Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GERHARD
(getauft
am 09.03.2005)
Unter
einer meridionalen Strömungskonfiguration in der Höhe entwickelte sich am 8.3.
ein Tiefdruckgebiet, das sich am 9.3. östlich von Island befand und auf den
Namen GERHARD getauft wurde.
GERHARD
zog zunächst nordwärts und befand sich am 10.3. als kleines Tief über der Insel
Jan Mayen. Der Kerndruck betrug hier etwa 1000 hPa. GERHARD verstärkte sich
deutlich und verlagerte sich südostwärts. Dabei entstanden zwei voneinander
getrennte Kerne: GERHARD I befand sich am 11.3. über dem Europäischen Nordmeer
vor der Küste Mittelnorwegens, GERHARD II befand sich mit seinem Zentrum über
der Skandinavischen Halbinsel. Die Kerndrücke betrugen unter 985 hPa und 995
hPa. Die Fronten von GERHARD I waren bereits okkludiert und blieben wenig
wetterwirksam. GERHARD II lenkte jedoch mildere Meeresluft gegen die
vorherrschende Kaltluft, wodurch sich Niederschlagsgebiete entwickelten. Diese
erreichten am frühen Morgen des 11.3. den Norden Deutschlands und zogen
südostwärts. Der Niederschlag fiel im Westen Deutschlands fast ausschließlich
als Regen, während es östlich der Elbe schneite. Wegen der recht hohen
Lufttemperaturen von 0 °C bis 2 °C blieb der Schnee jedoch nur zögernd und
nicht vollständig liegen. In Berlin fielen innerhalb von 6 Stunden nur 1 bis 3
Liter pro Quadratmeter, in Hamburg fielen im gleichen Zeitraum über 10 Liter
Regen pro Quadratmeter.
Das
Teiltief GERHARD II verstärkte sich zu einem Sturmtief mit einem Kerndruck von
980 hPa, welcher in Südschweden erreicht wurde. Im Norddeutschen Tiefland
wurden noch Böen der Stärke 7 bis 8 gemessen. Auf den Berggipfeln gab es auch
Orkanböen: Der Fichtelberg im Erzgebirge meldete eine Spitzenböe von 76 Knoten,
das entspricht Windstärke 12.
Das
Frontensystem von GERHARD II brachte ergiebige Niederschläge: Innerhalb von 24
Stunden fielen in Quickborn bei Hamburg 17, in Soltau 16 und in Braunlage
(Harz) sogar 35 Liter pro Quadratmeter. In Berlin-Dahlem fielen 7,7 Liter pro Quadratmeter, was etwa 20% der
durchschnittlichen Monatssumme entspricht. Am Nachmittag des 12.3. ging auch
hier der Schnee in Regen über. Der Kahle Asten im Hochsauerland meldete
kurzzeitig gefrierenden Regen. Auf der Rückseite der Kaltfront fiel der
Niederschlag auch in tieferen Lagen wieder als Schnee: In den Kammlagen des
Thüringer Waldes fielen bis 15 cm Neuschnee, Neuhaus am Rennsteig hatte nun
eine Gesamtschneedecke von 115 cm. In Mittel- und in Süddeutschland, in Gießen,
Dresden und Nürnberg, traten Gewitter auf.
GERHARD
I befand sich am 12.3. mit seinem Zentrum vor der Südnorwegischen Küste. Der
Kerndruck betrug 995 hPa. Auch am 13.3. zeigte sich GERHARD I bei gleichem
Kerndruck hier. GERHARD II zog rasch ostwärts und lag am 13.3. mit seinem
Zentrum über dem Norden Weißrusslands. Sein Kerndruck war nun auf knapp 990 hPa
gestiegen. Auf seiner Rückseite kam Kaltluft nach Süden voran: In Nordschweden
sank nachts die Temperatur auf Werte unter -30°C. In Nikkaluotka wurden -36°C
gemessen. An der Kaltfrontokklusion kam es vor allem über Vorpommern wiederum
zu Schneefall: In Greifswald erhöhte sich die Schneedecke auf 19 cm.
Anschließendes Aufklaren hatte mäßigen Frost zur Folge, in Triebsees
(Nordpommern) sank die Temperatur auf -8 °C.
Eine
zweite zu GERHARD II gehörende Kaltfront brachte dem Alpenraum teilweise sehr
starken Schneefall: In Neuburg an der Donau fielen innerhalb von 12 Stunden 29
Liter pro Quadratmeter, in Straubing 15 Liter pro Quadratmeter und in
Freudenstadt 13 Liter pro Quadratmeter. Vielerorts fielen in kurzer Zeit große
Mengen Schnee: In Regensburg lag der Schnee am Morgen des 13.3. 23 cm, in
Weißenburg 26 cm hoch. Auch in den Mittelgebirgen erhöhte sich die Schneedecke
weiter, auf dem Kahlen Asten lag der Schnee insgesamt 1,10 m hoch, auf dem
Brocken sogar 2,45 m. GERHARD II zog weiter ostwärts und lag am 14.3. mit
seinem Zentrum östlich von St. Petersburg. Der Kerndruck betrug hier knapp 1000
hPa. GERHARD I verlagerte sich südwärts und lag am 14.3. mit seinem Zentrum
über den Shetlandinseln bei einem Kerndruck von 990 hPa. Im Bereich von GERHARD
II traten nur noch leichte Schneefälle auf, in St. Petersburg fielen 1 mm. Auf
seiner Rückseite drang sehr kalte arktische Luft nach Polen und Weißrussland
vor: Hier blieb auch tagsüber die Temperatur im Frostbereich: Höchsttemperatur
betrug in Koszalin -2°C, in Suwalki -5°C. Im finnischen Ahtari wurden bei
wolkenlosem Himmel -27 °C gemessen, im estländischem Turi -22 °C.
GERHARD
I hingegen brachte dem westlichen Mitteleuropa mildere Meeresluft subtropischen
Ursprungs: Am Oberrheingraben (Lahr) stieg die Temperatur auf 9 °C.
Währenddessen zog Teil II weiter nordostwärts und lag am 15.3. mit seinem
Zentrum südlich des weißen Meeres. GERHARD I zog ostwärts und lag am 15.3. mit
seinem Zentrum über Südschweden. Die Kerndrucke betrugen knapp 1000 hPa bei
GERHARD II und etwas über 1000 hPa bei GERHARD I. Vom Atlantik näherte sich
rasch ein ausgeprägter Tiefdruckkomplex, der auf den Namen HEIJO getauft wurde,
Europa, so dass am 16.3. GERHARD I gar nicht mehr und GERHARD II kaum noch auf
unserem Wetterkartenausschnitt zu erkennen war.
Geschrieben am 29.03.2005 von T. Pagenkopf
Wetterkarte: 13.03.2005
Pate: Gerhard Knerr