Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GITTA

(getauft am 04.08.2020)

 

Am 02.08.2020 entstand über dem Nordatlantik, etwa 500 km südöstlich von Neufundland, ein neues Tiefdruckgebiet. In den folgenden Tagen wanderte es entlang einer westlichen Höhenströmung weiter nach Osten. Am 04. August um 02 Uhr MESZ (mitteleuropäische Sommerzeit) erreichte die Warmfront dieses Tiefs Irland. Rund 1000 km westlich von Irland hatte sich nun ein mit diesem Tief in Verbindung stehendes Wellentief gebildet und weil absehbar war, dass dieses einen relevanten Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa haben würde, wurde es daraufhin von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK) in der Analyse auf den Namen GITTA getauft. Die Zyklone war an der wellenden Kaltfront des zuvor beschriebenen Tiefdruckgebiets mit Kerndruck von etwas unter 1000 hPa entstanden.

 

Bis zum nächsten Tag, dem 05. August, hatte sich Wellentief GITTA unter südöstlicher Verlagerung bereits abgeschwächt und lag nun etwa 200 km südwestlich von Irland mit einem Kerndruck von etwa 1005 hPa. Das dazugehörige steuernde Tief war indes weiter nach Norden gewandert und befand sich unmittelbar südlich von Island. In der Höhe (500 hPa Druckfläche, was einer Höhe von ca. 5,5 km entspricht) korrespondierte das Tief GITTA mit einem Trog, das heißt mit einer Ausbeulung der Drucklinien in der Höhe, einhergehend mit einem Kaltluftvorstoß nach Süden. Die Warmfront des Tiefs überquerte an diesem Tag Irland, Schottland und den Norden Englands. Dabei fielen an der Front über den Tag hinweg im Süden Englands und Wales meist nur schwache Niederschläge im nicht messbaren Bereich, mit wenigen Ausnahmen wie z.B. Sennybridge in Wales (6 mm) oder Cardinham in Cornwall (1 mm). Im Norden Englands und Wales dagegen wurden höhere zweistellige Niederschlagssummen registriert. So fielen etwa im walisischen Dorf Capel Curig, welcher als nassester Ort der Britischen Inseln angesehen wird, 54 mm binnen 24 Stunden und im schottischen Glasgow immerhin 47 mm im gleichen Zeitraum. Derweil waren die Höchsttemperaturen in Großbritannien recht unterschiedlich: Im Südosten wurden Temperaturen von über 25°C, teils bis zu 28°C (z.B. am Flughafen von Luton) erreicht, in der Mitte Englands sowie im Osten Irlands lagen die Höchstwerte meist zwischen 20 und 25°C. In Wales, Cornwall und Schottland sowie dem Westen Irlands blieben die Temperaturen hingegen unter 20°C, im äußersten Norden Schottlands sowie in Berglagen wurden sogar nur um die 15°C erreicht.

 

