Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GÖTZ

(getauft am 04.09.2019)

 

Unterhalb eines ausgeprägten Troges kalter Luft, der in einer Höhe von 500 hPa, also in ca. 5,5 km Höhe, westlich von Grönland über der Baffin Bay lag und sich Anfang September über die Davisstraße in Richtung der Irmingersee verlagerte, hatte sich über dem arktischen Kanada ein zugehöriges Bodentief ausprägen können. Dieses wurde anhand der Prognosekarte vom 04.09.2019 für 12 Uhr UTC des darauffolgenden Tages in seiner Lage westlich von Island vorhergesagt und auf den Namen GÖTZ getauft. Das Zentrum des Tiefs GÖTZ befand sich um 00 Uhr UTC des 05.09. zunächst noch südöstlich von Grönland unweit des Ikerassuaq, dem Prins Christian Sund. Von seinem Kern erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Süden. Als Okklusionsfront wird dabei eine zumeist regenreiche Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss einer Warmfront mit der ihr nacheilenden Kaltfront hervorgeht. Diese Stelle, an der beide Frontensysteme ineinander übergehen, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Von diesem reichte die Warmfront weiter nach Süden und die ihr folgende Kaltfront in einem Bogen bis nach Neufundland, wo sie sich mit der Warmfront eines unbenannten Tiefs mit Zentrum über dem Sankt-Lorenz-Strom verband. Eine weitere Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern über Island nach Südosten. Aufgleitvorgänge entlang der Fronten sowie im Kernbereich des Wirbels hatten die Entstehung eines ausgeprägten Niederschlagsbandes zur Folge, welches von der Baffin-Insel im Nordosten Kanadas bis nach Neufundland reichte und bereits zum 04.09. auf Grönland getroffen war. Dabei waren innerhalb von 24 Stunden in Qaqortoq 18,7 mm, in Nuuk 27,5 mm und bei St. John's (Neufundland) 22,4 mm Niederschlag gefallen. Im Laufe des 04.09. verlagerte sich das Niederschlagsband in seiner Intensität leicht abgeschwächt über Südgrönland und den Nordatlantik hinweg in Richtung Island, auf dessen Küste es in der zweiten Tageshälfte traf. Binnen 24 Stunden waren dabei in Nuuk nochmals 7,9 mm und in Aasiaat 4,6 mm gefallen. Am Ikerassuaq blieb es hingegen trocken. In Island brachte der von Westen aufziehende Regen auf der Inselgruppe Vestmannaeyjar, je nach Lage zwischen 5,1 und 7,1 mm und in Reykjavík 6,6 mm mit sich. Auch der 05.09. selbst gestalte sich auf Island, vor allem in der Südhälfte, überwiegend regnerisch. Ehe das Tief und seine Ausläufer aus der Region abzogen, fielen durch Regen oder Sprühregen innerhalb von 24 Stunden in Reykjavík 2,9 mm und auf der Inselgruppe Vestmannaeyjar zwischen 4,6 und 5,9 mm. Im Laufe des Tages verlagerte sich das Tief zunehmend in Richtung der Nordsee, wobei es nach vorübergehender Abschwächung beim Überqueren Grönlands über dem Atlantik erneut Feuchtigkeit gewinnen konnte. Seine Ausläufer trafen auf seinem Weg nach Osten auch auf Schottland und dessen vorgelagerten Inseln und führte bei Tórshavn (Färöer) 8,2 mm, in Stornoway 13,8 mm und am Flughafen von Kirkwall 18,8 mm in 24 Stunden mit sich. Auf der Fair Isle, zwischen den Orkney- und Shetland-Inseln gelegen, wurden sogar 23,4 mm registriert.

Zum 06.09. war das Zentrum des Wirbels GÖTZ über Südisland hinweg nach Osten gezogen und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem Druck von knapp unter 1005 hPa über den Färöer-Inseln. Seine Okklusionsfront hatte sich weiter ausprägen können. Sie reichte in einem Bogen vom Zentrum des Wirbels über Glasgow und Dublin bis zu ihrem Okklusionspunkt vor Westirland. Von dort zog sich eine kleinskalige Warmfront nach Südwesten und die zugehörige Kaltfront nach Westen, die sich über den Atlantik mit der Warmfront des vom Sankt-Lorenz-Strom nach Neufundland gezogenen, unbenannten Tiefs verband. Eine weitere, jedoch lediglich in der Höhe analysierbare und nur geringfügig wetteraktive Okklusionsfront erstreckte sich vom Zentrum südlich an Island vorbei Richtung Grönland. Das Tief GÖTZ zugehörige Niederschlagsband zog alsbald aus Schottland ab und traf anschließend auf die Küsten Südnorwegens. Beim Aufgleiten entlang der dortigen Gebirgsketten wurden die feuchten Luftmassen in kühlere Luftschichten gehoben. In Kombination mit Staueffekten führte dies zu einer zusätzlichen Intensivierung der Niederschläge. So waren innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 07.09. in Oslo, je nach Stadtlage, zwischen 12,9 und 18,1 mm, in Tveitsund 20,6 mm und in Fister wie auch in Sarpsborg jeweils bis zu 35,0 mm gefallen. Auf schwedischer Seite wurden in Göteborg 16,0 mm, bei Torup 18,2 mm und in Ullared 25,1 mm registriert. Ähnlich ergiebig fielen die Niederschläge auch über Dänemark aus. So wurden durch anhaltenden Regen bei Silstrup 17,6 mm, in Skrydstrup 27,3 mm und in der Hafenstadt Hvide Sande 29,7 mm gemessen. Die regenreichen Ausläufer des Tiefs GÖTZ trafen in den Nachmittagsstunden auch auf den äußersten Nordwesten Deutschlands: Innerhalb von 24 Stunden waren auf Helgoland 14,9 mm, in Glücksburg 22,4 mm und in Leck 29,3 mm gefallen.

