Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GISI

(getauft am 28.10.2016)

 

Ende Oktober verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet, welches über dem westlichen Nordatlantik etwas östlich von Neufundland entstanden war, der allgemeinen Westströmung in der Höhe von 5,5 km folgend nach Mitteleuropa und wurde schließlich am 28.10.2016, als sich das Tief über dem mittleren Nordatlantik auf der Breite von München befand, von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen GISI getauft, da die Zyklone GISI Einfluss auf unser Wettergeschehen nehmen sollte. Am Tauftag lag der Kerndruck der bereits okkludierenden Zyklone bei recht tiefen 995 hPa. Von deren Kern verlief die kurze Okklusion, eine Front, welche Eigenschaften von Kalt-, als auch Warmfront vorweisen kann, in einem Bogen gen Osten. Die Warmfront, welche im Begriff war von der schneller ziehenden Kaltfront eingeholt zu werden, erstreckte sich nach Nordosten und ging schließlich in das komplexe Frontensystem des Tiefs FLORENTINE über Jan Mayen über. Die Kaltfront verlief bogenförmig nach Südwesten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte.

Zum Folgetag verlagerte sich der Höhentrog, dessen Achse von Grönland über den mittleren Atlantik reichte und einen Vorstoß kälterer Luftmassen nach Süden darstellt, mit dem zugehörigen Bodentief GISI nach Nordosten. Vom Kern des Wirbels GISI erstreckte sich auch die Okklusion nach Nordosten bis zum Okklusionspunkt. Von dort verlief die Kaltfront weiter nach Südwesten weit über den Nordatlantik aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Die Warmfront erstreckte sich in einem Bogen bis über Irland, Wales und England, um sich dort dem Tiefdrucksystem FLORENTINE anzuschließen. Dabei fielen bis zum Morgentermin um 07 Uhr MEZ 6-stündig auf den Britischen Inseln nur geringe Niederschlagssummen. Es wurden bis zu 0,9 l/m² in West Freugh in Schottland, 0,4 l/m² im nordirischen Ballypatrick sowie meist um 0,2 l/m² in England gemessen, wie an den Stationen Dunkeswell oder Leek Thorncliffe. 24-stündig konnten nach dem Durchzug des Tiefs FLORENTINE und GISI bis zu 3 l/m² in St. Bees Head registriert werden.

Am 30.10. um 01 Uhr MEZ lag der Wirbel GISI mit seinem Kern, der im Inneren weiterhin einen Druck von rund 995 hPa aufwies, nicht weit westlich von Island. Von dort erstreckte sich die Okklusion bis zum Okklusionspunkt über dem Norden des Landes. Die Kaltfront verlief weiter nach Süden, wies teilweise Warmfronteigenschaften auf, bis diese über dem Nordatlantik auf der Breite von Rabat endete. Die Warmfront verlief über Skandinavien bis nach Tschechien, wo diese in die Kaltfront des Tiefs FLORENTINE, welches über St. Petersburg lag, überging. Die Warmfront überquerte im weiteren Verlauf auch Deutschland, war allerdings nur wenig wetterwirksam. In einem Streifen von der Nordsee bis zum Erzgebirge war es daher zeitweise stärker bewölkt und vereinzelt fiel Niederschlag. Bis zum Abendtermin um 19 Uhr MEZ fielen in einem Beobachtungszeitraum von 24 Stunden auf dem Brocken immerhin 4 l/m², Fichtelberg und Marienberg registrierten jeweils 2 l/m², sonst fielen bis zu 0,7 l/m² in Schleiz oder 0,3 l/m² Regen in Bremerhaven.

