Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
GITTE
(getauft
am 25.11.2018)
Um den 22. November 2018 entstand
über dem Nordosten Kanadas ein Tiefdruckgebiet, als höhenkalte Luft polaren und
subpolaren Ursprungs auf das verhältnismäßig warme Oberflächenwasser des
Nordwestatlantik traf. Dynamische Prozesse in der mittleren und unteren
Troposphäre führten dabei zur Entstehung der neuen Zyklone. Diese sollte zukünftig
Einfluss auf das Wetter in Europa nehmen und war bereits am Morgen des 23.
Novembers auf der Berliner Wetterkarte als teilokkludiertes Tief mit einem
Kerndruck von knapp 990 hPa über Neufundland erkennbar. Teilokkludiert
bedeutet, dass sich die für ein Tief typische Warmfront und Kaltfront in Nähe
des Kerns zusammenschließen.
In den folgenden 48 Stunden
verlagerte sich der Wirbel unter zunächst nur geringer Verstärkung weiter
ostwärts in Richtung Labradorsee. Dort wurde das Tief in den um 00 Uhr UTC des
25. Novembers, entsprechend 01 Uhr MEZ, mit seinem Kern etwa 700 km östlich von
Neufundland und einem Luftdruck von knapp 990 hPa analysiert. Die mittlerweile
vollständig okkludierte Front verlief bogenförmig über das südliche
Labradorbecken bis über Nova Scotia und weiter über
Québec. Dem Tief vorgelagert war noch ein weiteres Frontensystem, welches sich von
Nordwest nach Südost über den Nordatlantik spannte und mit seiner Kaltfront bis
in den Zentralatlantik sowie mit seiner Warmfront bis über die Kanarischen
Inseln reichte. Jene Ausläufer sollten den europäischen Kontinent als Vorboten
des Tiefs schon bald erreichen. Somit wurde es in der Analyse des 25. Novembers
auf den Namen GITTE getauft. Erste Wolken- und Niederschlagsfelder erreichten
noch am selben Tag von Westen her die Iberische Halbinsel. Bis 18 Uhr UTC
regnete es beispielsweise in Lissabon 13 l/m² oder in Portalegre
16 l/m² innerhalb einer zwölfstündigen Messperiode. In der Nacht zum 26.
November setzten sich die schauerartigen Niederschläge fort und griffen weiter
ostwärts auch auf Spanien über. Im Schnitt fielen zwischen 18 UTC bis 06 UTC
des Folgetages 5-10 l/m², stellenweise auch doppelt so viel Regen, wie beispielsweise
in Guadalupe in der zentralspanischen Region Extremadura
mit 16 l/m². Ursache für die recht kräftigen Regenfälle trotz großer Entfernung
zum Tiefdruckzentrum über dem Nordatlantik war ein kleines Randtief über
Nordspanien, das in das vorgelagerte Frontensystem eingebettet war.
Die Niederschläge über der Iberischen
Halbinsel klangen im Laufe des 26. Novembers rasch wieder ab, da sich rückseits
der Front bereits wieder hoher Luftdruck von den Azoren nach Südwesteuropa
ausdehnen konnte. Lediglich im Baskenland, begünstigt durch Staueffekte an den Pyrenäen,
regnete es verbreitet noch kräftiger, in San Sebastián immerhin 35 l/m² in zwölf
Stunden und im französischen Teil, an der Station Socoa,
sogar 43 l/m². Mit dem Tiefkern noch immer zentral über dem Nordatlantik und
einem Kerndruck von etwa 985 hPa näherten sich unterdessen auch vom Ostatlantik
her Ausläufer des Tiefs GITTE den Britischen Inseln. Abgesehen von einigen
Tropfen im äußersten Südwesten Irlands mit zwölfstündig bis 18 Uhr UTC z.B. 5
l/m² auf Valentia Island blieb es jedoch noch
trocken. In mäßig kalter Meeresluft erreichten die Temperaturen auf den
Britischen Inseln trotz einiger Wolken im Schnitt 7-9°C, z.B. im Londoner St. James’s Park mit 8,1°C. Auch in der sich anschließenden
Nacht blieb es über weiten Teilen Großbritanniens noch niederschlagsfrei,
während das Frontensystem mit kräftigen Regenfällen auf Irland übergriff. Vor
allem im Süden der Insel fielen die Regenmengen zweistellig aus, beispielsweise
in Cork mit 12 l/m² in den zwölf Stunden bis 06 Uhr UTC, auf Sherkin Island mit 18 l/m² oder auf Valentia
mit 24 l/m². In Dublin und Belfast regnete es im selben Zeitraum lediglich
jeweils 0,2 l/m².
Unterdessen befand sich das Zentrum
des Tiefs GITTE um 00 Uhr UTC am 27. Novembers etwa 1500 km westlich der
Britischen Inseln mit einem tiefsten Luftdruck von knapp 980 hPa. Die Ausläufer
reichten vom Kern aus als Okklusion ostwärts bis vor die irische Küste und von
hier aus als Warmfront weiter südwärts über Irland bis über die Biskaya sowie
als Kaltfront in südwestliche Richtungen bis über den subtropischen
Ostatlantik. Dort gingen die Ausläufer in den Frontenzug des nachfolgenden
Tiefs HALKA westlich der Azoren über. In den folgenden Stunden griffen
schließlich die ergiebigen Regenfälle auf das restliche Großbritannien über.
Beispielsweise maßen die Stationen zwischen 06 und 18 Uhr UTC in Nottingham 10
l/m², in Dublin 14 l/m² und gar 20 l/m² im walisischen Milford
Haven. Gleichzeitig erfassten die Niederschläge auch die Bretagne mit ähnlichen
Regenmengen. In Brest wurden 25 l/m² Niederschlag im genannten Zeitraum gemessen.
Unter dichten Regenwolken blieben die Temperaturen ähnlich dem Vortagesniveau; nur
im Süden Englands und Irlands sowie im Nordwesten Frankreichs wurden
Temperaturen zwischen 10 und 14°C registriert. Bis zum Tagesende verblieb das Tief
GITTE quasi stationär über dem Ostatlantik, wohingegen das Nachfolgetief HALKA
unter Verstärkung nordostwärts Richtung Westeuropa zog. So sorgte das Tief
GITTE in der Nacht zum 28.11. noch für moderate zwölfstündige Niederschläge bis
06 Uhr UTC von Schottland über den Osten Englands bis nach Belgien und
Nordfrankreich mit Werten wie z.B. 5 l/m² in Ipswich oder 16 l/m² in Paris, bevor
vom Ostatlantik bereits neue Regenfälle über den Britischen Inseln aufzogen.
In den frühen Stunden des 28.
Novembers wurde das Tief GITTE letztmalig auf der Berliner Wetterkarte etwa
1000 km südlich von Island als Teil eines umfangreichen Tiefdrucksystems über
dem Ostatlantik analysiert. Die Rolle der steuernden Zyklone hatte bereits das Tief
HALKA übernommen, welches das Tief GITTE in den folgenden Stunden vollständig
in seine Zirkulation aufnahm und für eine Fortsetzung des wechselhaften,
regnerischen Wetters über Westeuropa sorgte.