Mit einem in der Zwischenzeit um 5 hPa angestiegenen Kerndruck hatte der Kern des allmählich an Stärke verlierenden Tiefs GÖTZ gegen Mitternacht des 07.09. die Südspitze Norwegens erreicht. Seine Warmfront war vollständig von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden. Die daraus resultierende Okklusionsfront erstreckte sich vom Zentrum des Tiefs über Esbjerg (Dänemark), Köln und Paris bis nach Nantes an die Westküste Frankreichs. Ab Nantes den Charakter einer Kaltfront annehmend zog sie anschließend auf den Atlantik hinaus, über dem sie sich erneut mit dem Frontensystem des unbenannten, von Neufundland nach Grönland gezogenen unbenannten Tiefdruckwirbel verband. Über Mitteleuropa weiteten sich seine Niederschläge vom Nordseeraum zunehmend nach Süden aus, wobei der Schwerpunkt jener Schauer weiter über Friesland und entlang der Nordseeküste lag. Waren vierundzwanzigstündig in Köln 5,6 mm, in Dünkirchen 4,2 mm und in Paris gar nur vereinzelte Tropfen gefallen brachten Schauer und lokale Gewitter Norderney 14,5 mm, Wittmund 17,7 und Emden gar bis zu 36,1 mm. Auch im Inland konnten gebietsweise Niederschlagsmengen über 15 mm registriert werden: Südlich von Köln, am Nürburgring, wurden 15,4 mm, in Büchel 18,2 mm und in Wunstorf nahe Hannover 21,9 mm gemessen. Die Südhälfte Deutschlands war zur gleichen Zeit durch eine Zyklone mit Zentrum über Mittelitalien beeinflusst, die niederschlagsreiche Luftmassen über die Alpen nach Norden lenkte. War es am Vortag in einem Streifen von Baden-Württemberg bis nach Mecklenburg-Vorpommern mit bis zu 12 Sonnenstunden zunächst noch trocken geblieben, stellte sich nunmehr landesweit ein allgemein unbeständiger und trüber sowie durch anhaltenden, teils schauerartig verstärkten Regen geprägter Wettercharakter ein. Lediglich im Norden konnte sich postfrontal vermehrt die Sonne durchsetzen. Zunehmend an Intensität verlierend verlagerte sich das Zentrum des Tiefs GÖTZ im Tagesverlauf über Schweden weiter nach Nordosten. Trotz voranschreitender Auflösung wurden dabei entlang seiner Zugbahn nochmals recht ergiebige Regenmengen erreicht. Älvdalen meldete vierundzwanzigstündig 15,9 mm, Torpshammar 26,5 mm und Vidsel 32,7 mm. Im selben Zeitraum fielen in Finnland an der Station in Långnäs auf Åland 12,8 mm, bei Torppi 26,9 mm und am Leuchtturm Sälgrund 28,9 mm.

Ohne analysierbares Frontensystem lag der sich im Endstadium seiner Auflösung befindliche Tiefdruckwirbel GÖTZ mit einem auf etwa 1020 hPa gestiegenen Kerndruck über dem Bottnischen Meerbusen zwischen Schweden und Finnland. Der Wirbel schwächte sich bereits in den Morgenstunden soweit ab, dass er nachfolgend nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Letzte, dem Tief GÖTZ noch direkt zuzuordnen Niederschläge konzentrierten sich auf den Norden Finnlands, brachten jedoch keine nennenswerten Regenmengen mehr mit sich. Für Deutschland wurde nachfolgend das sich am Rande der Mittelmeerzyklone entwickelnde Tief HANS, und für den Ostseeraum eine sich entlang dessen Frontensystem über Osteuropa ausprägender unbenannter Wirbel wetterbestimmend.