Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GERLINDE
(getauft
am 24.12.2014)
In der Nacht zum 24.12. entstand im Bodenniveau über der Nordsee
entlang einer wellenförmig
deformierten Front ein neuer Tiefdruckwirbel, welcher in der Analyse um 00 Uhr
UTC, das heißt 01 Uhr MEZ, auf den Namen GERLINDE getauft wurde.
Mit
einem Druck von knapp unter 1005 hPa befand sich das Zentrum des Wirbels
GERLINDE zu diesem Zeitpunkt westlich von Dänemark und war zum einen nach Osten
durch eine Warmfront mit dem Frontensystem des vom Nordmeer über Skandinavien
bis nach Westrussland reichenden Tiefdrucksystems FREIA und nach Westen durch eine
Kaltfront mit einem vor Neufundland liegenden unbenannten Wirbel verbunden. Das
Tief GERLINDE und dessen Ausläufer überquerten im Laufe des Tages den Norden
Deutschlands, wodurch der Dauerregen der vergangenen Tage in der Region auch am
Heiligabend weiter anhielt. Bis 06 Uhr UTC am Folgetag fielen binnen 24
Stunden, von Böen bis Stärke 10 begleitet, bei Hamburg 5,7 l/m², in Schleswig
10,7 l/m² und in Kiel 13,1 l/m² Niederschlag. In Schleswig waren somit durch
die Niederschläge der vergangenen 4 Tage nahezu 92 l/m² Niederschlag gefallen.
Auch in Dänemark, direkt in der Zugbahn des Wirbels gelegen, sowie in Nordpolen
wurden teils ergiebige Niederschläge registriert. Aus Kopenhagen wurden 13,8
l/m², aus Borris 17,4 l/m² und aus Lebork 41 l/m² gemeldet. Das Niederschlagsband hatte am
Abend des 24.12. auch das Baltikum erreicht und brachte hier in den folgenden
12 Stunden bis 06 Uhr UTC 7 l/m² in Laukuva in
Litauen und 11 l/m² bei Daugavpils in Lettland.
Sich
verstärkend war das Zentrum des Wellentiefs GERLINDE zum 25.12. nach Osten
gezogen und befand sich gegen 00 Uhr UTC mit einem auf unter 990 hPa gefallenen
Druck östlich von Riga über Lettland. Ein Frontensystem bestehend aus zwei fast
parallel verlaufenden Warm- sowie zwei Kaltfronten erstreckte sich vom Kern
über weite Teile Ost- und Mitteleuropas. Beide Warmfronten erstreckten sich
über die Ukraine hinweg in grob östlicher Richtung, wobei sich die nördlichere
der beiden nahe Wolgograd mit der Kaltfront des von Westrussland nach Perm gezogenen
Tief FREIA III verband und die südlichere Front weiter in Richtung Kasachstan
reichte. In südwestlicher Richtung erstreckte sich eine der beiden Kaltfronten
vom Kern des Tiefs GERLINDE über Warschau und Prag nach Frankreich und ging
nördlich der Iberischen Halbinsel in das Frontensystem eines über dem Atlantik
befindlichen, unbenannten Wirbels über, wohingegen sich die zweite Kaltfront
über die Ostsee nach Westen erstreckte und sich über Kopenhagen mit der
Warmfront des von den Färöer-Inseln über die zentrale Nordsee gezogenen Tiefs
FREIA I verband. Mit dem Wirbel GERLINDE verlagerten sich auch die
Niederschläge anschließend vom Baltikum nach Russland in Richtung des
Uralgebirges und gingen vielerorts in Schnee über. Anhaltende und teils
schauerartig verstärkte Schneefälle brachten in Moskau in 24 Stunden bis 06 Uhr
UTC am Tag darauf 11 l/m² und in Belyj bis zu 6 l/m².
Mit
einem auf 995 hPa leicht gestiegenen Kerndruck befand sich das Zentrum des
Tiefs GERLINDE am 26.12. gegen 00 Uhr UTC nahe Uljanowsk an der Wolga. Eine
Kaltfront reichte vom Zentrum über Südrussland und die Krim zunächst nach
Südwesten und später, sich zunehmend wellenförmig deformierend, über die Balkanhalbinsel,
Norditalien und die Pyrenäen nach Westen, ehe sie im weiteren Verlauf in die
Warmfront des neu über dem Atlantik entstandenen Tiefdruckgebiets HILTRUD
überging. Durch eine zweite Kaltfront war der Kern des Wirbels GERLINDE erneut
mit dem in den vergangenen 24 Stunden von der Nordsee nach Polen gezogenen
Zentrum des Tiefs FREIA I verbunden. Zusätzlich reichte eine in der Höhe
analysierbare Okklusionsfront über Perm in Richtung eines unweit von Syktywkar über Nordwestrussland liegenden anderen Tiefs. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden,
die sich aus dem Zusammenschluss einer Kalt- und Warmfront bildet und somit
Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Das dem Tief GERLINDE direkt
zuzuordnende Niederschlagsband, welches zum Zeitpunkt der Analyse entlang der
Ausläufer des Uralgebirges von Perm bis an das Kaspische Meer reichte, hatte
sich vielerorts abgeschwächt und zog über den Ural Richtung Sibirien ab. Zuvor
fielen bis 15 Uhr UTC binnen 12 Stunden in Uljanowsk während eines
Schneeschauers noch 0,4 l/m² und in Kurgan durch
anhaltenden, leichten Schneefall 2,0 l/m².
Auf seiner Zugbahn nach Osten verließ das Tiefdruckgebiet GERLINDE
zum 27.12. den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich, sodass
der 26.12. zugleich der letzte Tag war, an dem dieser Wirbel namentlich
verzeichnet werden konnte.
Geschrieben am 06.02.2015 von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 24.12.2014
Pate: Gerlinde Kolesa