusionspunkt weiter südöstlich etwa zwischen den Färöer-Inseln und Schottland befand. Die bogenförmige Warmfront verlief östlich von Schottland über die Nordsee und über den Osten Englands bis über den Ärmelkanal. Die Kaltfront erstreckte sich südwestwärts über den Äußeren Hebriden bis über den Atlantik nordwestlich von Irland. Dort schloss sie sich der Warmfront des Tiefdruckgebietes HINNE an. Der meiste Niederschlag fiel an der Kaltfront und der Okklusion. So wurden zum Beispiel auf den isländischen Vestmannaeyjar bei maximal 2,4°C 8 l/m² Niederschlag – meist in Form von Schnee – registriert oder am Flughafen vom schottischen Kirkwall fielen bis 07 Uhr MEZ in zwölf Stunden 7 l/m². Im Einflussbereich der Warmfront waren es im selben Zeitraum lediglich 0,8 l/m² in Rotterdam, 1,0 l/m² in Antwerpen und 0,6 l/m² in Abbeville. Während im Süden Islands die Höchsttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt lagen, herrschte bei nordöstlicher Strömung zum Beispiel im nördlicheren Grímsstaðir Dauerfrost mit maximal -2,2°C. Im Einflussbereich des Tiefdruckgebietes GERD II lagen die Spitzenwerte zwischen 8,1°C in Le Havre, 9,5°C im Londoner St. James Park und 10,8°C in Exeter.

Das Tiefdruckgebiet HINNE hatte sich zum 16.01. über dem Nordatlantik verstärkt und die Zyklone GERD weiter nach Südosten verdrängt. An der Nordostflanke des Hochs ANGELA über Südeuropa zog der kleine Wirbel GERD somit bis über den Nordosten Polens und besaß nur noch ein einziges Zentrum. Der minimale Luftdruck im Kern hatte sich erhöht und betrug um 01 Uhr MEZ rund 995 hPa. Die kurze Okklusion verlief vom südlichen Teil der Ostsee zwischen Öland und dem Kurischen Haff bis über die Woiwodschaft Ermland-Masuren. Vom dortigen Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront südwärts bis nach Nordungarn. Die Kaltfront erstreckte sich in einem Bogen über den Süden Polens. Dort ging sie in die Warmfront der Zyklone HINNE über. Während entlang der Mischfront zwölfstündig bis 07 Uhr MEZ meist zwischen 2 l/m² Regen in Chojnice und 5 l/m² in Kozienice südlich von Warschau fielen, kamen im Westen Rumäniens in Schauern bis zu 19 l/m² in Reșița zusammen. Östlich des Tiefs GERD sorgte maritime Arktikluft für Frost. Beispielsweise waren es höchstens -0,5°C in Kaunas oder -2,8°C in Minsk. Beim Durchzug der Fronten des Tiefdruckgebietes stieg die Temperatur auf 5,2°C in Warschau bzw. 6,6°C in Posen.

Am 17.01. um 01 Uhr MEZ lag der Kern des Tiefs GERD über dem Südosten der Krim. Im Vergleich zum Vortag hatte sich die Zyklone deutlich abgeschwächt. So herrschte im Kern nur noch ein Druck von knapp 1010 hPa. Die nun vollokkludierte Front verlief vom Kern aus bogenförmig westwärts und ging als Kaltfront nördlich von Bukarest in die Warmfront von Tief HINNE über. Trotz der nur noch schwachen Ausprägung des Tiefdruckgebietes GERD regnete es im genannten Zeitraum noch z.B. 3 l/m² in Zonguldak und 8 l/m² in Bartın. Die beiden Wetterstationen befinden sich in der Nordtürkei. Vor der Kaltfront wurden noch 9,2°C am Atatürk-Flughafen in Istanbul oder 8,2°C in Zonguldak erreicht. Hinter der Front in einer subpolaren Luftmasse wurden lediglich 0,4°C in Simferopol oder 4,0°C in Odessa erreicht.

Mit der Bildung eines Hochdruckgebietes über der Türkei löste sich das Tief GERD bis zum nächsten Tag auf und war ab dem 18.01. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte zu analysieren.