Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GLORIA
(getauft am 10.09.2010)
Entlang einer Luftmassengrenze zwischen
maritimer Subpolarluft und maritimer Subtropikluft befanden sich am 09.09.2010 zwei
zusammenhängende Tiefdruckwirbel im mittleren Nordatlantik ca. 1500 km nördlich
der Azoren. Im Verlauf der folgenden 24 Stunden entwickelten beide Zyklonen
ihre eigene Dynamik, was sich u. A. durch unterschiedliche Zuggeschwindigkeiten
widerspiegelte. Aus dieser einst bestehenden Verbindung kristallisierte sich
nun jenes Tiefdruckgebiet heraus, welches sich am 10.09.2010 um 00 Uhr UTC (02
Uhr MESZ) mit dem Zentrum über Irland befand und an diesem Tag zugleich auf den
Namen GLORIA getauft wurde. Zu diesem Zeitpunkt charakterisierte sich der
Wirbel durch Warm- und Kaltfront sowie durch einen Kerndruck von ca. 1005 hPa. Die
Warmfront verlief in einem leichten Bogen gen Süden, während sich die Kaltfront
weit nach Südwesten erstreckte, wobei sie mehrmals ihren Frontcharakter
wechselte. Im Einflussbereich der Zyklone GLORIA registrierten mehrere Schiffe
zum Teil sogar stürmischen Wind mit bis zu 40 Knoten, was der Größenordnung von 62 km/h
bis 74 km/h entspricht. Darüber hinaus meldeten einzelne irische
Wetterstationen Regen mit Sprühregen. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Zentrum
des Wirbels nach Norden, wobei sich dessen Frontensystem gen Osten über
Großbritannien hinaus verschob.
In der Nacht zum 11.09.2010 fielen im
Nordseebereich an der durchziehenden Warmfront 2 l/m² bis 3 l/m² Niederschlag des
inzwischen bei den Färöer Inseln gelegenen Kerns des Tiefs GLORIA. Vom Zentrum,
dessen Druck sich inzwischen auf unter 1000 hPa intensiviert hatte, ging in
einem halbkreisförmigen Bogen eine Okklusionsfront aus, welche Warm- und
Kaltfronteigenschaften miteinander vereinigt. Auf Höhe der südnorwegischen
Stadt Stavanger teilte sich diese in eine Warmfront, die in südlicher Richtung
die Nordsee und anschließend die Deutsch-Niederländische Grenze passierte,
sowie in eine Kaltfront auf, die gen Südwesten verlief, wo sie sich über Manchester,
Liverpool und dem Nordwesten von Wales bis weit hinaus auf den Atlantik
erstreckte.
Wie bereits am Vortag verschob sich das
Zentrum des Wirbels im weiteren Tagesverlauf nach Norden und befand sich am
12.09.2010 um 00 Uhr UTC zwischen Island
und der Insel Jan Mayen. Vom Kern, der erneut einen Druck von ca. 1000 hPa
aufwies, ging eine Okklusionsfront aus, die in einem Bogen von der Nordostküste
Islands über Jan Mayen bis auf Höhe der norwegischen Stadt Trondheim verlief,
um dort in ein neu ausgebildeten Wirbel überzugehen. Dieser löste sich jedoch
auf Kosten des Tiefs GLORIA bis zu den Morgenstunden wieder auf, sodass ihre
Kaltfront bereits am Vormittag wetterwirksam über den Nordwesten Deutschlands
hinweg zog. Mit dem Durchzug kompakterer Wolkenfelder und schauerartig
verstärktem Regen sorgte die Kaltfront für einen Rückgang der Tageshöchsttemperatur
im Vergleich zum Vortag von 5°C, wobei vielerorts 20°C nicht mehr erreicht
wurden. In einem Streifen vom äußersten Südwesten Deutschlands über Hessen und
dem östlichen Niedersachsen hinweg bis zum westlichen Mecklenburg kam es am
Nachmittag zu Gewittern. Die größten Niederschlagsmengen wurden dabei in
Stötten mit 30 l/m² und in Boizenburg mit 24 l/m² registriert.
Im Zuge der Verlagerung der Kaltfront gen
Osten verschob sich auch das Zentrum des Wirbels GLORIA mit einem Kerndruck
unter 1005 hPa und befand sich am 13.09.2010 um 00 Uhr UTC nördlich der
Lofoten. Von dort aus verlief eine Okklusionsfront in einem halbkreisförmigen
Bogen, die sich bei Tromsø in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Letztere verlief
gen Süden über den Bottnischen Meerbusen sowie Stockholm, über die Ostsee in
einer geraden Linie bis zur Donau. Dort änderte sie ihre Richtung und
erstreckte sich über die Alpen hinweg gen Südfrankreich um schließlich in den
Pyrenäen ihren Froncharakter in den einer Warmfront zu wechseln. Jene
Warmfront, die von der Zyklone GLORIA ausging, verlief Richtung Osten über die
Halbinsel Kola bis zum Kama, einem Nebenfluss der Wolga. Im weiteren
Tagesverlauf zog die Kaltfront weiter über den Osten und Südosten Deutschlands
hinweg. Verhältnismäßig warme Festlandsluft bestimmte dabei das Wetter vor der
Front, wobei in der südfinnischen Stadt Lahti die
Temperatur bis 20,7°C anstieg. Darüber hinaus wurde auch im Baltikum sowie in
weiten Teilen Polens die 20°C-Marke überschritten. In der Ukraine erreichten
die gemeldeten Tageshöchsttemperaturen der Wetterstationen sogar fast 25°C, wie
beispielsweise in Kiew mit 24,7°C. GLORIA war jedoch noch auf eine andere Art
und Weise wetterwirksam. Zwischen Elbe und Oder war die Luft so labil
geschichtet, dass sich vereinzelte Gewitterzellen entwickelten und innerhalb
kürzester Zeit Niederschlagsmengen von 6 l/m² am Flughafen Berlin-Tegel
verursachten.
Am 14.09.2010 00 Uhr UTC hatte sich der
Wirbel nach Nordosten zwischen dem Nordkap und der Insel Nowaja
Semlja, bei gleich gebliebenem Kerndruck, verlagert. Am
nordöstlichen Rand des Weißen Meeres teilte sich seine Okklusionsfront wieder
in Warm- und Kaltfront auf. Während die Warmfront im Vergleich zum Vortag
annähernd stationär blieb, verlief die Kaltfront in einem leichten Bogen über Lahti in Südfinnland sowie am Westrand des Finnischen
Meerbusens entlang nach Litauen bis zu den Karpaten. Im Tagesverlauf drängte
das über Deutschland wetteraktive Tief HILTRUD die Zyklone GLORIA weiter nach
Osten ab.
Unter leichter Intensivierung befand sich
der Wirbel am 15.09.2010 mit einem Kerndruck von ca. 1000 hPa hauptsächlich in
der Region des Uralgebirges. Vereinzelt sorgte er noch für leichten Regen und
bedeckten Himmel bevor das Tiefdruckgebiet GLORIA am 16.09.2010 zum letzten Mal
auf der Wetterkarte zu sehen war und folglich den Analysebereich verließ.
Geschrieben am 18.10.2010 von Thomas Klötzke
Wetterkarte: 13.09.2010
Pate: Joachim Sommerfeld