Der Randtrog, in dem das Tief GISI eingelagert war, verlagerte sich im weiteren Verlauf bis zum 31.10. nur geringfügig nach Nordosten und überquerte Island mit östlicher Zugrichtung. Dabei schwächte sich der Wirbel GISI auf rund 1005 hPa ab. Die zugehörige Okklusionsfront erstreckte sich bogenförmig bis an die norwegische Küste. Die Kaltfront verlief nach Südwesten und überquerte die Britischen Inseln. Die weiter östlich voranziehende Warmfront führte über Südskandinavien und reichte bis nach Deutschland. So fielen in Norddeutschland noch bis zu 1 bis 2 l/m², meist jedoch nur wenige Millimeter. Am Okklusionspunkt über Mittelnorwegen konnten dagegen 24-stündig bis zu 30 l/m² verzeichnet werden. Orland registrierte 30 l/m², Afjord Li 28 l/m², Furuneset 24 l/m² und Tagdalen 15 l/m². Auch in Großbritannien fielen an der Kaltfront bis zu 16 l/m², wie an der Station Aultbea.

Zum Beginn des Monats November verlagerte sich das hoch reichende Tief GISI, welches am 01.11. auf der Berliner Wetterkarte als GISI I bezeichnet wurde, weiter nach Osten. Von dort reichte eine Okklusion bis nach Südskandinavien. Am Okklusionspunkt hatte sich ein Teiltief gebildet, welches sich zeitweise zu einem Sturmtief verstärkte. Dieses Teiltief wurde GISI II genannt. Die Zyklone GISI I dagegen wies nur noch einen Kerndruck von unter 1015 hPa auf. Vom Kern des Wirbels GISI II erstreckte sich die Kaltfront nach Südwesten über die Britischen Inseln und ging in ein unbenanntes Tief über dem Atlantik über. Die Warmfront verlief über Schweden und die Ostsee bis nach Polen. Die Kaltfront überquerte abends Deutschland mit zeitweiligem leichtem Regen südwärts. Hinter der Kaltfront floss deutlich kühlere Luft polaren Ursprungs ein. Im Bereich des Tiefs GISI II fielen bis zu 42 l/m² in Stora Spansberget, 23 l/m² in Gardsjo oder 14 l/m² in Ronneby bis 19 Uhr MEZ. Swinoujscie meldete 7 l/m², Goldberg 4 l/m² und Berlin-Schönefeld 2 l/m². Bis zum Folgetag erreichte die Kaltfront auch den Alpenraum.

Am 02.11. wurde der Wirbel GISI mit nur noch einem Kern, welcher zuvor am Okklusionspunkt entstanden war, über der Ostsee analysiert. Der Wirbel GISI verstärkte sich auf rund 995 hPa. Die kurze Warmfront erstreckte sich weiter nach Süden. Die Kaltfront führte um 01 Uhr MEZ in einem Bogen über Polen, Deutschland, Frankreich bis hinaus über den Atlantik. Von Nord- und Ostsee verlagerten sich Schauer südostwärts, welche gebietsweise recht ergiebig waren. Der Brocken meldete um 19 Uhr MEZ 13 l/m², Bremerhaven meldete sogar 17 l/m² in 24 Stunden, in Berlin und Umgebung fielen dagegen nur bis zu 4 l/m², wie in Potsdam. In Polen wurden bis zu 16 l/m² in Lodz oder 12 l/m² in Siedlce registriert. In der Nähe des Kerns konnten fast 20 l/m² in 24 Stunden, wie an der schwedischen Station Film mit 19 l/m², verzeichnet werden.

