Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GISELA

(getauft am 17.06.2014)

 

Am 17.06. deutete sich im isländischen Raum die Entstehung eines Tiefdruckwirbels unterhalb eines Troges, d.h. eines Vorstoßes kalter Luft nach Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von 5,5 Kilometern entspricht, an. Dieser Einfluss setzte sich bis zum Boden durch und führte zur Bildung eines Tiefdruckwirbels nahe Island. Daher wurde dieses Tief in der Prognose für den Folgetag auf den Namen GISELA getauft.

Das Tief GISELA lag am 18.06. um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, mit einem Druck von knapp unter 1020 hPa zentral über Island. Zwei Fronten gingen zu diesem Zeitpunkt vom Kern aus. Eine Kaltfront erstreckte sich vom Kern nach Südwesten und verband sich über dem Atlantik mit dem Frontensystem eines vor Spanien liegenden unbenannten Wirbels. Eine Warmfront zog sich vom Kern über die Inselgruppe der Färöer hinweg nach Südosten bis in den Bereich der Zentralen Nordsee und weiter, den Charakter einer Okklusionsfront annehmend, nach Nordosten bis Norddänemark. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die Eigenschaften von sowohl Kalt- als auch Warmfront in sich vereint. Bereits in der Nacht hatten über Island teils ergiebige Niederschläge eingesetzt, die binnen 15 Stunden bis 09 Uhr UTC am Flughafen von Keflavík 15 Liter, in Reykjavík 17 Liter und in Bergstadir 18 Liter pro Quadratmeter brachten. Das Niederschlagsgebiet verlagerte sich im Tagesverlauf nach Osten und erreichte gegen 18 Uhr UTC die Westküste Norwegens. Bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgen waren in den vorangegangen 12 Stunden in Fossmark und Bergen jeweils 13 und bei Afjord 17 Liter pro Quadratmeter gefallen.

Zum 19.06. hatte sich der Tiefdruckwirbel GISELA nach Osten verlagert und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem auf 1010 hPa gefallenen Kerndruck vor Norwegen, unweit von Trondheim. In einem Bogen um den Kern herum reichte eine nur in der Höhe analysierbare Okklusionsfront über Trondheim und Oslo nach Südwesten, nahm über der Nordsee Kaltfrontcharakter an, überquerte England und endete südlich von Irland. Während es in Norwegen lokal noch zu teils ergiebigen Regenschauern kam, in Mannen wurden 22,3 Liter Regen pro Quadratmeter binnen 24 Stunden registriert, zog das Hauptniederschlagsgebiet im Tagesverlauf Richtung Baltikum ab. Dabei wurden innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC in Malmö 10,3 Liter, in St. Petersburg 13 Liter und bei Võru in Estland bis zu 16,1 Liter je Quadratmeter gemessen.

Am 20.06. hatte die Zyklone GISELA auf ihrer Zugbahn nach Osten Russland erreicht und lag mit einem Druck von knapp unter 1000 hPa um 00 Uhr UTC über St. Petersburg. In südöstlicher Richtung reichte vom Kern aus eine Warmfront bis nach Moskau, eine Kaltfront erstreckte sich über Minsk und Prag bis über die Normandie und eine Okklusionsfront zog sich vom Kern über Tallinn nach Südwesten bis etwa Bornholm. Die Niederschläge hatten sich nun auch auf den Osten Russlands sowie das Baltikum und Polen ausgeweitet, die Niederschlagsintensitäten fielen dabei aber recht unterschiedlich aus. Bis 06 Uhr UTC wurden in 24 Stunden in Posen 4,9 Liter und in Resko 18 Liter pro Quadratmeter registriert. In der litauischen Hauptstadt fielen im selben Zeitraum 2 Liter und im etwas weiter nördlich gelegenen Utena während Gewittern 11 Liter pro Quadratmeter. Im weiteren Verlauf zog das Regengebiet unter rascher Auflösung nach Osten ab. Einige Reste konzentrierten sich noch über der Region östlich von St. Petersburg und brachten bei Komoscha innerhalb von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC 6 Liter je Quadratmeter. In den 12 Stunden zuvor waren hier bereits 17 Liter auf einen Quadratmeter gefallen.

Zum 21.06. blieb das Zentrum des Tiefdruckwirbels GISELA nahezu stationär in der Region um St. Petersburg. Eine Warmfront verband den Kern, dessen Druck bei knapp 1000 hPa verlieben war, nach Norden mit dem Frontensystem eines über dem nördlichen Russland liegenden Tiefs. Nach Süden zog sich vom Zentrum eine Kaltfront über Kiew bis nach Belgrad und von dort weiter nach Westen bis Norditalien. Ebenfalls in zunächst südlicher Richtung erstreckte sich eine Okklusionsfront über Minsk in einem Bogen bis nach Danzig.

Im Tagesverlauf schwächte sich das Tief GISELA zunehmend ab, sodass der 21.06. zugleich der letzte Tag war an dem das Tiefdruckgebiet auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert- und somit namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 17.07.14 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 20.06.14

Pate: Ulrich Korwitz