Tags darauf, am 06. August, positionierte sich der Wirbel GITTA über dem Nordosten Schottlands, während das Haupttief weiter nach Westen gewandert war und nun westlich von Island lag. Es war mit Tief GITTA über eine Okklusionsfront verbunden. Der Kerndruck von Tief GITTA war um ca. 5 hPa höher als am Vortag, damit schritt die Abschwächung der Zyklone weiter voran. Des Weiteren verlief eine Kaltfront vom Tiefdruckkern quer über England und von Cornwall aus 1500 km nach Südwesten auf den Nordatlantik. Eine weitere, kürzere Kaltfront schloss sich an den Kern von Edinburgh nach Südwesten bis nach Irland an, wo sie sich an eine Warmfront eines weiteren Tiefs über dem Atlantik anschloss. Vor allem die Kaltfront des Tiefs beeinflusste nun das Wetter über England, dem Ärmelkanal und der Bretagne. Jedoch fiel diese am Boden recht schwach aus, sodass die Temperaturen im Tagesverlauf sogar auf höhere Werte anstiegen als am Vortag. Außerdem ging die Front bereits in der Nacht durch, was eine erneute Erwärmung am Tage begünstigte. Im Großraum London wurden knapp 30°C gemessen und in weiten Teilen der Britischen Inseln lagen bis auf wenige Ausnahmen die Spitzenwerte nun über 20°C. Vor allem im äußersten Süden war es deutlich wärmer als zuvor, teils 3 bis 4 Kelvin mehr, beispielsweise in Kenley, wo 28°C gemessen wurden und am Vortag 24°C. Niederschlag fiel in der Nacht und in den frühen Morgenstunden vor allem als Regen. Später gab es auch einzelne Schauer, vor allem über dem Süden von Irland, England und Wales. Die Niederschlagsmengen blieben dabei überschaubar: Zumeist wurden nicht messbare Mengen gemessen, nur in Wales, Teilen Irlands und Cornwall gab es Stationen, die einige mm Niederschlag vermeldeten. So wurden z.B. in Plymouth im Südwesten Englands 3 mm und in Sennybridge rund 2 mm gemessen. Auch im nordirischen Thomastown wurde 1 mm Niederschlag innerhalb von 24 Stunden registriert.

 

Anschließend hatte sich das Tief GITTA am 07. August weiter nach Nordosten verlagert und befand sich nun über der Südwestküste Norwegens, mit einem erneut gestiegenen Kerndruck von 1015 hPa. Aus der ehemaligen Kaltfront hatte sich das neue Tief HEIKE über dem Golf von Biskaya entlang einer Tiefdruckrinne gebildet. Die Zyklone GITTA hingegen besaß keine Kaltfront mehr und an dem Tiefdruckkern schloss sich nur noch eine Warmfront an, die bis ungefähr 50 km westlich des Bottnischen Meerbusens reichte und dort in die Kaltfront des Tiefs überging, mit dem Tief GITTA von Anfang an ununterbrochen verbunden war und maßgeblich durch seine Zugrichtung auch für die Zugrichtung von Tief GITTA verantwortlich war. Das Wetter in Norwegen und Schweden war dementsprechend vor allem im Norden und Süden durch Wolken und leichten Regen geprägt. Im Norden der beiden Länder blieben die Niederschläge meist nicht messbar, mit Ausnahme von einzelnen Stationen wie dem schwedischen Mala-Brannan, welches sich in etwa auf Höhe der finnischen Großstadt Oulu befindet, und eine Regensumme von 5 mm verzeichnete. Auch im Süden Schwedens wurden nur Spuren von Niederschlägen registriert. An der Südwestküste Norwegens hingegen fielen einstellige messbare Niederschlagsmengen. So meldete z.B. Takle, ca. 75 km nördlich von Bergen eine 24-stündige Regensumme von 6 mm, in Bergen selbst wurde dagegen lediglich 1 mm von der dortigen Wetterstation erfasst. Die Tageshöchstwerte waren im Vergleich zum Vortag in Küstennähe, wo es nun verbreitet regnete, etwas gefallen. So wurde am 06.08. von Kråkenes Fyr, einem Leuchtturm auf der Insel Vågsøya noch eine Temperatur von rund 21°C gemeldet und nun lag sie nur noch bei knapp 16°C. Im Osten und Südosten des Landes stiegen die Temperaturen dagegen auf etwas höhere Werte an, weil durch Tief GITTA wärmere Luft aus dem Süden ins Landesinnere geführt wurde. Beispielsweise stieg die Temperatur in Oslo-Blindern von 25 auf 26°C und in Lillehammer, rund 140 km nördlich davon, sogar von 23°C auf 27°C. Tags darauf hatte sich das Tiefdruckgebiet GITTA vollständig aufgelöst und wurde nicht mehr in dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte erwähnt. Mit einer Lebensdauer von nur 4 Tagen gehörte die Zyklone eher zu den kurzlebigen Tiefdruckgebieten.