Im weiteren Verlauf verlagerte sich die Zyklone GISI unter nicht wesentlicher Intensitätsänderung nach Osten und sorgte in Osteuropa für weitere Schneefälle. Vom Kern über der Stadt Wilna erstreckte sich eine Okklusion gen Südosten. Die kurze Warmfront verlief bis zum Schwarzen Meer, die Kaltfront weiter nach Westen bis über Serbien. Rückseitig des Frontensystems floss maritime Polarluft ein, die die bisher vorherrschende Artikluft über Russland verdrängte. So stiegen die Temperaturen von maximal -4°C gebietsweise auf bis zu 2°C. Nur in der Nähe des Uralgebirges lagen die Tiefstwerte noch um -10°C. Dabei war der Durchgang der Okklusion mit starken Regenfällen verbunden. In Elbag fielen bis zum Abend 26 l/m², in Mikolajki 10 l/m², auch an der Kaltfront und im Einflussbereich eines nachfolgenden unbenannten Tiefs konnten 32 l/m² in Split gemessen werden. Im zentralen Russland sorgte der Wirbel GISI für weitere Schneefälle, in Maksatikha wurden 15 cm Schnee oder in Tula eine Schneehöhe von 10 cm gemessen. Nach Deutschland floss dagegen arktische Luft ein, so dass maximal nur noch 6 bis 9°C gemessen werden konnten. Im Harz und im Erzgebirge schneite es. Am Morgen des Folgetages meldete der Brocken eine Schneedecke von 3 cm und der Fichtelberg von 2 cm.

Bis zum 04.11. verlagerte sich der Tiefdruckwirbel GISI von Litauen nach Moskau und war nun vollkommen von arktischer Luftmasse umgeben. Im Inneren der Zyklone GISI herrschte ein Luftdruck von rund 1005 hPa. Die Okklusion führte vom Kern bis über Wolgograd. Die Warmfront verlief weiter aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte, die Kaltfront wiederum über das Schwarze Meer in einem weiten Bogen bis über Italien. Bis zum Abend um 19 Uhr MEZ fielen im russischen Okhana 8 l/m² oder in Kasin 6 l/m². Nahezu alle Stationen in Russland im europäischen Teil meldete am Morgen um 07 Uhr MEZ eine Schneedecke. In Moskau lag der Schnee 7 cm hoch, weiter nördlich in Borovici konnte eine 10 cm hohe Schneedecke gemessen werden. Auch im Baltikum brachten lokale Schneeschauer bis zu 8 l/m², wie in Riga. Die Schneehöhe am Morgen betrug dort 20 cm. Verbreitet kam es auch zu Dauerfrost, im russischen Petrun wurden nachts minimal -23°C gemessen. In 850 hPa, das heißt in ca. 1,5 km Höhe, lag die Temperatur über Russland und Nordschweden bei bis zu minimal -15°C und damit viel zu kalt für Anfang November. So herrschte in Nordskandinavien zudem weiterhin Dauerfrost. Auch dort wurden in Oppdal 7 cm, in Kautokeine 6 cm oder auf der 674 m hohen Station Drevsjo in Schweden sogar 19 cm Schnee gemessen.

Das Tief GISI verlagerte sich langsam weiter ostwärts Richtung Ural. Die Okklusion des Tiefs führte über Zentralrussland, die Kaltfront reichte bis über Kroatien. Dabei schneite es erneut über Russland, so dass sich die Schneehöhen bis zum Morgen des Folgetages weiter erhöhten. Pskov meldete 11 cm und Moskau 9 cm Schnee. Die Station Maskatikha verzeichnete sogar 21 cm Schnee. In einer Höhe von 850 hPa lagen die Temperaturen noch bei -13°C über St. Petersburg und
-15°C über Nordschweden. In Utsjoki Nuorgam wurden nachts minimal -16°C erreicht, in Narjan-Mar sogar -22°C. Tagsüber stiegen die Temperaturen nur auf maximal 0°C in der Region. Während sich das Tief GISI am 06.11. bereits mit einem schwachen Kerndruck von 1015 hPa über Perm befand und sich somit weiter aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte schob, blieb es in Nordskandinavien frostig. Zum Folgetag drang die arktische Kaltluft auch nach Deutschland vor. Das Tief GISI dagegen war am 07.11. nicht mehr namentlich auf der Berliner Wetterkarte zu sehen.

 

 

Geschrieben am 14.11.2016 von Natja Bublitz

Berliner Wetterkarte: 01.11.2016

Pate: Gisela Müller